Oxygen wollte Investmentbanking und Krypto verschmelzen. Dabei konnte das Startup mit Sitz in Zug auf die Millionen von FTX-Gründer Sam Bankman-Fried zählen. Jetzt resultiert die Verquickung in einem Notruf.
Am gestrigen Dienstag meldete sich Oxygen, zu deutsch Sauerstoff, mit einer dringenden Durchsage. 95 Prozent – also praktisch alle – der Oxy- und MAPS-Token des firmeneigenen Ökosystems würden bei FTX liegen.
Die Krypto-Börse mit Sitz auf den Bahamas ist in den vergangenen Tagen krachend Pleite gegangen und lässt mehr als 1 Million Schuldner im sich nun langsam senkenden Staub zurück. Hinzu kommt ein ausuferndes Geflecht von Firmen und Beteiligungen, einige davon wie etwa FTX Europe auch in der Schweiz. Selbst Profis können noch nicht abschätzen, welche Folgen der Fall der führenden Handelsplattform nach sich ziehen wird.
Spöttisch bis boshaft
Bei Oxygen stehe das Team unter Schock angesichts der Ereignisse, hält das Unternehmen in der Mitteilung fest. «Wir prüfen alle Möglichkeiten, wie wir die Ökosysteme MAPS und Oxy schützen können, und haben Rechtsberater beauftragt, uns bei diesem Prozess zu unterstützen.»
Das Oxy-Token hat fast 100 Prozent des Werts einstmaliger Höchststände eingebüsst und handelt derzeit praktisch bei Null. Das gleiche gilt für die MAPS-Werte. Entsprechend wimmelt es in den Sozialen Medien von spöttischen bis boshaften Kommentaren. Eine Anfrage von finews.ch beim Startup ist bislang ohne Antwort geblieben.
Kapitalspritze von Alameda Research
Tatsächlich ist das Mitte 2020 in Zug gegründete Unternehmen, augenscheinlich eine Briefkastenfirma mit Multiverwaltungsräten im Aufsichtsgremium, auch noch mit Alameda Research verknüpft. Dabei handelt es sich um die FTX-Schwesterfirma, die wie ein Hedgefonds mit den Kundeneinlagen von FTX spekulierte und wesentlich zum Untergang der Börse beigetragen hat.
Anfang 2021 hatte Alameda Research eine Kapitalrunde angeführt, die Oxygen rund 40 Millionen Dollar in die Kassen spülte. Ziel war es damals, ein Prime Brokerage für die Krypto-Szene aufzubauen – also Dienste für Anleger, die in diesem Bereich Investments in Firmen oder Token und Coins tätigen wollen.
Sinnigerweise hat sich die Grossbank Credit Suisse (CS) unlängst aus ebendiesem Feld des Investmentbanking zurückziehen müssen, nachdem sie dort wegen der Pleite der New Yorker Finanzfirma Archegos einen Verlust von 4,4 Milliarden Franken erlitten hatte.
Auf Kundensuche bei App-Nutzern
Oxygen plante dabei, die Nutzer der Geolokalisation-App Maps.me als Kreditgeber anzuzapfen, um die Ausleihungen an Prime-Brokerage-Nutzer zu finanzieren. Alameda Research hatte zuvor schon in Maps.me investiert; die Google-Maps-ähnliche Applikation zählt über 100 Millionen Nutzer. Die Plattform von Oxygen beruht wiederum auf Solana. Dabei handelt es sich um eine Konkurrenz-Blockchain zu der (ebenfalls in Zug domizilierten) Ethereum.
Die Solana-Token sind nun wegen der engen Verbindungen zu FTX ebenfalls massiv unter Druck geraten.
«12 Prozent pro Jahr»
Das Branchenportal «Coindesk» zitierte damals FTX-Gründer Sam Bankman-Fried persönlich zu den Vorteilen seines Zuger Investment. «Alles, was man den Nutzern von Maps.me zeigen müssen ist, dass sie, wenn sie ein paar Dollar verleihen wollen, 12 Prozent pro Jahr bekommen können.» In Zeiten des Krypto-Booms war dies wohl eine verlockende Aussicht. Doch nun haben die Vorzeichen gründlich gedreht. Aufgrund der Insolvenz von Alameda Research ist anzunehmen, dass auch die Investments der Firma wertlos sind.
Das Zuger Startup ist deshalb gleich an mehreren Fronten gefordert. «Dies ist eine dynamische Situation, die Auswirkungen auf das gesamte Krypto-Ökosystem hat», heisst es in der Mitteilung von Oxygen. «Wir werden die nächsten Schritte mitteilen, sobald wir ein aussagekräftiges Update haben.»
Mitarbeit: Samuel Gerber und Thomas Pentsy