Das heisst, Sie konzentrieren sich vor allem auf die sogenannten UHNWI, Unternehmerfamilien, Family Offices?

Im Unterschied zu den Grossbanken machen wir diese Art von Kundensegmentierung Affluent, HNWI, UHNWI usw. nicht.

Warum nicht?

Bei uns stehen die Bedürfnisse des Kunden im Vordergrund und wie wir seine potenziellen Probleme lösen können, welche sein Vermögen betreffen. Da spielt es keine Rolle, ob der Kunde 1, 10 oder 100 Millionen Franken hat. Ein Schwerpunkt bei unseren Kunden liegt neben den Unternehmerfamilien und den sogenannten Key Clients auf der Schifffahrt, das hat eine lange Tradition. Berenberg hatte früher eigene Handelsschiffe auf den Weltmeeren. Wir betreuen hier die Reeder und ihre Familien in Vermögensfragen, Berenberg in Hamburg deckt die kommerzielle Seite ab.

Mit ihrem Fokus auf Unternehmerkunden und -familien stehen sie in direkter Konkurrenz zu den Grossbanken hier in Zürich. UBS und Credit Suisse verfolgen diese Strategie auch und sehen sich im Vorteil, weil sie alles aus einer Hand anbieten können: Wealth Management, Kapitalmarkt- und Finanzierungsgeschäfte etc.

Ich frage mich, ob dieser Ansatz wirklich immer im Interesse des Kunden ist und nicht eher den Interessen der Bank folgt, möglichst viele Produkte aus den verschiedenen Bereichen zu verkaufen. Unsere Nische ist: Wir sind praktisch frei von jeglichen Interessenkonflikten, wir führen nur Produkte, die auf Kundenwunsch entstanden sind.

«Ihre Funktion als Leuchttürme sehe ich in dieser Rolle»

Ich bin überzeugt, dass dieser Ansatz erfolgreich sein wird. Auch vor dem Hintergrund, diese Unternehmerpersönlichkeiten als Hauptaktionäre der Bank zu haben.

Es ist im Schweizer Private-Banking-Markt sehr schwierig geworden zu wachsen. Werden ihre neuen Hauptaktionäre auch als Leuchttürme dienen, die Kunden anziehen sollen?

Dadurch dass die Herren Pieper und Keller als langjährige Verwaltungsräte nun Mitbesitzer der Bank geworden sind, unterstreichen sie, dass sie den Ansatz und die Entwicklung der Bank unterstützen. Ihre Funktion als Leuchttürme, wenn Sie so wollen, sehe ich in dieser Rolle. Die Attraktion von Berenberg Schweiz hat und wird weiterhin ihr ganzheitlicher Beratungsansatz ausmachen.

Nach Besitzerwechseln folgt oftmals eine Umstrukturierung oder ein Sparprogramm. Was sind nun die nächsten Schritte bei Bergos Berenberg?

Wir haben ja nicht neue Besitzer erhalten, weil wir ein Fall für eine Restrukturierung sind. Die nächsten Schritte bestehen darin, dass die neuen Besitzer die Mitarbeiter und die Bank genau kennenlernen wollen. Sonst läuft alles weiter wie bisher. Unsere Strategie ist langfristig ausgelegt.

Es hiess, die Bank wolle sich in der Schweiz, Deutschland und international noch besser etablieren.

Es ist vielleicht die einzige strategische Anpassung, die wir vollziehen: Mit der neuen Besitzerstruktur und dem von Schweizern dominierten Aktionariat – ich bin ja auch seit einigen Jahren Schweizer Staatsbürger – wollen wir uns nun verstärkt auf den Schweizer Markt fokussieren. Wir glauben, dass wir attraktiver für Mitarbeiter und für Kunden aus der Schweiz geworden sind.

Das heisst, sie hatten zuvor Mühe gutes Schweizer Personal zu finden?

Ja, das ist das Handicap einer Auslandsbank in der Schweiz. Für hiesiges qualifiziertes Personal ist das Risiko oft zu hoch, da bei einem im Mutterhaus beschlossenen Strategiewechsel oft eine Verkauf oder eine Schliessung droht.

Das heisst, Sie suchen nun gezielt nach Kundenberatern?

Wir gehen opportunistisch vor. Wir formulieren keine Ziele, bis Ende Jahr 25 neue Private Banker einzustellen oder um 15 Prozent zu wachsen. Wir möchten Personal, das wirklich zu uns und unserer Kultur passt. Bei der Selektion von geeigneten Kandidaten nehmen wir uns darum extrem viel Zeit.

Im Schweizer Private Banking gibt es derzeit gute Akquisitionsmöglichkeiten. Sie hätten jetzt sicherlich auch die «Firepower» für Übernahmen.

Wir werden auch in Zukunft organisch wachsen. Wir investieren nur in Mitarbeiter und möglicherweise auch Teams. Und das hat einen Grund. Berenberg hat sich seit jeher dadurch ausgezeichnet und ist auch darum erfolgreich, weil sich das Management immer im Kundengeschäft eingebracht hat. Das ist eine Bedingung. Die Folge davon ist: Wir haben keinen sogenannten «Overhead», der die Kapazitäten hätte, eine gekaufte Bank zu integrieren.


Peter Raskin ist seit dieser Woche Mitbesitzer der Bergos Berenberg Privatbank, der früheren Berenberg Bank (Schweiz). Er ist seit 2009 CEO des Instituts und war seit April 2014 er für die gesamten Private-Banking-Aktivitäten von Berenberg verantwortlich. Der promovierte Jurist und Bankkaufmann begann seine Karriere im Jahr 2000 bei der BHF Bank (Schweiz), wo er zuletzt Mitglied der Geschäftsführung war.