Die Citigroup steht vor einem Dilemma. Ihrem Top-Trader Andrew Hall steht ein Bonus zu. Dieser beläuft sich auf 100 Millionen Dollar. Was jetzt?
Der 58-jährige Andrew Hall ist Chef der kleinen Rohstoff-Handelsfirma Phibro und in dieser Funktion überaus erfolgreich. Sein Unternehmen ist der mächtgen Citigroup angegliedert. Dank erfolgreichem Handel mit Öl respektive den damit verbundenen Wertschriften im vergangenen Jahr und einem Vertrag mit Gewinnbeteiligung beläuft sich sein Bonus bei Citigroup jetzt auf 100 Millionen Dollar, wie die «New York Times» zu berichten weiss.
Halls Business soll der Citigroup über die letzten fünf Jahre rund fünf Milliarden Dollar eingebracht haben. Bisher waren dessen Bonus-Zahlungen auch kein Problem. Doch nun sind Boni bei Banken, die staatliche Hilfsgelder in Anspruch genommen haben, in Verruf geraten. Die Citigroup erhielt seinerzeit 45 Milliarden Dollar.
Bevölkerung auf den Barrikaden
Das Probelm der Citigroup könnte offensichtlicher nicht sein. Einerseits ging die Bevölkerung bereits auf die Barrikaden, als der lädierte Versicherungskonzern AIG Anfang Jahr 165 Millionen Dollar an Boni auszahlte. Zudem steht das Geschäft mit dem schwarzen Gold generell unter einem schlechten Stern.
Die Marktregulatoren überlegen sich, wie sie gegen das hoch spekulative Handeln vorgehen können. In den vergangenen Monaten stieg der Marktpreis von Öl massiv an. Mitunter werden Spekulaten wie Hall beschuldigt, für diese Hausse verantwortlich zu sein. Phibro hat dank dem höheren Ölpreis dieses Jahr bereits wieder Millionen verdient, während der brave Bürger die Konsequenzen an der Zapfsäule bezahlen muss.
Erst das Fressen, dann die Moral
Neben Imagefragen entscheidet letztlich die Behörde darüber, ob eine so hohe Bonuszahlung überhaupt legitim ist. Aus dem Büro von Kenneth Feinberg, dem Zuständigen der amerikanischen Schatzkammer, heisst es, dass der Fall Hall noch in Abklärung sei. «Bonus-Zahlungen müssen eine Balance erreichen, die exzessive Risiken verhindern und eine Belohnung anspornen», heisst es da.
Wie auch immer Feinberg entscheiden wird, Hall wird sein Geschäft weiter führen. Bisher hatte er stets den richtigen Riecher. Ausserdem hat er den Ruf eines eisernen Verhandlers. Sollte Citigroup ihn nicht entsprechend honorieren, wird er wohl abspringen. Zumal schon Brecht gesagt hat: «Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.»