Beatrice Weder di Mauro sprach an der Universität Luzern über die Too-big-to-fail-Reformen. Ist das System beim Niedergang der Credit Suisse gescheitert? Nein, findet die Wirtschaftswissenschaftlerin. Doch sie sieht Korrekturbedarf – nicht nur beim Eigenmittelkapitalbedarf. 

Banken- und Finanzkrisen haben Beatrice Weder di Mauro schon früh zu faszinieren begonnen. Heute zählt die Professorin für Internationale Ökonomie an der Universität Genf zu den führenden Expertinnen auf diesem Gebiet.

Sie gehörte dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland an (2004 bis 2012) und war neun Jahre lang Mitglied des Verwaltungsrates der UBS; 2021 gab sie ihren Austritt. Ihr Wort hat also Gewicht. 

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Beatrice Weder di Mauro (Bild: zVg)

Märkte verloren Vertrauen in das Geschäftsmodell der CS 

Am Dienstagabend sprach sie auf Einladung des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik an der Universität Luzern. Das Thema ihres Referats: «Eine Dekade von Too-big-to-fail-Reformen: Was haben wir gelernt?»

Für Weder di Mauro steht fest: Die Credit Suisse (CS) ist im Gegensatz zur UBS im Jahre nicht aus Solvenzgründen in die Bredouille geraten, sondern weil die Märkte zunehmend das Vertrauen in das Geschäftsmodell der einstigen Schweizer Grossbank verloren hatten. «Die CS verfügte bei ihrem Untergang noch über Eigenmittel von rund 100 Milliarden Franken. Dies entspricht nicht dem typischen Muster einer Solvenzkrise.» 

Weshalb kam dann nicht zu einem Bail-in, also zu einer Sanierung durch die Finanzmarktaufsicht Finma? «Weil es mit der Übernahme der CS durch die UBS eine weniger riskante Alternative gab», sagte Weder di Mauro. 

Finma muss früher intervenieren können

Das Too-big-to-fail-System ist deshalb aus ihrer Sicht nicht gescheitert. Aber es drängen sich für Weder di Mauro Korrekturen auf:

  • Bund und Regulator brauchen mehr Handlungsoptionen. Denn nicht immer steht wie bei der CS-Krise mit der UBS eine andere Grossbank zur Stelle, die das angeschlagene Institut übernehmen kann. 
  • Die Finma muss früher eingreifen können. Eine früheres Eingreifen fördere eine glaubwürdigere Stabilisierungsphase. «Dies bedeutet aber nicht, dass das Management gleich die Schlüssel abgeben muss», betonte Weder di Mauro. 
  • Zu überprüfen gilt es für Weder di Mauro auch die AT1-Anleihen. Sie sei äusserst skeptisch, ob das System wirklich funktioniere und auch wirklich zu einer Beruhigung beitrage bzw. einem Institut Luft verschaffe. 
  • Ein entscheidender Punkt sei auch die Frage des Eigenkapitals. Allerdings ist es laut Weder di Mauro nicht getan, den Anteil zu erhöhen. Der Niedergang der CS habe gezeigt: Die Business Unit USA und die Schweiz seien gut kapitalisiert gewesen, nicht so aber der Konzern. Die Risikoverteilung auch auf die verschiedenen Länder gelte es zu beleuchten, so Weder di Mauro. 

Gerade dem letzteren Punkt muss sich die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) annehmen. Deshalb gilt es nicht nur in Bern bei der Finma, sondern auch in Basel am Sitz der BIZ die Weichen so zu stellen, dass ein Zwischenfall wie jener der CS nicht mehr so leicht eintreten kann. Gänzlich vermeiden lassen sich solche Ereignisse laut Weder di Mauro nicht: «Bankenkrisen sind keine Neuerfindung. Sie gab es schon oft, und sie treten nicht selten gehäuft auf.»