Die Schweiz rückt im weltweiten Ranking der Wettbewerbsfähigkeit auf den zweiten Platz vor. Ihre starke Stellung verdankt sie auch dem ausgebauten Finanzplatz mit seinem reifen Kapitalmarkt.

Die Schweiz rückt wieder vor. Nachdem sie 2021 im «World Competitiveness Ranking» des Lausanner Institute for Management Development (IMD) noch auf dem ersten Platz aller bewerteten Länder gelegen war, verlor sie 2022 und 2023 je einen Rang. Gemäss dem am Dienstag publizierten Jahrgang 2024 ist sie nun nach Singapur das wettbewerbsfähigste Land der Welt.

Ebenfalls unter den ersten zehn figurieren 2024 Dänemark, Irland, Hongkong (das zwei Plätze gutgemacht hat, was angesichts der harten Hand Pekings nicht selbstverständlich ist), Schweden, die Vereinigten Arabischen Emirate, Taiwan, die Niederlande und Norwegen. Kleinere Staaten haben zwar politisch weniger Macht als grosse, sind aber offenbar agiler und flexibler, wenn es darum geht, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu pflegen. 

Manager-Umfrage und Statistiken

Das IMD hat für sein Ranking, das es seit 1989 durchführt und das sich als wichtiger Indikator im internationalen Standortwettbewerb etabliert hat, diesmal 67 Länder bzw. Volkswirtschaften klassiert. Die Liste basiert zum einen auf den Ergebnissen von Umfragen, die zwischen März und Mai 2024 unter rund 6600 Managern der obereren und mittleren Führungsebenen aus 67 Ländern durchgeführt wurden. Zum anderen fliessen zahlreiche statistische Datensätze in die Bewertung ein.

Das Ranking ist eine Gesamtnote, die sich aus den vier Disziplinen Wirtschaftsleistung, Effizienz der Regierung, Effizienz der Wirtschaft und Infrastruktur zusammensetzt. Jede Kategorie umfasst wiederum eine Vielzahl von Einzelkriterien.

Schwachpunkt Pro-Kopf-Wachstum

Ein genauerer Blick auf die Einstufung der Schweiz zeigt Stärken und Schwächen unseres Landes. In der Disziplin Wirtschaftsleistung brilliert es beispielsweise bei der wirtschaftlichen Widerstandsfähigigkeit, der Wertschöpfung pro Kopf und bei der Inflation. Schwach schneidet sie bei den ausländischen Direktinvestitionen, den Lebenshaltungskosten und dem realen Wirtschaftswachstum pro Kopf ab (was daran liegt, dass aufgrund der Zuwanderung die Zahl der Köpfe laufend steigt).

Bei der Effizienz der Regierung besticht die Schweiz durch vernünftige Arbeitsgesetze, tiefe Kapitalkosten und ihren Kapitalmarkt. Angekreidet werden ihr hohe staatliche Subventionen und Einkommenssteuern sowie Trägheit in Bezug auf Start-ups.

Gute Finanzierungsmöglichkeiten

Wenn es um die Effizienz des Privatsektors geht, kann die Schweiz unter anderem mit dem Ausbildungssystem (Berufslehre), der Fremdfinanzierung der Unternehmen, dem Aktienmarkt und dem Finanzwissen glänzen. Schwächen werden bei der Entschädigung des Managements und beim Anteil der Frauen in den Unternehmensleitungen geortet – wie bei Genderkriterien üblich strebt auch das IMD Ergebnisgleichheit an, und nicht die eigentlich wichtigere Chancengerechtigkeit.

Bei der Infrastruktur ist die Schweiz bei der «Wissenswirtschaft» (Wissenstransfer, geistiges Eigentum, Patente, Ausbildung von der Primar- bis zur universitären Stufe) Spitze. Auf der Negativseite stehen die hohen Mobiltelefonkosten und das Bevölkerungswachstum.

Auch wenn das IMD-Ranking kein explizites Ranking der Finanzmärkte ist, zeigt diese Betrachtung, dass der Finanzplatz doch erheblich zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz beiträgt. Nachdem er in der jüngeren Vergangenheit für viele negative Schlagzeilen gesorgt hat, darf diese Tatsache durchaus auch einmal erwähnt werden.