Der Präsident der Credit Suisse stellt sich demonstrativ hinter CEO Thomas Gottstein. Damit sendet er allerdings auch ein Signal aus, das die angeschlagene Grossbank derzeit gar nicht gebrauchen kann, findet finews.ch.

Auf António Horta-Osórios Einzelauftritt im Schweizer Wirtschaftsmagazin «Bilanz» (Artikel bezahlpflichtig) folgte der Paarlauf mit Thomas Gottstein im «SonntagsBlick» am vergangenen Wochenende. Die Botschaft ist dieselbe – der Präsident der Credit Suisse (CS) beteuert, fest hinter seinem CEO Gottstein zu stehen.

Am (gestrigen) Sonntag klang das so: «Ich kann nur mit Bestimmtheit sagen, dass Thomas Gottstein das volle Vertrauen des Verwaltungsrates hat», so der Portugiese, der seit vergangenem April der zweitgrössten Schweizer Bank vorsteht.

Das Rad lässt sich nicht zurückdrehen

Beide Wortmeldungen folgen auf einen in seiner Wirkung für Gottstein vernichtenden Artikel in der «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) vor wenigen Wochen. Das britische Blatt hatte den CS-Chef als reinen Befehlsempfänger von Horta-Osório dargestellt und insinuiert, dass der Bankpräsident auch operativ nach der Macht greife.

Die Artikel in den Schweizer Blättern lassen sich denn auch als Versuch deuten, die hohen Wogen zu glätten, welche die Story aus London Mitte September geworfen hatte.

Hohe Erwartungen

Indes: Das Rad lässt sich für Gottstein nicht zurückdrehen. Das Doppel-Debakel um die geschlossenen Greensill-Fonds und um die Pleite der New Yorker Finanzfirma Archegos geschah unter seiner Ägide bei der CS; entsprechend wird im Banking wie auch unter Investoren angenommen, dass er hier in der Verantwortung steht.

Solange die diversen Untersuchungen rund um Greensill-Archegos noch laufen, gilt er bei der Grossbank als CEO auf Zeit – erst recht seit dem Artikel der «Financial Times». Von Präsident Horta-Osório wird hingegen erwartet, dass er mit den Missständen schonungslos aufräumt und das Institut strategisch auf einen neuen Pfad bringt.

Erwartungs-Management

Doch zu seiner Strategie schweigt der Portugiese weiterhin eisern und betreibt stattdessen Erwartungs-Management. So radikal wie seinerzeit bei seinem Antritt als Chef der britischen Bank Lloyds werde der Schnitt nicht werden, liess er im «SonntagsBlick» durchblicken.

Und, vor allem: Gottstein sei der richtige Mann für die strategische Neuausrichtung der Bank. Für den Schweizer CEO an der Spitze der Grossbank ist das zwar erfreulich. Doch damit zeichnet sich immer deutlicher ab, dass der erhoffte frische Wind bei der CS wahrscheinlich nur ein laues Lüftchen werden wird.

Das reicht nicht

Kurz: Mit dem Bekenntnis zum bisherigen Chef hat Horta-Osório weiteres «Momentum» geopfert, das für die angeschlagene Bank derzeit so wichtig wäre. Am Montag startete die CS-Aktie nach den Börsenturbulenzen von letzter Woche zwar positiv in den Handel.

Doch das reicht natürlich nicht aus, um dem Titel, der seit Jahresbeginn einen Fünftel als Wert eingebüsst hat und weiter deutlich unter Buchwert handelt, neues Leben einzuhauchen.

Schicksal der CS wird im Ausland geschmiedet

Angesicht der Kräfte, die derzeit gegen die Bank und ihre Börsenbewertung wirken, erscheinen die Wortmeldungen des Bankpräsidenten in der Schweizer Presse schon fast etwas hilflos: Die CS ist eine weltweit tätige Grossbank mit einem zersplitterten Aktionariat, das obendrein von ausländischen Finanzinvestoren und Staatsfonds dominiert wird. Das Schicksal des Instituts wird an den globalen Börsen, in Nahost und an der Wall Street geschmiedet – nicht an den Schweizer Kiosken. Das wäre bei dieser Kommunikations-Strategie zu bedenken.

Für die Schweiz gilt weiterhin, dass die CS hinter der grösseren Lokalrivalin UBS den Markt dominiert. Doch dieser kleinräumige Markt mit seinen eng gewobenen Beziehungen will verstanden sein. Daran tun und taten sich ausländische Führungskräfte immer wieder schwer, zumal bei der CS. Dem Ex-Chef Brady Dougan, einem Banker aus dem Mittleren Westen der USA, gelang dies während sieben Jahren an der Spitze der Bank nie ganz.

Schwer fassbare Swissness

Sein Nachfolger Tidjane Thiam, ein gebürtiger Ivorer, bemühte sich stark um Lokalkolorit und wollte sich sogar einbürgern lassen. Nach dem unappetitlichen «Spygate»-Skandal um bespitzelte Mitarbeitende musste er aber Anfang 2020 den Sessel räumen. Die Zeitung «New York Times» berichtete später über die Ressentiments, mit denen Thiam am hiesigen Finanzplatz offenbar zu kämpfen hatte.

Horta-Osório hat nun in der Presse an diese schwer fassbare Schweizer «Seite» der CS appelliert. Auch hier muss sich das Momentum noch zeigen. Dass der Präsident für auch eine Million Franken Aktien der Bank gekauft hat, aber gleichzeitig im steuergünstigen Wollerau SZ seinen Wohnsitz nahm, dürfte hierzulande bereits widersprüchlich gewertet worden sein.