State-Street-Manager Cyrus Taraporevala hat sich mit einer Zukunftsprognose weit aus dem Fenster gelehnt. Seine Voraussagen sind gewagt – und regen zum Nachdenken an.
Nervöses Gelächter des Publikums schallte Cyrus Taraporevala bei seiner Eröffnungsrede an der Konferenz «Future of Asset Management 2019» entgegen: Am Anfang Oktober von der britischen Zeitung «Financial Times» in New York organisierten Branchentreffen referierte der Chef von State Street Global Advisors, dem weltweit drittgrössten Vermögensverwalter, über die verzwickte Lage fürs Metier. Die Industrie stecke, befand Taraporevala, in einem darwinistischen Überlebenskampf.
«Schauen Sie nach links, schauen Sie nach rechts», rief er ins Publikum, «in zehn Jahren werden wohl nicht mehr viele von Ihnen hier sitzen».
Pflicht zur Prognose
Was bis dannzumal geschieht, genau dem widmete sich der Finanzexperte in seiner Rede. Dabei warnte er, dass er auf diese lange Sicht mit seinen Prognosen naturgemäss weit daneben liegen könnte. Für eine Branche, die Pensionskassen-Gelder verwalte, sei es jedoch Pflicht, sich Gedanken über die ferne Zukunft zu machen.
Die zehn Trends, die Taraporevala bis 2029 erkannte und detailreich ausführte (siehe Video unten), sind dabei so gewagt, wie sie nachdenklich stimmen.
- Tiefe Zinsen für immer: Die Inflation können Investoren getrost vergessen.
- Mensch und Maschine arbeiten Hand in Hand: Die Digitalisierung wird jeden Aspekt des Fondsgeschäfts durchdringen.
- Asiatischer Aufstieg: 2029 wird das weltgrösste Fondshaus aus China stammen.
- Alles dreht sich um den Ruhestand: Während sich in der Vorsorge fast alle Angebote auf Berufstätige konzentrieren, müsse die Fondsbranchen angesichts von Lebensspannen von 120 Jahren neue Produkte für Rentner entwickeln.
- Beta siegt: Indexfonds finden eine noch grössere Anhängerschaft.
- Nachhaltigkeit wird zum Mainstream: Nachhaltigkeits-Ratings werden am Finanzmarkt so wichtig, wie es die Schuldner-Bonität heute ist.
- Geduld lohnt sich: Firmen mit langfristiger Strategie werden am Finanzmarkt mit einer Prämie belohnt.
- Privatmarkt-Anlagen werden demokratisiert: Dies, nachdem sich in den letzten 20 Jahren allein in den USA die Zahl der börsenkotierten Firmen halbiert hat.
- Jedem das seine: Produkte und Portefeuilles werden aufs Individuum angepasst.
- Klimawandel als Joker: Er kann den Investoren alles vermiesen, sie aber auch reich machen.