Die Erweiterung der Palette an Finanzdienstleistungen von Apple mag vom Timing her nicht optimal sein. Doch auch der amerikanische IT-Riese dürfte nachgerechnet haben.
Das Feature ist mit der Präsentation der neuesten technischen Geräte der amerikanischen Tech-Ikone etwas in den Hintergrund geraten. Doch bei Bezahldiensten, Fintechs und Banken dürfte man die Ohren gespitzt haben: Neu bietet Apple in den USA das Bezahlen auf Rechnung an – im Jargon «Buy now pay later» (BNPL).
Mit der Ankündigung dieser Dienstleistung erweitert der Tech-Gigant sein Angebot und macht unter anderem dem US-Bezahldienst Paypal und dem schwedischen Fintech Klarna direkt Konkurrenz. Ob das Angebot auch in anderen Regionen lanciert wird, ist nicht bekannt.
Interessanter Zeitpunkt
Ins Auge sticht der Zeitpunkt der Initiative. Klarna hat eben erst die Entlassung von rund 10 Prozent seiner Belegschaft bekanntgegeben, um der prognostizierten Delle im Konsumentenvertrauen zu begegnen – finews.ch berichtete.
Mit den galoppierenden Inflationszahlen und denn steigenden Zinsen könnte das neue Nullzins-Angebot Apple noch teuer zu stehen kommen.
Globaler Megatrend
Grundsätzlich aber entspricht das Angebot einem Trend, bei Verkauf eines Produktes auch die Finanzierung (und oftmals Versicherung) aus einer Hand anzubieten. Was beim Autokauf oder im Immobiliensektor gang und gäbe ist, funktioniert auch im Bereich der Konsumgüter. Hier kann sich Apple mit seiner geballten Marktmacht durchaus Hoffnungen machen.
Die Riesen des Geschäfts sind bereit, Milliarden in die Hand zu nehmen, um im Geschäft mit den Ratenzahlungen die Nase vorn zu haben. So bot der amerikanische Online-Zahlungsdienst Paypal für den japanischen BNPL-Spezialisten Paidy 2,7 Milliarden Dollar, wie im September 2021 bekannt wurde, während kurz zuvor das Zahlungsunternehmen Square aus San Francisco 29 Milliarden Dollar für die australische Firma Afterpay bot – das grösste Übernahmeangebot aller Zeiten in «Down Under».
Viel Potenzial in der Schweiz
Auch in der Schweiz wird einiges an Potenzial vermutet. So schätzte die Beratungsfirma Capco den Umsatz mit Ratenabzahlungen auf Kreditkarten (so genannte Revolving-Kredite) in der Schweiz auf rund 3 Milliarden Franken pro Jahr.
Mit dem Wachstum und den zusätzlichen Transaktionen von BNPL-Diensten erwarten der Capco-Berater gar ein potenzielles Marktvolumen von 3 bis 5 Milliarden Franken. Das sind Beträge, welche nicht nur für Akteure des Finanzmarkts von Interesse sind, sondern eben auch für die branchenfremde Konkurrenz.