«Buy now pay later» war noch bis vor kurzem in aller Munde. Fintechs wie Klarna haben mit günstigen und digitalen Angeboten einen wahren Hype ausgelöst. Doch der dürfte sich erstmal abkühlen, sagt ein Marktkenner zu finews.ch.
Die Pandemie und tiefe Zinskosten haben dem Prinzip des «jetzt kaufen, später zahlen» bei Zahlungsdienstleistern und Detailhändlern zum Durchbruch verholfen. Vor allem das aufstrebende schwedische Fintech Klarna sorgte dafür, dass der angelsächsisch-hippe Begriff «Buy-now-pay-later» (BNPL) für den Kauf auf Rechnung zu einem Buzz-Word wurde.
Doch mit der Zinswende wird die Refinanzierung kostspielieger; für die Anbieter dürftge es damit schwieriger werden, ihren Kundinnen und Kunden einen günstigen Zahlungsaufschub zu gewähren. Zudem drängen Schwergewichte wie Apple Pay, die Bezahlapp des kalifornischen Internet-Riesen, auf das Spielfeld. Und auch die Regulierer schauen genauer hin.
«Früher nannte man das Ratenzahlung»
«Das Prinzip ist ja eigentlich nicht ganz neu», sagt Stephan Lohnert (Bild unten), Berater bei der Consulting-Firma Capco. «Früher nannte man das Ratenzahlung. Und selbst die Möglichkeit per Rechnung mit bestimmten Fristen zu zahlen, ist auch eine Art von Finanzierung.»
(Bild: Linkedin)
Aber BNPL wurde von vielen Anbietern und Detailhändlern als Wachstumstreiber aufgegriffen und aktiv beworben. Das Geschäft liefert attraktive Margen, während die Risiken überschaubar bleiben. «In der Schweiz ist der Risikoaspekt vernachlässigbar», so Lohnert weiter. «Kapital hat fast nichts gekostet. Im Gegenteil, es war sogar eher ein Kostenfaktor, Geld auf dem Konto zu haben. Die Finanzierung war sehr günstig, und angesichts der niedrigen Ausfallraten besteht nur ein geringes Risiko.»
Flexibilität wird geschätzt
Hier in der Schweiz nutzen Käuferinnen und Käufer BNPL gerne, weiss der Berater weiter zu berichten – wenn es nichts kostet. «Geschätzt wird die Flexibilität, mit der man grössere Anschaffungen zeitlich staffeln kann», so der Experte.
Doch nun neigen sich die Zeiten der Negativzinsen dem Ende entgegen. «Auch wenn es nun mit dem Ende der Niedrigzinspolitik bei der Finanzierung schwieriger wird kostenlose Finanzierung anzubieten, BNPL wird nicht wieder verschwinden», ist Lohnert überzeugt. BNPL werde damit neben Kreditkarten und Konsumentenkrediten ein Kanal unter mehreren sein, über den die Finanzdienstleister und Detailhändler Zahlungen abwickeln.
Das bedeutet allerdings auch, dass die Karten am Markt neu gemischt werden. «Die Frage lautet, wie komme ich an die Kunden? Da haben Firmen wie etwa Apple einen hervorragenden Zugang», weiss Capco-Berater Lohnert. Auch Zahlungsdienstleister und Kartenanbieter könnten ihre bestehenden Kundinnen und Kunden für solche Services leichter gewinnen. Das verschärfe den Wettbewerb und könnte es aufstrebenden Fintechs schwerer machen.
Wachstumssegment bei Cembra
So ist hier in der Schweiz etwa Cembra der BNPL-Partner für eine Reihe von Detailhändlern, etwa das schwedische Möbelhaus Ikea. Startups und Neueinsteiger hätten es da in der jetzigen Situation schwerer.
Cembra konnten mit der BNPL-Tochter Swissbilling im ersten Halbjahr beim Fakturierungsvolumen ein Plus von 62 Prozent auf 191 Millionen Franken verbuchen und die Gebühreneinnahmen um 35 Prozent auf 6,5 Millionen Franken steigern. Laut CEO Holger Laubenthal arbeitet man hier am Abschluss weiterer Verträge mit Detailhändlern. Dadurch, dass man organisch mit den Partnern wachse, sei man weniger anfällig für externe Einflüsse. Zudem stecke das Segment in der Schweiz, etwa verglichen mit Deutschland oder Skandinavien, noch in den Kinderschuhen.
Schuldenfalle schreckt Behörden auf
Doch der Trend zur Ratenzahlung hat auch Kritiker. BNPL wird als mögliche Schuldenfallen für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen gesehen. Die Ausfallrisiken könnten mit steigender Inflation und Konjunkturschwäche zunehmen. Das dürfte dafür sorgen, dass Regulierungsbehörden künftig aufmerksamer auf den Markt und den Wettbewerb schauen.
In der Schweiz sieht Lohnert bei diesem Aspekt keine grossen Probleme. «Alle Finanzierungen über einen Zeitraum von mehr als drei Monate fallen unter das Konsumentenschutzgesetz und sind damit abgedeckt.» Der Berater rechnet damit, dass sich die Wachstumsquoten von BNPL in Zukunft normalisieren werden. «BNPL wird gewissermassen erwachsen.»