In der Geschichte spielte die US-Grossbank immer wieder eine Schlüsselrolle, wenn es darum ging, in der Not das Finanzsystem zu stabilisieren. Und ohne die Schweizer Grossbank hätte die CS-Krise nicht bewältigt werden können. Regulatoren sollten sich generell wieder intensiver mit privaten Lösungen von Bankenkrisen beschäftigen. 

Die Zeremonie liegt zwar schon einige Wochen zurück, doch der UBS war sie immer noch wichtig genug, um darauf im Rahmen ihres Halbjahresabschlusses am Mittwoch prominent Bezug zu nehmen, wie finews.ch berichtete. Die Schweizer Grossbank hatte bei den «Euromoney Awards for Excellence», dem wichtigsten Schönheitswettbewerb der Banken international, (neben weiteren Auszeichnungen) die beiden begehrten Trophäen für die «beste Bank der Welt» und «die beste Bank der Schweiz» abgeräumt.

Schon bei der Preisvergabe machte die Veranstalterin «Euromoney» klar, dass die Rolle, die UBS bei der Rettung der Credit Suisse (CS) gespielt hatte, der ausschlaggebende Faktor für die Prämierung gewesen war. Es habe drei Gründe gegeben, UBS als weltbeste Bank auszuzeichnen, erläutert Peter Lee, schon seit fast 20 Jahren Redaktionsleiter der Fachzeitschrift, in einem längeren Beitrag.

UBS: Stark und stabil, gutes Powerplay und rasche Umsetzung

Erstens sei UBS stark, gut geführt und stabil genug gewesen, um in Europa die Rolle einer J.P. Morgan zu übernehmen und einen Systemzusammenbruch zu verhindern.

Zweitens habe die Bank während des nervenaufreibenden Wochenendes (der CS-Rettung im März 2023) ihr Blatt hervorragend gespielt und eine Lösung entwickelt, die sowohl die Panik am Markt beruhigt als auch den Bedenken des UBS-Aktionariats Rechnung getragen habe.

Banken als Teil der Lösung

Drittens habe UBS in den Folgemonaten sehr schnell die nötigen Reparaturen bei ihrer beschädigten Rivalin vorgenommen, das Vertrauen der Kunden wiedergewonnen, vielen CS-Mitarbeitern die Hoffnung auf eine Zukunft gegeben, wichtige strategische Entscheide gefällt sowie die Non-Core-Assets und die Kosten reduziert.

Unabhängig davon, ob man die Rettung der CS, an der neben der UBS massgeblich auch der Bundesrat, die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Finanzmarktaufsicht (Finma) beteiligt waren, an jenem Märzwochenende als alternativlos, als beste aller möglichen Varianten oder doch eher als «grossen Murks» betrachtet – die Tatsache, dass die UBS dank der CS-Rettung zur weltbesten Bank gekürt wurde, wirft ein Schlaglicht auf die lange Geschichte, in der Banken nicht nur Ursache von Finanzkrisen waren, sondern auch Teil der Lösung. 

Private Arrangements im Vordergrund

In der Tat war es sogar lange so, dass Finanzkrisen primär mit «privaten Lösungen» bewältigt wurden, auch wenn Regierungen und Zentralbanken oft mitverhandelten. Dass Lee die UBS mit J.P. Morgan vergleicht, zeigt, dass er die Bankengeschichte gut kennt.

Denn J.P. Morgan, heute gemessen an der Börsenkapitalisierung die grösste Bank der Welt, spielte unter ihrem legendären Gründer J. Piermont Morgan bereits vor der Schaffung der US-Zentralbank Fed bei der Stabilisierung des Finanzsystems eine Schlüsselrolle. Unvergessen ist, wie Banquier Morgan bei der Lösung der schweren Krise der US-Banken 1907 die alleinige Federführung übernahm. Dass Morgan 1913, im gleichen Jahr, als die Fed gegründet wurde, verstarb, ist eine sinnige Fussnote der Geschichte. 

Schlüsselrolle der US-Grossbank

Aber auch in der jüngsten Vergangenheit, in der globalen Finanzkrise 2008 und in den Turbulenzen rund um die US-Regionalbanken im ersten Quartal 2023, war die US-Grossbank immer wieder zur Stelle, um ins Wanken geratene Finanzinstitute aufzufangen respektive zu übernehmen und damit die Ansteckungsgefahr zu begrenzen. Allerdings führten in diesen Krisen staatliche Stellen die Regie.

Die Sonderstellung J.P. Morgans ist auch heute noch spürbar, etwa wenn sich der selbstbewusste und kommunikationsfreudige CEO Jamie Dimon, der schon zwei Jahrzehnte den Finanzriesen erfolgreich führt, nicht nur immer wieder kritisch zur Regulierung äussert, sondern dazu aufruft, «das ganze System zu überdenken».

UBS mit Ermotti in den Fussstapfen von J.P. Morgan?

Ist UBS nun tatsächlich die neue J.P. Morgan Europas, mit CEO Sergio Ermotti in den Fussstapfen von J. Piermont Morgan oder zumindest von Jamie Dimon? Dagegen spricht, dass UBS selber in der Finanzkrise 2008 vom Bundesrat, der SNB und der Finma gerettet (oder wie es damals etwas beschönigend hiess «stabilisiert») werden musste – während ausgerechnet CS damals das Erdbeben ohne Staatskrücken überstand.

Aber der alte Gedanke, dass Banken aufräumen helfen sollten, was andere Banken an Schaden angerichtet haben, hat immer noch etwas Bestechendes – zumindest aus Sicht des Steuerzahlers, der letztlich für das Risiko, das bei staatlichen Rettungsaktionen etwas schief geht, einstehen muss.

Anschauungsmaterial gibt es auch hierzulande

Vielleicht würde es sich auch für die Schweizer Regulatoren lohnen, ihre Überlegungen mehr in diese Richtung zu lenken, statt ihre Energie darauf zu verwenden, immer neue Vorschriften beispielsweise für noch mehr Eigenkapital auszutüfteln oder weiter am bereits hochkomplexen Too-big-to-fail-Abwicklungssystem (Resolution), das sich in der Krise als weltfremd entpuppte, zu feilen.

Anschauungsmaterial, was wann und wie funktioniert, bietet auch die noch nicht allzu lang verflossene Finanzgeschichte hierzulande. Nach der Immobilienkrise Anfang der Neunzigerjahre verkauften die Solothurner 1994 ihre Kantonalbank dem Schweizerischen Bankverein. Und 1996 trennte sich der Kanton Appenzell Ausserrhoden von seiner Kantonalbank – Käuferin war die Schweizerische Bankgesellschaft. Bankverein und Bankgesellschaft fusionierten vor einem Vierteljahrhundert zur UBS; schon damals führte offenbar kaum ein Weg an der heute solitären Schweizer Grossbank vorbei.