Der verstorbene Private Banker der Credit Suisse Patrick Lescaudron war keinesweg ein Einzeltäter beim Diebstahl seiner milliardenschweren Kunden. Eine Anwaltskanzlei untersuchte, wie die Grossbank jahrelang Warnsignale ignorierte.
Patrice Lescaudron, früherer Berater von hauptsächlich osteuropäischen Kunden bei der Credit Suisse (CS), hat Gelder von über 150 Millionen Dollar veruntreut und gestohlen, wie ein Genfer Strafgericht im Jahr 2018 feststellte. Lescaudron ging wegen Betrug und Fälschung ins Gefängnis.
Die CS erhielt eine Rüge der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht, sie habe Lescaudron unzureichend kontrolliert. Die Bank vertrat immer den Standpunkt, ihr Berater habe als Einzeltäter gehandelt und die internen Regeln umgangen.
Das «Wall Street Journal» (Artikel bezahlpflichtig) schreibt nun: Die Version der CS stimme nicht. Dem Blatt liegt ein Bericht der Anwaltskanzlei, der 2016 von der Finma in Auftrag gegeben worden war. Darin heisse es, Lescaudrons Aktivitäten hätten Hunderte von Warnhinweisen in der Bank ausgelöst, die im untersuchten Zeitraum von 2009 bis 2015 nicht vollständig überprüft worden seien.
Man liess den Spitzenverdiener gewähren
Rund ein Dutzend Führungskräfte der CS hätten gewusst, dass Lescaudron wiederholt gegen Vorschriften verstossen habe. Sie hätten aber ein Auge zudgedrück, weil der Star-Banker rund 25 Millionen Dollar pro Jahr an Einnahmen hereinholte. Laut dem Bericht waren Lescaudrons «Missachtung interner Weisungen und Richtlinien, die unzureichende Sicherung von Kundendokumenten sowie nicht autorisierte Abrechnungen von Kundentransaktionen der Bank seit Juni 2011 bekannt.»
Ein CS-Sprecher sagte, die Prüfung habe «keine Fakten ergeben, die die Strafanzeigen gegen die Credit Suisse stützen würden.» Unter den betrogenen Kunden ist der vormalige georgische Präsident Bidzina Ivanishwili, der von der CS Wiedergutmachung fordert.
Lescaudron verbüsstee eine zweijährige Untersuchungshaft und wurde 2019 entlassen. Er hat sich im vergangenen Jahr umgebracht.