Mit etwas gutem Willen und Bilanzarithmetik konnte die Schweizer Einheit des britischen HSBC-Konzern 2020 einen Gewinn ausweisen. Organisatorisch ist das hiesige Institut nun gut ausgestellt. Doch der Ausblick bleibt getrübt, aufgrund der wirtschaftlichen und geopolitischen Perspektiven. 

Die Schweizer Bank des britischen Finanzkonzerns HSBC musste 2020 einen Vorsteuerverlust von 16 Millionen Dollar (rund 14,4 Millionen Franken) hinnehmen, wie dem am Dienstag veröffentlichten Geschäftsbericht zu entnehmen ist. Im Jahr zuvor hatte noch ein Vorsteuergewinn von 91 Millionen Dollar resultiert.

Ein Sprecher des Unternehmens betonte auf Anfrage von finews.ch jedoch, dass die Schweizer Bank nach Steuern einen «bedeutenden Gewinn» erzielt habe, und zwar aufgrund der Auflösung steuerbezogener Rückstellungen. Damit ist es dem Institut nach vielen verlustreichen Jahren zum zweiten Mal (2019 und 2020) gelungen, ein positives Ergebnis zu vermelden. 

Datenskandal ausgebügelt

Die Bank in der Schweiz steht seit 2018 unter der Führung des Schweizers Alex Classen, der zuvor die internationale Einheit der britischen Bank Coutts geleitet hatte. Bei HSBC übernahm er hierzulande eine Bank, die zuvor in einen fatalen Skandal geraten war, nachdem der einstige IT-Mitarbeiter Hervé Falciani vertrauliche Kundendaten gestohlen und an Behörden anderer Länder veräussert hatte. 

Nachdem diese Angelegenheit über viele Jahre ausgebügelt worden war, musste sich die HSBC Privatbank in der Schweiz sozusagen neu erfinden. Das führte denn auch dazu, dass die hiesige Einheit kurz vor Classens Amtsantritt organisatorisch mit fünf anderen Private-Banking-Einheiten – Grossbritannien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg und den Kanalinseln – verbunden wurde. Weitere Reorganisations-Massnahmen folgten.

Aktionsradius erheblich reduziert

So reduzierte das Schweizer Institut seinen Aktionsradius von früher 150 Märkten auf nunmehr etwa 20; und in der Folge strich die Bank auch Hunderte von Stellen. Die hiesige Einheit gehörte in den USA auch zu den sogenannten Kategorie-1-Banken, was bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft im Zuge des Steuerstreits zwischen den USA und der Schweiz deren Geschäfte mit US-Kunden und Offshore-Konten akribisch untersuchte. Ende 2019 konnte die Bank dann endlich einen Schlussstrich unter den langwierigen Prozess ziehen.

Viele Massnahmen unter dem Dach der HSBC beschränken sich indessen nicht auf die Schweiz. Der ganze Konzern wird seit geraumer Zeit restrukturiert; und was eingespart wird, soll in vielversprechende Märkten reinvestiert werden, wie am Dienstag weiter zu erfahren war. So will die HSBC-Gruppe insgesamt 6 Milliarden Dollar in die weitere Expansion in Asien sowie in die Vermögensverwaltung (Private Banking) investieren, namentlich in China. 

Rückstellungen für Privatkredite massiv erhöht

Die Schweizer Einheit sah sich im vergangenen Jahr überdies genötigt, ihre Rückstellungen für Privatkredite von 23 Millionen Dollar 2019 auf 79 Millionen Dollar im vergangenen Jahr zu erhöhen, was nicht zuletzt auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie zurückzuführen ist.

Global gesehen verzeichnete das Private-Banking-Geschäft des HSBC-Konzerns im vergangenen Jahr einen Neugeldzufluss von 6 Milliarden Dollar, was weit hinter den Erwartungen zurückliegt. Zum Vergleich: 2019 waren noch 23 Milliarden Dollar zugeflossen.

Heikle Situation

Diese ernüchternden Zahlen haben nicht zuletzt mit der politisch heiklen Situation in Hongkong zu tun, wo sich die Bank dem wachsenden Druck aus Peking zunehmend ausgeliefert sieht, wie finews.ch schon verschiedentlich berichtet hat.