Der neue Temenos-CEO Jean-Pierre Brulard setzt auf einen langfristigen strategischen Plan, um das Unternehmen voranzubringen und bei Anlegern und Kunden Vertrauen zurückzugewinnen. Aktuell sieht er das Unternehmen unterbewertet.
Nach den Turbulenzen rund um Vorwürfe der Manipulation der Umsatzzahlen durch den US-Short-Seller Hindenburg Research will der neue CEO Jean-Pierre Brulard mit einer Fokussierung und einem Kulturwandel das Softwareunternehmen Temenos zurück auf die Erfolgsspur bringen.
«Wir haben mit einer weissen Weste begonnen», beschreibt er den Neuanfang in einem Interview mit «Finanz und Wirtschaft» (Artikel bezahlpflichtig). Der Verwaltungsrat habe die Vorwürfe durch unabhängige Experten untersuchen lassen und die Ergebnisse seien öffentlich einsehbar.
Zu der vom Unternehmen vor rund einem Monat präsentierten strategischen Neuausrichtung zählen etwa mehr Investitionen in Produkte und deren Markteinführung, eine Aufstockung der Verkaufsteams oder eine Bereinigung des Produktportfolios.
Gründlichen Analyse und klarer Prozess
Die Strategie sei nicht auf Grundlage der Vorwürfe definiert worden, sondern auf Basis einer gründlichen Analyse. Sie sei anhand eines klaren Prozesses definiert worden, mit Hilfe externer Berater, betont Brulard. «Ich fokussiere mich auf die Kultur und die Führung, die Markteinführung sowie unsere Produkte und die Technologie», sagt der CEO. Am Kapitalmarkttag sei das gut aufgenommen worden.
Damit will er das Vertrauen der Anleger wiedergewinnen und glaubt an einen Kursanstieg der Aktie. «Die Aktienkurserholung benötigt Zeit. Wir müssen zuerst einige Wegmarken erreichen, um zu zeigen, dass wir unsere Strategie umsetzen können.»
«Ich halte die Titel für unterbewertet», sagt Brulard. Das Unternehmen besitze eine solide Basis, der Markt wachse, man habe darin eine führende Stellung und «das Verhältnis zwischen Umsatz, Betriebsgewinn (EBIT) und Cashflow ist ausbalanciert».
Neuanfang
«Es gab eine klare Übergabe und einen sauberen Schnitt zwischen der neuen Führung und der alten», betont der neue Chef, der im Mai vom US-Unternehmen VMWare zur Schweizer Softwareschmiede gestossen war. Der frühere langjährige CEO Andreas Andreades habe keinen Einfluss mehr auf das Unternehmen.
Trotz seines Alters von 65 Jahren sieht er sich nicht als Übergangschef. «Ich bin nicht für einige Monate hier. Ich habe mich gegenüber dem Verwaltungsrat für fünf Jahre verpflichtet, und ich will diesen Rahmen einhalten.»
Beim aktuellen Geschäftsgang verweist er etwa darauf, dass sich die Prognosen für das Wachstum im Markt für Software as a Service (SaaS) abgeschwächt haben. Viele grössere Banken wollen demnach ihre Cloud in Eigenregie betreiben, unter anderem aus regulatorischen Überlegungen. Zudem hätten viele Fintechs momentan Schwierigkeiten, sich zu finanzieren, wodurch hier die Nachfrage nach SaaS weniger stark sei.
Stärker wachsen als Gesamtmarkt
Der Gesamtmarkt wachse jährlich um 7 Prozent und Temenos wolle stärker wachsen. Dabei soll ein Investitionsplan über 100 Millionen Dollar helfen, der vor allem über Kosteneinsparungen finanziert werden soll.
Im dritten Quartal habe sich der Abschluss einiger wichtiger Geschäfte verzögert, sagte Brulard. «Wir haben in der Folge die Leitung für die Region Naher Osten und Afrika, Mea, ausgewechselt.»