Klaus Tischhauser, Chef von Responsability, sagt im Gespräch mit finews.ch, warum immer mehr gut bezahlte Bankerinnen und Banker bei ihm anklopfen.
Herr Tischhauser, wie kommt ein Banker wie Sie auf nachhaltige Investments?
Ich war schon als kleiner Bub an Nachhaltigkeit interessiert. Meine Mutter nannte mich stets einen Weltverbesserer. Dies ist irgendwie in meiner DNA drin. Beruflich habe ich mich erstmals während meiner Zeit bei der Credit Suisse mit Nachhaltigkeitsthemen und später bei SAM mit nachhaltiger Vermögensverwaltung befasst.
Doch dann nahmen Sie eine zweijährige Auszeit vom Metier. Weshalb?
Ich stelle Nachhaltigkeit stets über die Karriere im klassischen Sinne. Meine Frau und ich verfolgten damals beide eine sehr kopflastige Arbeit. Und so haben wir uns entschieden, per Velo von Zürich nach Kapstadt zu fahren. Auf Reise kam mir dann die Idee, Responsability zu gründen.
Gab es ein Schlüsselereignis während Ihrer Reise?
Mir wurde die Armut der Menschen vor Augen geführt, was nicht spurlos an mir vorbeizog. Die Menschen in Afrika wollen arbeiten und sind weder dümmer noch intelligenter als wir. Aber es fehlt an der Finanzinfrastruktur, die ihnen hilft, ihre unternehmerischen Ideen zu realisieren. Beseitigt man diesen Mangel, wird ein immenses wirtschaftliches Potenzial freigelegt.
Sie sind Präsident ad interim des Branchenverbands Swiss Sustainable Finance (SSF), bis der noch-Credit-Suisse-Verwaltungsrat Jean-Daniel Gerber Sie beerbt. Wieso wurde Gerber als Präsident vorgeschlagen und nicht Sie?
Ich war von Anfang an als Präsident ad interim vorgesehen bis eine unabhängige, neutrale Person als Präsident gefunden wird. Dies ist mit Jean-Daniel Gerber nun der Fall.
«Wir müssen unsere Hausaufgaben erledigen»
Was sind denn die primären Ziele des noch jungen Verbands?
Zuallererst müssen wir die grundlegenden Hausaufgaben erledigen, sprich mit anderen Verbänden und der Politik stärker in Kontakt treten. Oft ist es auch so, dass bankintern – sprich im Topmanagement – nachhaltige Anlagen noch stiefmütterlich behandelt werden. Wenn man dort den Hebel ansetzen kann, dann geht es der Industrie besser, sie wächst schneller. Zudem müssen wir die Visibilität unserer Branche stärken.
Wie?
Mit Jean-Daniel Gerber haben wir nun eine Person, welche in Wirtschaft und Politik sehr anerkannt ist, das verkürzt die Wege. Wir möchten unter anderem auch den Politikern unsere Sicht der Dinge schildern. Es gibt ja durchaus Politiker, die sich für die gute Seiten des Finanzplatzes interessieren. Und da gibt es Einiges, worauf man stolz sein darf.
Worauf?
Die Schweiz zählt zum Beispiel im Bereich nachhaltiges Asset Management zur Weltspitze. Weiter sind wir daran, die Ausbildungen im Bereich nachhaltigen Investments zu koordinieren, zu vereinheitlichen und in allen Kundenberater-Lehrgängen als Lernstoff zu integrieren.
Bestehen Pläne, ein einheitliches Nachhaltigkeits-Label für Schweizer Fonds zu lancieren?
Das Thema ist schon aufgekommen. Als Vorbild könnte das in Luxemburg entwickelte LuxFlag-Label dienen. Wenn auf einem Produkt LuxFlag draufsteht, dann ist das Anlageprodukt geprüft und für nachhaltig befunden worden. Ohnehin unterstützen die Luxemburger den Bereich des nachhaltigen Investierens stärker, als es hierzulande der Fall ist.
Der Schweizer Finanzplatz schläft?
Die Trägheit stammt vielleicht daher, dass der hiesige Finanzplatz die Nummer Eins im grenzüberschreitenden Wealth Management ist und gegenüber Innovationen aus dem Asset Management weniger aufgeschlossen ist.
«Es wurde viel Unfug getrieben»
Die 2012 lancierte Asset-Management-Initiative soll da Abhilfe schaffen. Was halten Sie davon?
Grundsätzlich finde ich das Ansinnen gut. Aber die Initiative muss erkennen, dass das Asset Management zweigeteilt ist. Zum einen ist es ein Volumengeschäft. Hier hat die Schweiz gegen die grossen Player aus Grossbritannien oder den USA keine Vorteile. Daher sollte man sich, wie in anderen Industrien auch, auf Spezialitäten fokussieren. Damit differenziert man sich zugleich von anderen Finanzplätzen.
Hinzu kommt: Der Anteil an nachhaltigen Anlagen bei institutionellen Investoren ist im europäischen Vergleich sehr gering. Einerseits, weil der Markt stark fragmentiert ist, und eventuell weil Unsicherheit bezüglich der Umsetzung vorherrscht. Hier besteht Aufklärungsbedarf. Es sind daher auch Bestrebungen im Verband im Gange, sich stärker mit institutionellen Investoren auszutauschen.
Wie beurteilen Sie die zunehmende Regulierung der Branche?
Für die etablierte Finanzindustrie ist Regulierung notwendig und verständlich. Es wurde in der Vergangenheit ja auch viel Unfug getrieben. Anders sieht es bei jungen, innovativen Finanzbranchen aus. Der Regulator verbaut uns hier die Zukunftsfähigkeit.
Inwiefern?
Was die Politiker nicht sehen, ist, dass die Überregulierung vor allem aus der Ecke des Wealth Managements kommt. Nun sollte man aufpassen, dass man dieselben Regulierungen nicht Eins zu Eins aufs Asset Management überträgt. Wir als verhältnismässig kleiner Asset Manager müssen alles machen bezüglich Geldwäscherei, grenzüberschreitendem Vertrieb und so weiter, obwohl wir keine vergleichbare Gefahr darstellen. Wir werden damit noch teurer.
Was sind die Folgen?
Dies spielt den grossen Asset Managern in die Hände. Die haben die Möglichkeit, eine Präsenz vor Ort aufzubauen. Dies bleibt den Kleineren in der Regel verwehrt. Da aber alles Neue klein anfängt, hat Regulierung immer auch innovationshemmenden Charakter und verbaut Zukunftschancen – auch für den Finanzmarkt allgemein.
Sie sind also gegen das Regelwerk AIFM für alternative Investmentfonds?
Nein. Viele dieser Regelungen sind sinnvoll. Allerdings ist eine weitere Verschärfung dieser Regelwerke durch den so genannten Swiss Finish alles andere als förderlich für die Finanzbranche.
«Wir suchen einen neuen Standort in Zürich»
Responsability wächst indes bei verwalteten Vermögen und Personal mit hohem Tempo.
In der Tat wachsen wir jedes Jahr um 30 bis 40 Prozent, sowohl beim Personal als auch bei den Assets. Auch Ende 2015 werden in diesem Umfang zugelegt haben. Deshalb sind wir auch auf der Suche nach einem grösseren Standort in Zürich. Gerade weil wir Mittel zur Bekämpfung von Armut zur Verfügung stellen, dürfen wir keine Wachstumsbarriere im Kopf haben.
Derzeit wandern diverse Top-Banker zu kleinen Boutiquen ab. Spüren Sie das auch?
Ja, viele gut bezahlte Kaderleute werden bei uns vorstellig, weil sie unzufrieden sind mit dem Jobinhalt. Für etwas mehr Sinn nehmen sie substanzielle Lohneinbussen in Kauf. Zudem haben wir keine direkten finanziellen Incentive-Komponenten. Wir zahlen zwar einen Bonus, wenn es gut läuft. Aber dieser ist an keinerlei individuelle Messkriterien wie zum Beispiel Volumen gebunden. Überdies können die Angestellten Mitarbeiter-Aktien erwerben. So kann man am langfristigen Wertzuwachs der Firma teilhaben. Derzeit sind 30 Prozent der Aktien in den Händen von Mitarbeitern.
Letzte Frage: Wohin geht Ihre nächste grosse Reise?
Meine Frau und ich träumen schon seit einiger Zeit davon, um die Welt zu segeln. Normalerweise erfülle ich meine Träume.
Klaus Tischhauser gründete 2003 die auf Mikrofinanz spezialisierte Vermögensverwaltung Responsability. Zuvor war er bei SAM Sustainable Asset Management beim Aufbau des Unternehmens beteiligt. Insgesamt verfügt Tischhauser über 25 Jahre Erfahrung im Finanzsektor und war unter anderem auch für die Credit Suisse tätig. Er studierte Wirtschaftswissenschaften und Ökologie an der Zürcher Hochschule für Wirtschaft.