Im Jahr 2006 übernahm die UBS die brasilianische Investmentbank Banco Pactual mit ihren rund 500 Beschäftigten für 2,5 Milliarden Dollar. Als einer der wichtigsten Partner und Aktionäre dieses Unternehmens kassierte der damals 37-jährige André Estevez auf mehrere Tranchen verteilt rund eine Milliarden Dollar. Zudem konnte der vife Banker in die erweiterte Geschäftsleitung der UBS aufrücken.
Ein Jahr später, als das Subprime-Inferno ausbrach, avancierte Estevez sogar zum temporären Feuerlöscher: Der versierte Investmentbanker wurde zum Chef der Fixed-Income-Abteilung ernannt, also jener Sparte, wo die waghalsigen und letztlich fatalen Investments zuvor getätigt worden waren. Doch der draufgängerische Brasilianer konnte sich in London, von wo er für die UBS operieren sollte, mit dem Habitus der bedächtigen Schweizer und vornehmen Engländer nicht anfreunden. Für ihn lief alles viel zu langsam.
Und als ihm dann noch mit Jerker Johansson ein stoischer Schwede an der Spitze des UBS-Investmentbanking vorgesetzt wurde, hatte Estevez die Nase voll. Der Corporate-Infight war zu seinen Ungunsten entschieden worden, worauf er im Juni 2008 die UBS verliess.
BTG = «back to the game»
Mit dem vielen Geld, das er dank der UBS bereits verdient hatte, konnte sich Brasiliens schillerndster Banker einen substanziellen Neuanfang durchaus leisten. So gründete er 2008 von São Paulo aus die Investmentgesellschaft Banking and Trading Group, kurz BTG genannt, wobei Insider kolportierten, das Kürzel BTG stehe eher für «back to the game».
Im letzten Oktober machte dann Estevez mit seiner neuen Firma erstmals geschäftlich von sich reden, als er die brasilianische Niederlassung der kollabierten amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers aufkaufte. Und Anfang 2009 erwarb die BTG das Tankstellennetz von Via Brasil und Aster zu einem nicht publizierten Preis. Die beiden Betriebe kommen auf einen Jahresumsatz von knapp einer halben Milliarde Franken.
Ambivalentes Verhältnis zur UBS
Zwischen Estevez und seiner früheren Arbeitgeberin blieb ein ambivalentes Verhältnis bestehen, nachdem der Brasilianer fast ein Dutzend ehemaliger UBS-Leute in seine neue Firma gelotst hatte. Im Gegenzug konnte die Schweizer Grossbank im letzten Januar verkünden, mit Gilberto Sayão einen früheren Partner der Bank Pactual und langjährigen Weggefährten Estevez‘ angeheuert zu haben.
Nun dürften die Rivalitäten ein Ende finden. Denn Estevez‘ Firma BTG Investments übernimmt für 2,5 Milliarden Dollar das Brasiliengeschäft «UBS Pactual». Damit erweist der Südamerikaner der UBS einen wertvollen Dienst, zumal diese den Verkaufserlös durchaus gebrauchen kann und so auch ihre Schrumpfkur, insbesondere auch im Investmentbanking fortführen kann. Umgekehrt kann Estevez ein schönes Mosaikstück in sein Portfolio einbringen, da er das Business und den Markt wie kein anderer kennt.
«Kleiner» Verlust für die UBS
Gemäss Angaben besteht der Kaufpreis aus Barmitteln, aber auch aus Schuldübernahmen, also Positionen, die Estevez durchaus wieder in die Gewinnzone bringen könnte. Aus Sicht der UBS resultiert aus dem Verkauf ein «kleiner» Verlust. Genauere Angaben will die Grossbank am 5. Mai anlässlich der Publikation des Quartalergebnisses machen.
Insgesamt hat die Übernahme der Pactual unter dem Strich kaum den erhofften Mehrwert erbracht, verhilft nun aber der UBS, das Eigenkapital zu erhöhen und die risikogewichteten Aktiven sowie die Bilanzsumme zu reduzieren. Mit dem Verkauf setzt die UBS allerdings auch ihre Schrumpfkur fort, so dass sich zwangsläufig auch die Frage stellt, in welchen Dimensionen der bisherige Global Player dereinst agieren wird.