Auf dem Tessiner Finanzplatz herrscht Aufbruchstimmung, seit Sergio Ermotti vor wenigen Wochen zum CEO der neuen UBS ernannt worden ist.
Die Südschweiz hat ihren wichtigsten Botschafter im Banking zurück an der Spitze der hiesigen Finanzbranche, nachdem er die UBS bereits von 2011 bis 2020 geleitet hatte. Gross war damals die Sorge gewesen, dass mit seinem Abgang die Banken im Tessin fortan zu kurz kämen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der damals grassierenden Corona-Pandemie.
Doch es kam anders, als man gedacht hatte. Der Finanzplatz erwies sich als erstaunlich robust, und Lugano gelang es überdies, sich als neue Blockchain-Metropole in Europa zu etablieren, wie auch finewsticino.ch verschiedentlich berichtet hat.
Verzerrtes Führungsverhalten
Am diesjährigen Lugano Banking Day, der erstmals seit Oktober 2020 diese Woche wieder stattfand, konnte Alberto Petruzzella, als Präsident der Tessiner Bankiervereinigung, denn auch vermelden, dass die meisten Banken im Tessin das vergangene Jahr erfolgreich gemeistert hätten und sich die Anzahl der Beschäftigten in der Branche erstmals seit langem wieder erhöht habe. Aktuell sind wieder rund 10'000 Personen in der Tessiner Finanzbranche tätig.
Die Ereignisse rund um die gestrauchelte Credit Suisse hat man im Tessin mit einiger Besorgnis zur Kenntnis genommen. «Dass die CS-Affäre weltweit für Schlagzeilen gesorgt hat, ist eine Katastrophe», stellte Petruzzella fest.
Fabio Regazzi, Rechtsanwalt und Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV), monierte, dass sich bei der CS in den vergangenen Jahren ein verzerrtes Führungsverhalten durchgesetzte, das schwerwiegende Folgen hatte. «Es ist alarmierend, dass die Schweizerinnen und Schweizer mit derlei rufschädigenden Konsequenzen konfrontiert wurden», erklärte er.
Übereilte Forderungen aus der Politik
Gleichwohl warnten alle Referenten am diesjährigen Lugano Banking Day davor, den übereilten Forderungen aus der Politik nach einer verschärften Regulierung der Banken Folge zu leisten. «Man darf die Probleme der Credit Suisse nicht der ganzen Bankbranche anhaften.
Natürlich will die Politik sicherstellen, dass so etwas nie wieder geschieht. Aber dafür braucht es Umsicht und gesunden Menschenverstand», betonte Petruzzella.
Nur ein einziger Pilot
Lukas Gähwiler, Vizepräsident der UBS, warnte in Lugano vor Schnellschüssen in regulatorischer Hinsicht: «Wir tun gut daran, selbstkritisch zu analysieren und erst dann zu entscheiden, was wir tatsächlich tun müssen.»
Vor diesem Hintergrund sei es sicher gut, dass Sergio Ermotti CEO der UBS geworden sei, sagte Regazzi, denn Ermotti verstehe auch unser politisches System. Dem pflichtete Gähwiler bei, indem er sagte: «Im UBS-Verwaltungsrat waren wir uns immer einig, falls von Bern der Ruf kommt» – die CS zu retten – «dann gibt es nur einen Piloten: Sergio Ermotti.»