Nach 30 Jahren ist Schluss: Ralph Hamers, der künftige CEO der UBS, betrachtet in einem Abschiedsinterview sein Schaffen bei ING, sinniert über Kleiderordnung, Geldwäscherei und Turnschuhe.
Der Finanzjournalist der niederländischen Zeitung «De Telegraaf» jubiliert: Er ist der einzige, dem Ralph Hamers zu seinem Abschied bei der Grossbank ING ein Interview gewährt. Doch der Journalist weiss aus langjähriger Erfahrung: Hamers ist eine harte Nuss, bleibt reserviert, lässt sich nicht aus der Reserve locken. Der Journalist schreibt: «Hamers bleibt auch dann zivilisiert, wenn das ganze Land Schlamm nach ihm wirft.»
Die Idee, bestimmte Gegenstände zum Interview mitzubringen, um das Eis zu brechen, lässt er darum fallen. Eine Waschmittelpackung, um über den schmerzhaften Geldwäschereifall zu sprechen, sei wohl nicht die beste Idee. Das gilt auch für die Stapel von Banknoten von Monopoly-Geld, die der Journalist mitnehmen wollte, um mit Hamers über seine gescheiterte Gehaltsverdoppelung zu sprechen. Er lässt sie zu Hause.
«Wir wissen jetzt etwas mehr über Ralph Hamers»
Zum Interview erscheint der Journalist dann mit einem Sparschwein und mit roten Turnschuhen. Es sei gut gelaufen, lautete das Fazit nach dem Gespräch mit dem 53-Jährigen: «Wir wissen jetzt etwas mehr über die Person Ralph Hamers.»
Hier sind 10 Auszüge aus dem Interview:
1. Zu seinem ersten Handy und den Anfängen des Mobile Banking
«Wahrscheinlich war es ein Nokia, irgendwann in den 1990-er Jahren. Als dann der Blackberry kam, konnte man erkennen: Damit kann man mehr machen. Es war jedoch das iPad, das die Menschen zum Mobile Banking brachte.»
2. Zu seinem Kleidungsstil
«Die Menschen sollten sich in ihrer Kleidung wohl fühlen.» Die Banken hätten sich nach der Finanzkrise auch bezüglich des Kleidungsstils etwas geöffnet.
3. Zu seiner Liebe zu Turnschuhen
«Ich erinnere mich, dass ich an meinem ersten Investorentag orangefarbene Turnschuhe getragen habe. Ein Jahr später bekam ich ein Paar orangefarbene Stan Smith von Adidas, die auch die Mitarbeiter trugen. Ich habe sie immer noch. Ich habe aber auch orangefarbene Nikes. Ich trage gerne Turnschuhe.»
4. Zu den Negativzinsen
«Ich hätte nie erwartet, dass sie jemals so tief sinken. Das untergräbt das Sparverhalten. Menschen haben, auch wenn sie anfangen mehr zu sparen, aufgrund der niedrigen Zinsen das Gefühl, in Zukunft weniger übrig zu haben.»
5. Zu seinem Jugendhobby DJ
«Ab meinem elften Lebensjahr hatte ich meinen ersten Job und verdiente etwas Geld mit dem Verteilen von Flugblättern. Mit dem Ersparten habe ich Singles gekauft, weil ich mich ein bisschen als DJ versuchte. Das Gute an einem Sparschwein ist, dass Sie sehen, was Sie bekommen und was es kostet, etwas zu kaufen.»
6. Zu seinem Gehalt (Hamers wurde eine Verdoppelung seines Gehalts bei ING auf über 3 Millionen Euro verwehrt):
«Ich hätte es lieber nicht erlebt. Aber niemand lernt laufen, indem er nicht fällt.» Die Frage laute: «Wie viele Sandwiches kannst du auf einmal essen? Ich verstehe diese Diskussion. Aber es gibt auch andere Facetten. Wie bestimmen die Märkte den Wert von Talenten?»
7. Zum Geldwäschereifall (ING bezahlte 2018 775 Millionen Euro Bussgeld)
«Sowas willst du nicht erleben. Wenn man ein grosses Unternehmen führt, tauchen Dinge auf, die schon eine Weile andauern und von denen man nichts wusste. Das kam mir in den Weg. Manager berichteten unzureichend darüber, was nicht gut lief. Sie eskalierten es nicht.»
8. Zu seinem neuen Job als CEO der UBS
«Es ist eine völlig neue Herausforderung, einfach weil es eine völlig andere Bank ist. Es wäre mir schwer gefallen, eine neue Funktion bei einer Bank anzunehmen, die ING ähnelt.»
9. Zu anderen Angeboten – von Google, Amazon, Facebook
«Das wäre möglich gewesen. Ich habe das nicht gezielt gesucht. Man wird regelmässig angesprochen. Wenn mich ein Technologie-Unternehmen gebeten hätte, einen Finanzbereich aufzubauen, hätte ich immer das Gefühl gehabt, im Fahrwasser von ING zu sein.»
10. Zu seiner Vorbereitung für die Schweiz
«Asterix und die Helvetier (der Journalist hat das Comicbuch mitgebracht). Das habe ich auch zu Hause. Ich habe sie alle.»