Italien ist auf bestem Weg, sich in eine Finanzkrise zu manövrieren. Dies treibt wohlhabende Italiener verstärkt dazu, ihr Geld in die Schweiz zu retten.
Auf die Schweizer Vermögensverwalter auf dem Tessiner Finanzplatz wird offenbar bald ein Geldregen niederprasseln. Darauf deutet zumindest ein Statement des in Lugano und Zürich ansässigen Finanzinstituts Albacore Wealth Management hin.
Demnach habe der Vermögensverwalter eine Welle von Anfragen von Italienern mit flüssigen Mitteln von 5 bis 10 Millionen Euro erhalten, erklärte CEO Francesco Fabiani kürzlich gegenüber der italienischen Tageszeitung «Il Sole». Ihm zufolge sind vermögende Italiener bereits seit einiger Zeit daran, ihre Reichtümer in den Tessin zu verschieben.
Griechisches Drama in Italien?
Auch der Mittelstand, also Familien mit Ersparnissen von gegen 300'000 Euro, hätten nun begonnen, das Geld über die Grenze ins Tessin zu bringen, berichtete Massimo Gionso, Leiter des Mailänder Vermögensverwalters CFO Sim, dem italienischen Blatt. Dabei handle es sich jedoch nicht um Steuerflucht, wie er betont. Vielmehr fürchteten die Italiener, dass ihnen dasselbe blühen könnte wie damals den Griechen.
Auf dem Höhepunkt der griechischen Schuldenkrise 2015 hatte die damalige Regierung in Griechenland Kapitalverkehrskontrollen eingeführt, um einen «Bank Run» zu vermeiden – dass Kunden ihre Konti leerten. Damals durften die Griechen maximal 50 Euro pro Tag am Bankomaten beziehen. In den darauf folgenden Jahren erhöhte die Regierung das Limit schrittweise auf derzeit 5'000 Euro pro Monat.
Es droht eine Bankenkrise
Dass offenbar immer mehr italienische Gelder den Weg ins Tessin finden, ist eine Hiobsbotschaft für die Grossbanken im südlichen Nachbarland. Denn der Abzug von Spareinlagen verschärft die Lage der teils maroden Geldhäuser zusätzlich. Es droht eine Bankenkrise.
Geschürt wird die Angst der Italiener auch durch die verkorkste Situation zwischen der Europäischen Union (EU) und Italien. Die italienische Regierung weigert sich, die Haushaltsregeln der EU einzuhalten und will stattdessen mehr Schulden machen, um ihre Wahlversprechen zu finanzieren. Ein Vorhaben, das von der EU-Kommission ziemlich sicher abgeschmettert wird.
In diesem Kontext werden die Rufe von links- und rechtspopulistischen Parteien nach einem Austritt Italiens aus der Union beziehungsweise einer eigenen Landeswährung lauter.
Tessin als sicheren Hafen
Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass der Tessin für die Italiener erneut zum sicheren Hafen wird. Der Südkanton erlebte vor allem in den 1960er- und 1970er Jahren einen Boom, als Italiener aus Angst vor Instabilität, Inflation und einer möglichen kommunistischen Regierung Fluchtgelder ins Tessin schleusten.