Der Machtkampf an der Spitze der Credit Suisse ist vorerst entschieden: CEO Tidjane Thiam tritt zurück und Urs Rohner bleibt Verwaltungsratspräsident. Die Nachfolge von Thiam ist bestimmt.
Der Machtkampf an der Spitze der Credit Suisse (CS) endet mit dem Rücktritt von CEO Tidjane Thiam. Urs Rohner bleibt Verwaltungsratspräsident, wie die Bank am Freitag mitteilte. Die Nachfolge von Thiam ist bestimmt: Es ist Thomas Gottstein, bisheriger Chef der CS Schweiz.
Thiams Rücktritt soll die Unruhe um die Bank, deren Ruf durch den Beschattungsskandal Schaden genommen hat, beenden, wie aus der Mitteilung hervorgeht. Darin heisst es, Thiam bedauere das Vorgefallene «und es hätte nie passieren dürfen».
Thiam darf noch Jahresergebnis präsentieren
Er wird noch die Jahresresultate der CS kommende Woche präsentieren und dann zurücktreten.
Rohner wird voraussichtlich an der Generalversammlung 2021 seine Amtszeit als Verwaltungsratspräsident beenden. Er habe den Verwaltungsrat in dieser turbulenten Zeit in anerkennenswerter Weise geführt, wird Vize-Präsident Severin Schwan zitiert. Der Verwaltungsrat spreche Rohner weiterhin sein volles Vertrauen aus, «und erwartet, dass dieser sein Amt bis April 2021 ausübt».
André Helfenstein wird Gottsteins Posten als Schweiz-Chef übernehmen. Er war bisher für institutionelle Kunden in der Schweiz verantwortlich.
«Zweifellos der CS geschadet»
Mit Thiams Rücktritt versucht die CS, einen Strich unter die Beschattungsaffäre um ihren früheren Wealth-Management-Chef Iqbal Khan und auch Ex-Personalchef Peter Goerke zu ziehen. Der CEO soll von den Bespitzelungen nichts gewusst haben. Stattdessen ist seiner rechten Hand, COO Pierre-Olivier Bouée, im vergangenen Dezember fristlos gekündigt worden.
In der Mitteilung wiederholt Thiam, er habe keinerlei Kenntnisse von der Beschattung gehabt. «Zweifellos hat dies der Credit Suisse geschadet und zu Verunsicherung und Leid geführt.»
Ausführliches Lob
Die CS bemüht sich sichtlich, Thiams Rücktritt als vernünftigen und in Übereinkunft mit dem Verwaltungsrat beschlossenen Schritt darzustellen. Der CEO, der die CS seit 2015 geführt hat, wird in der Mitteilung für seine Leistungen durch Rohner ausführlich gelobt. Thiam habe der CS einen enormen Beitrag geleistet, so der Verwaltungsratspräsident.
Thiam wiederum wird zitiert, er sei mit dem Verwaltungsrat übereingekommen, die Bank zu verlassen. Er danke allen Mitarbeitenden der CS herzlich für ihre Unterstützung.
Ein Rücktritt war unerlässlich
Die schönfärberische Mitteilung der CS versucht darüber hinweg zu täuschen, dass nicht erst seit den letzten Monaten und dem Bekanntwerden der Beschattungen ein eigentlicher Machtkampf zwischen Thiam und Rohner tobte.
Die Beziehung zwischen CEO und Verwaltungsratspräsident war seit geraumer Zeit gestört, nachdem Thiam einen deutlich höheren Restrukturierungsbedarf der CS feststellen musste, als er dies vor seinem Amtsantritt erwartet hatte. Die Beschattungsaffäre kratzte zudem erheblich an der Glaubwürdigkeit Thiams.
Rückhalt der Aktionäre
Doch der franko-ivorische Topmanager, er war vom britischen Versicherer Prudential zur CS gestossen, genoss den Rückhalt im Aktionariat. Namentlich der US-Investment-Manager Harris Associates, eine Tochter des französischen Asset Managers Natixis, sprach sich immer wieder für Thiam aus. David Herro, der Deputy Chairman von Harris Associates, verstieg sich zuletzt gar zu Drohungen gegen Rohner. Sollte der CS-Präsident CEO Thiam absetzen, werde er für dessen Entfernung sorgen.
Der 60-jährige frühere Wirtschaftsanwalt, der seit dem Jahr 2011 die CS präsidiert, zog seinen Kopf noch einmal aus der Schlinge und sicherte sich nun die vorläufige Unterstützung seines Verwaltungsrates. Bedingung scheint dabei zu sein, dass Rohner, wie einst vorgesehen, an der Generalversammlung in einem Jahr sein Amt an einen noch unbestimmten Nachfolger übergibt.
Beliebter Gottstein
Der CS-Verwaltungsrat geht mit diesem Schritt und der Ablösung Thiams durch Gottstein das Risiko eines grösseren Konfliktes mit einem nicht unbedeutenden Teil des CS-Aktionariats ein. Neben Harris Associates hatten sich weitere Aktionäre für den Verbleib von Thiam ausgesprochen.
Mit Gottstein übernimmt nun ein Manager die Geschicke bei der CS, der innerhalb der Bank über grossen Rückhalt verfügt. Als Chef der CS Schweiz geniesst der frühere Investmentbanker einen sehr soliden Ruf, seit es ihm gelungen ist, die Profitabilität der Einheit erheblich zu steigern.