Die Spekulationen um die Zukunft von UBS-Chef Sergio Ermotti könnten ein Ende nehmen. Denn er will der Grossbank womöglich gar nie den Rücken kehren, sondern Verwaltungsratspräsident Axel Weber beerben.
Sergio Ermotti hat als CEO der UBS viel erreicht: Er hat die Bank als grössten Vermögensverwalter der Welt positioniert, die Marke mit den drei Buchstaben und dem Schlüssel wieder zum Glänzen gebracht sowie die vor seiner Amtszeit verursachten Rechtsfälle abgearbeitet (und mit insgesamt über 6 Milliarden Franken teuer bezahlt). Darüber hinaus hat er das Schweizer Geschäft zum Zugpferd des Konzerns geformt und die Bank auf den Weg in eine digitale Zukunft gebracht.
Insofern wäre Ermotti mit seinen 57 Jahren im besten Alter, um nochmals einen grossen Karriereschritt zu wagen. Doch er will nicht.
Keine Pläne – ausserhalb der UBS
Jedenfalls nicht ausserhalb der UBS. Er gebe sich bei der Grossbank keinen Zeithorizont, hatte Ermotti vergangenes Jahr zu seinen Zukunftsplänen gesagt. Das tat dann aber Verwaltungsratspräsident Axel Weber.
Er wolle mit Ermotti als CEO noch bis ins Jahr 2022 weiterarbeiten. Sie seien ein «starkes Team», sagte der frühere Präsident der Deutschen Bundesbank. Weber muss gemäss UBS-Richtlinien sein Präsidentenamt dann abgeben.
Es wäre perfektes Timing
Für den CEO-Posten in einer Zeit nach Ermotti hat die UBS eine wahrlich gut bestückte Ersatzbank: Schweiz-Chef Martin Blessing, Chief Operating Officer Axel Lehmann oder Wealth-Management-Chef Jürg Zeltner. Nicht so für das Präsidium des Verwaltungsrats, da es in dem Gremium offenbar keine freiwilligen Nachfolger gibt.
Eine Ablösung Webers durch Ermotti wäre daher nicht nur denkbar, sondern vom Timing her auch perfekt. Offenbar ist diese Nachfolgeplanung auch schon weiter fortgeschritten. Das deutsche «Manager Magazin» schrieb kürzlich in einem Porträt über Schweiz-Chef Blessing (Original-Artikel bezahlpflichtig), dieser könnte den UBS-Chefposten dereinst von Ermotti erben. Denn Ermottis «Karriereplanung sehe vor, Weber 2022 als Verwaltungsratspräsident abzulösen».
Eine gute Entscheidung?
So wie es das deutsche Wirtschaftsmagazin wissen will, scheinen die Würfel bereits gefallen zu sein. Auf Anfrage von finews.ch erklärte eine UBS-Sprecherin am Montag, die Bank kommentiere die pure Spekulation einzelner Medien nicht. Gegenüber der Agentur «Bloomberg» kommentierte Ermotti allerdings am Dienstag, bezüglich des Präsidentenamts sage er «niemals nie». Er habe zudem nicht vor, vor 2022 als Chef zurückzutreten.
Ob es eine gute Entscheidung wäre, Ermotti zum Präsidenten zu küren, darüber lässt sich streiten. Seine Stärken liegen eindeutig im operativen Bereich liegen. Er hat in seiner langjährigen Karriere dabei viel Durchsetzungskraft bewiesen. Sein Managementstil ist hart, fordernd und fair.
Stillstand und Selbstgefälligkeit drohen
Doch als grosser Rhetoriker mit höchstem intellektuellem Anspruch – wie es Weber ist – hat sich Ermotti bislang nicht hervorgetan. Zudem fragt sich, ob so viel Kontinuität und Vorhersehbarkeit nicht zu viel des Guten sind für eine UBS.
Denn schon seit einiger Zeit macht die Grossbank den Eindruck, in Behäbigkeit zu verfallen. Ermotti und seine Führungscrew scheinen sich mit der neuen Realität im globalen Banking, dominiert von steigenden Regulierungskosten und sinkenden Zinserträgen, abgefunden zu haben und lassen Gegenstrategien seit geraumer Zeit vermissen.
Das gefällt den Investoren je länger je weniger, dümpelt doch der Aktienkurs der UBS schon seit geraumer Zeit nur so vor sich hin. Bleibt Ermotti bis 2022 CEO und wechselt dann ins Präsidium, könnte die Gefahr des Stillstands und der Selbstgefälligkeit regelrecht akut werden.
Positive Signale
Anderseits muss man Ermotti auch zugute halten, dass er durchaus über den Tellerrand des Bankwesens hinausschaut. Der UBS-Chef hat sich schon verschiedentlich pointiert zu wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Themen geäussert. Zudem ist es jedem Verwaltungsratspräsidenten selbst überlassen, wie er seine Rolle in der Öffentlichkeit definiert.
Webers voller Einsatz für die UBS als Kommentator von Finanz- und Bankenthemen ist für einen Präsidenten doch eher ungewöhnlich – und daran würde Ermotti zumindest in der ersten Zeit wohl auch gemessen werden. Mit ihm als Verwaltungsratspräsidenten würde die UBS indessen auch positive Signale aussenden: ein global erfahrener Banker, der erst noch Schweizer ist.
An eine Tradition anknüpfen
Ausserdem würde die UBS Kontinuität demonstrieren und eine Tradition wieder aufnehmen, die im Schweizer Banking vor der Finanzkrise noch grossmehrheitlich unangetastet blieb: Der Generaldirektor – und nach der Jahrtausendwende auch der CEO – wurde in der Regel nach einem vorab festgelegten Plan zum Verwaltungsratspräsidenten vorgeschlagen und gewählt.
Es macht durchaus Sinn, wenn die UBS an diese Tradition wieder anknüpft und Ermotti seine Karriere bei der Grossbank auch nach der Weitergabe des CEO-Postens fortsetzt.