Die Schweizerische Nationalbank sieht trotz lauter werdender Kritik keinerlei Grund, ihre Zinspolitik anzupassen – daran hat SNB-Präsident Thomas Jordan nun keinen Zweifel gelassen. Stattdessen sieht er mehr Risiken.
Seit dem vergangenen September habe sich der Franken gegenüber anderen Leitwährungen leicht abgewertet, analysierte die Schweizerische Nationalbank (SNB) anlässlich der geldpolitischen Lagebeurteilung vom Donnerstag. Dennoch hält die Währungshüterin an ihrer expansiven Geldpolitik und damit an den seit Ende 2014 geltenden Strafzinsen auch Sichteinlagen von Banken fest.
Damit bleibt die SNB trotz zunehmender Kritik an ihrer Politik auf Kurs; Ermahnungen kamen zuletzt auch aus den eigenen Reihen, so vom früheren SNB-Chefökonomen Kurt Schiltknecht.
Preisstabilität wird hochgehalten
Der Chef der Schweizer Notenbank, Thomas Jordan, nahm an der heutigen Medienkonferenz einigermassen energisch Stellung zu wiederholten Fragen, ob, wann, und wie die SNB nun endlich die Zinsen anheben würde. Er betonte dabei, dass die SNB schlicht ihr Mandat ausübt: die Erhaltung der Preisstabilität unter Berücksichtigung der Konjunktur.
«Wenn wir die Zinsdifferenz zum Ausland jetzt verkleinern, hätte dies grosse Auswirkungen auf die Währungssituation,» so Jordan. «Die Lage ist fragiler als vor drei oder sechs Monaten.»
Da die Inflationsaussichten in der Schweiz überaus günstig bleiben, richtet sich der Blick der SNB in der Beurteilung zwangsläufig auf die Bewertung des Frankens und die konjunkturelle Entwicklung.
Rasche Ansteckung der Schweiz
Ähnlich wie im Ausland dürfte sich auch in der Schweiz die Wirtschaftsdynamik 2019 etwas abkühlen, erwartet die SNB. Sie rechnet für nächstes Jahr mit einem BIP-Wachstum von rund 1,5 Prozent gegenüber den 2,5 Prozent von 2018. Insbesondere würde sich eine starke Abschwächung der internationalen Wirtschaft rasch auf die Schweiz übertragen, warnen die Währungshüter weiter.
Ein stärkerer Franken bleibt unter diesen Annahmen für die Währungshüter ein Unding, da in ihrer Beurteilung der Franken nach wie vor hoch bewertet ist. Zudem, und dies betonte die SNB besonders, sind die Risiken «bedeutend». So etwa die Brexit-Wirren zwischen der EU und Grossbritannien, die Sorgen ums italienische Budget sowie protektionistische Tendenzen weltweit.
«Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten besteht ausserdem das Risiko von starken und abrupten Wechselkursbewegungen,» so Jordan.
Brennpunkt Renditeliegenschaften
Im Auge behält die Nationalbank auch die Ungleichgewichte am Hypothekar- und Immobilienmarkt, wo die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) neuerdings Stresstests bei Hypotheken-Instituten durchführt. Die SNB prüft ihrerseits regelmässig, ob der antizyklische Kapitalpuffer der Schweizer angepasst werden muss, mit dem Retailbanken ihre Hypothekenbestände absichern.
Am meisten Bauchgrimmen verursachen weiterhin die sogenannten Wohn-Renditeliegenschaften. Dort besteht die Gefahr einer Preiskorrektur, weil die starke Bautätigkeit zu einem Überangebot geführt hat. Dadurch entsteht ein Abwärtsdruck auf die Mieterträge und die Preise der Objekte. Unter der Federführung des Finanzdepartements werden gegenwärtig spezifische Massnahmen geprüft, so Fritz Zurbrügg, Präsidiumsmitglied der SNB.
Bereit für den Saron
Neben den aktuellen Entwicklungen auf den Finanzmärkten arbeitet die SNB mit Hochdruck an der Umstellung vom jetzigen Referenz-Zinssatz, dem Libor, auf den neuen Saron. Zusammen mit den wichtigsten Akteuren des Finanzmarktes macht eine Arbeitsgruppe Empfehlungen für einen reibungslosen Übergang – der Libor wird per Ende 2021 nicht mehr weitergeführt, wie Notenbankdirektorin Andrea Mächler vor den Medien ausführte.
Dabei geht es insbesondere um die Beantwortung der Frage, wie ein Tagesgeld-Zinssatz einen längerfristigen Referenzsatz ablösen kann. Die Arbeitsgruppe hat einen Referenz-Zinssatz ausgearbeitet, der die durchschnittlich realisierten Werte des Saron für die massgebliche Zinsperiode, also zum Beispiel für die letzten drei Monate, darstellt.
Die SNB betont, dass alle Marktteilnehmer sich dringend mit der Thematik auseinandersetzen sollen, um für die anstehende Ablösung des Libor bereit zu sein.