Die Berichte über eine mögliche Abschaffung der Steuerprivilegien bei der Auszahlung von Pensionskassen- und Säule-3-Guthaben schlugen hohe Wellen. In der Branche wird es als das falsche Signal gesehen, die Attraktivität der privaten Altersvorsorge zu senken.
Die Pläne zu einem Ende der steuerlichen Sonderbehandlung beim Kapitalbezug aus der 2. und 3. Säule stammen von der externen Expertengruppe unter der Leitung von Serge Gaillard, wie die «Sonntagszeitung» (Artikel bezahlpflichtig) schrieb. Die Aufgabe der «Spar-Kommission» ist es den Bundeshaushalt strukturell zu bereinigen. «Die Überprüfung muss sämtliche Ausgaben des Bundes umfassen», steht dort im Lastenheft.
Die nun angedachte Reform der Besteuerung soll laut Expertengruppe zu Mehreinnahmen von rund 250 Millionen Franken führen. Die Vernehmlassung könnte 2025 beginnen, wie es heisst.
Neu soll die Steuerlast bei der Auszahlung nicht mehr nur auf dem angesparten Kapital basieren, sondern auch das Einkommen des letzten Erwerbsjahres berücksichtigen. Dies würde vor allem den Mittelstand und Gutverdiener steuerlich stark benachteiligen.
Versicherungsverband sieht Pläne kritisch
In der Finanzbranche werden die Pläne jedoch klar ablehnend beurteilt. «Die vorgeschlagene höhere Besteuerung von Kapitalbezügen aus der zweiten und dritten Säule wird von uns sehr kritisch gesehen», schreibt etwa der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) auf Anfrage. «Eine solche Steuererhöhung widerspricht der eigentlichen Absicht, das Ausgabenproblem des Bundeshaushalts zu reduzieren und sendet damit ein falsches Signal an die Politik.»
Zudem stelle der Vorschlag eine Schwächung des Dreisäulensystems dar, heisst es weiter. «Die Massnahme würde insbesondere die Anreize zum sehr wichtigen freiwilligen Alterssparen reduzieren.» Der Verband verweist dabei etwa auf das jüngste Vorsorgebarometer von Raiffeisen Schweiz. Demnach sehen 58 Prozent der 18- bis 65-jährigen Steuervorteile als wichtigen Grund, um in die private Vorsorge zu investieren.
«Dabei ist klar, dass angesichts der demografischen Alterung das private Sparen in Zukunft noch bedeutender wird als bisher», heisst es weiter.
Private Vorsorge fundamental
«Angesichts der Diskussionen um die BVG-Reform ist es sicher nicht hilfreich, wenn man jetzt durch Änderungen bei der Besteuerung die Attraktivität der privaten Vorsorge senkt», sagt Karl Flubacher (Bild unten) von VZ Vermögenszentrum.
Die private, eigenverantwortliche Vorsorge durch freiwillige Einzahlungen in die Säule 3a und die Pensionskasse ist fundamental in der Schweiz – und bis heute staatlich so vorgesehen, betont der Experte. Eine höhere Besteuerung könnte diese Sparprozesse massiv verschlechtern.
(Bild: VZ Vermögenszentrum)
Die diskutierte Gesetzesänderung würde die direkte Bundessteuer betreffen. Oft gehe aber vergessen, dass die Pensionskassen-Renten nach der Pensionierung von den Kantonen und Gemeinden lebenslänglich als Einkommen besteuert werden. «Das gilt auch für die Zinsen und Dividenden, die mit dem bezogenen Vorsorgekapital nach der Pensionierung erwirtschaftet werden», so Flubacher weiter. «Zudem unterliegt das Kapital aus der Säule 3a und der Pensionskasse der Vermögenssteuer – ebenfalls ein Leben lang.»
«Die Vorsorgelücke wird sich in den kommenden Jahren nicht schliessen. Das ist eine weitere Verunsicherung der Manschen, die sich um ihre Alterssicherung Sorgen machen», so der VZ Geschäftsleiter Region Nordwestschweiz und Westschweiz. Wünschenswert wäre aktuell mehr Sicherheit, um Geld für die Pensionierung zu sparen – und nicht umgekehrt.
Ohne Ersparnisse droht Armutsfalle
«Ohne individuelle Ersparnisse wird ein signifikanter Anteil der Bevölkerung nach der Pension in der Armutsfalle landen» ist Florian Weigert (Bild unten), Professor für Financial Risk Management an der Universität Neuchâtel, überzeugt. Die geplante Massnahme würden die Steuergerechtigkeit im Land nicht verbessern. «Sie benachteiligt vor allem Personen des Mittelstands, welche in der Pension auf die private Vorsorge mit kontinuierlichen Ersparnissen angewiesen sind.»
(Bild: www.florian-weigert.com)
Die Pläne kämen einer Änderung der Regeln während des Spiel gleich. «Nachträglich proklamierte steuerfreie Beträge zu besteuern, ist untragbar und stellt einen klaren Vertrauensbruch dar.»
Zudem sei es fraglich, ob das Ziel von erwarteten Einnahmen von 250 Millionen Franken pro Jahr erreicht werden kann. Insbesondere dann, wenn sich der Grossteil der Sparer sich von der Säule 3a abwenden wird.
SBVg will sich später in Diskussion einbringen
Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) verweist darauf, dass sich der politische Prozess um die Massnahmen, mit denen die Bundesfinanzen wieder ins Gleichgewicht gebracht werden sollen, erst am Anfang steht. Der Bundesrat habe erst Eckwerte des Entlastungspakets für den Bundeshaushalt festgelegt. Man werde eine Konkretisierung der Massnahmen abwarten und sich folglich «im Rahmen der Vernehmlassung einbringen» heisst es von Seiten der SBVg.