Patrice Lescaudron, der im Sold der Credit Suisse vor allem osteuropäische Kundschaft betreute, und in einen Betrugsskandal mit Oligarchen verwickelt war, hat wenige Tage nach seinem 57. Geburtstag Suizid begangen.

Bereits im vergangenen Mai postete Patrice Lescaudron auf einem LinkedIn-Profil Signale, die man als Abschied deuten konnte, wie finews.ch damals feststellte. Der Franzose beklagte einerseits, dass er keine Arbeit mehr finde, trotz zahlreicher Bewerbungen, und dass andererseits seine Aufenthaltsgenehmigung in der Schweiz nicht verlängert werde, obschon er seit 2004 mehr als sieben Millionen Franken an Steuern den Behörden bezahlt habe. «Mein Dasein hier ist damit nutzlos», schrieb er weiter und folgerte daraus: «Ich werde sicherlich Linkedin verlassen und wahrscheinlich auch Schweiz.»

Vergangenen Juli hat sich Lescaudron das Leben genommen, wie die «Handelszeitung» am Donnerstag berichtete. Sein Tod ist ein weiteres Kapitel in einer langwierigen Geschichte, bei der es um sehr viel Geld, Betrug und Wiedergutmachung geht, wie auch finews.ch verschiedentlich berichtet hat.

Hohe Kommissionen generiert

Der Franzose, der früher von Genf aus im Sold der Credit Suisse stand, galt als «Russen-Banker», der in seiner Funktion als Kundenberater für seine Arbeitgeberin hohe Kommissionen generierte. Unter anderem mit dem früheren georgischen Premierminister und Oligarchen Bidzina Ivanishvili.

Allerdings geriet der Franzose in Verdacht, Kundengelder in die eigene Tasche abgezweigt zu haben. Dabei ging es um dreistellige Millionenbeträge. Dies war denn auch der Grund dafür, dass sich die CS von ihrem Mitarbeiter trennte. Der Franzose wurde in der Folge von einem Genfer Gericht wegen gewerbsmässigem Betrugs, schwerer Untreue, Misswirtschaft und Fälschung von Wertpapieren zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Zu wenig überwacht?

In die grossen Schlagzeilen geriet Lescaudron aufgrund seines illustren Ex-Kunden Ivanishvili, der einen Schaden von mehr als 550 Millionen Dollar geltend machte. Der Oligarch spielt dabei zwar auf den Mann, meint aber die CS. Er und weitere geschädigte Ex-Kunden des Franzosen wollten der Schweizer Grossbank die Schuld in der Affäre nachweisen. Sie argumentierten, das Geldhaus haben den Angestellten zu wenig überwacht.

Tatsächlich konstatierte auch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) Schwachstellen in der Verwaltungsorganisation und im Risikomanagement der Bank. So sei die Geschäftsbeziehung zwischen CS-Berater Lescaudron und seinen politisch exponierten Oligarchen von der Bank «zu spät als solche erfasst und entsprechend behandelt» worden. Die CS stellte sich auf den Standpunkt, von Lescaudron arglistig getäuscht worden zu sein.

Neue Front in Singapur

Der für die Bank blamable Enforcement-Bericht der Finma soll nun auch in eine Strafuntersuchung des Genfer Staatsanwalts Yves Bertossa gegen die CS einfliessen, wie Recherchen der «Handelszeitung» zeigen.

Mit Lescaudrons Tod ist die ganze Angelegenheit mitnichten zu Ende. Die betrogenen Kunden gehen inzwischen weltweit gegen die Credit Suisse vor, wie finews.ch unlängst exklusiv berichtete. In Singapur holten sie dabei einen wichtigen Etappensieg.

Entscheid für die Familie

Das dortige Berufungsgericht war sich zunächst uneins. Am Ende entschied jedoch die Mehrheit des Gremiums gegen den Credit Suisse Trust – und für die Familie des Oligarchen Ivanishvili. Damit ist die Frage geklärt, ob Singapur der geeignete Gerichtsstand ist, um eine Zivilklage des schwerreichen Ex-Premierministers von Georgien gegen die Trust-Tochter des Bankhauses Credit Suisse (CS) einzureichen.

Dies ging aus Gerichtsdokumenten hervor, die finews.ch vorliegen.