Die Kosten für die Kita-Betreuung sind für Familien teils kaum erschwinglich. Das Zürcher Fintech Awina will mit Krediten aushelfen – ein nicht unproblematisches Unterfangen, das aber von Stiftungen und einer Eignerin des Medienkonzerns TX gestützt wird.
Junge Eltern und institutionelle Investoren haben auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam. Awina ändert dies: Das Zürcher Fintech will Familien eine «massgeschneiderte Finanzierung des Kita-Platzes» anbieten. Für institutionelle Kreditgeber ermöglicht es, dem Anlage-Notstand zu begegnen. Dies geht aus einer Mitteilung des Startups vom Dienstag hervor.
In der Mittlerrolle agiert das Startup, das die Investorengelder an die Familien weiterreicht und bis zur Hälfte der monatlichen Kita-Kosten vorstreckt. Dies allerdings nicht umsonst: Nach der Kita-Zeit zahlen die Eltern den Kredit zurück, zuzüglich drei Prozent Zinsen.
Dem KKG unterstellt
Aus Sicht des Fintechs sind dies «marktunüblich niedrige Zinsen», angesichts von Leitzinsen von -0,75 Prozent in der Schweiz allerdings keineswegs ein Schnäppchen. Wie das Jungunternehmen auf Anfrage von finews.ch bestätigte, fallen die Zahlungen unter das Bundesgesetz über den Konsumkredit (KKG).
Das Fintech sieht dahinter eine «familiengerechte Optimierung der Fremdbetreuungskosten» und betont ausführlich die gesellschaftlichen und sozialen Aspekte des Angebots: Bessere Planbarkeit, mehr Freiheiten im schwierigen Balanceakt zwischen Familie und Beruf.
Station bei Clariden Leu
Hinter die Geschäftsidee vermochte das Startup den Dachverband Pro Familia Schweiz, die Stiftung Mercator Schweiz und die Stiftung Kinderbetreuung zu scharen; im Verwaltungsrat sitzt überdies Claudia Coninx-Kaczynski, die unter anderem dem Pool der Familienaktionäre des Medienkonzerns TX vorsitzt.
Mitgründer von Awina sind Gogo Schumacher, der in seiner Karriere mit den KIMI Krippen ein Netzwerk zur Kinderbetreuung aufbaute, sowie Thomas Russenberger. Letzterer bringt das Finanz-Knowhow ins Unternehmen: Russenberger war Stabschef bei der ehemaligen Credit-Suisse-Tochter Clariden Leu, arbeitete aber auch für die Versicherungen Zurich und Swiss Life sowie für die Privatbank Pictet. Zu seinen Karrierestationen zählte zudem das Unternehmen hinter dem Miss-Schweiz-Wahlen.
Gelingt der nächste Karriereschritt?
Das von dieser Truppe seit 2019 ausgetüftelte und digitalisierte Angebot kann durchaus kritisch betrachtet werden: In einer finanziell oftmals angespannten Lebensphase häufen Familien Schulden an, die es später abzutragen gilt – was stark davon abhängt, ob sich der nächste Karriereschritt mit dem höheren Gehalt auch tatsächlich einstellt. Oftmals werden zudem Betreuungs-Subventionen gestrichen, je mehr die Eltern verdienen.
Der Online-Vergleichsdienst Moneyland berichtete unlängst, dass nicht wenige Schweizerinnen und Schweizer Geld ausleihen, um ausstehende Kredite abzuzahlen. Dann dreht oftmals eine Schuldenspirale.
Symptome statt Ursachen
Gudrun Sander, Direktorin des Kompetenzzentrums für Diversity und Inklusion an der Universität St. Gallen (HSG) findet die Idee von Awina auf Anfrage von finews.ch zumindest prüfenswert.
Das Angebot bekämpfe aber eher Symptome als die Ursachen, gibt die bekannte Gleichstellungs-Expertin zu bedenken. «Wir brauchen in der Schweiz mehr und bezahlbare Kinderbetreuung», betonte Sander. «Auf der politischen Ebene müssen die auf den Verhältnissen der 1970er-Jahren beruhenden Strukturen endlich an die heutige Realität angepasst werden», forderte sie. Dies wäre etwa mittels Subventionierung der Kinderbetreuung und durch eine Individual-Besteuerung möglich.
Bei Awina sieht man derweil nur die eine Alternative zum Kredit. «Ein Elternteil – meistens die Frau – bleibt zuhause und nimmt grosse Nachteile in der Altersvorsorge in Kauf. Diese überwiegen bereits allfälligen Zinszahlungen», relativierte das Fintech.