Er begeht sein sechstes Jahr als CEO der UBS. Doch ans Aufhören denkt er bis jetzt nicht. Dennoch hat finews.ch die möglichen UBS-internen Kandidaten für die Nachfolge von Sergio Ermotti sondiert.
In diesem Jahr wird Sergio Ermotti 57 Jahre alt. Diese merkt man dem UBS-CEO nicht an. Er selber äussert auch keine Anzeichen von Ermüdung – nach bald sechs Jahren in diesem fordernden Job.
Als ihn die «Neue Zürcher Zeitung» Ende 2016 nach seinen Plänen fragte, sagte der UBS-Chef, er möge seinen Job, und er habe noch viel zu tun: «Einen Zeithorizont gebe ich mir nicht.»
Insider spekulieren bereits
Die durchschnittliche Verweildauer eines Banken-CEO liegt bei rund sieben Jahren. Insofern ist es nicht erstaunlich, dass UBS-Insider bereits über die mögliche Nachfolge Ermottis spekulieren.
Executive Searcher Guido Schilling schrieb kürzlich auf finews.first, dass bei Unternehmen, die gut unterwegs seien, eine interne Nachfolge wahrscheinlicher sei. Und die UBS selber verweist gerne auf ihre hervorragend besetzte «Ersatzbank». Unter diesen Prämissen prüfte finews.ch diese und schätzt die Chancen der möglichen Kandidaten auf eine Nachfolge Ermottis ein (Reihenfolge zufällig).
1. Tom Naratil
Der derzeitige Chef UBS Americas ist ein Urgestein der Bank und hatte bereits die verschiedensten Funktionen inne. Seine Position stärkte er durch Aufräumarbeiten innerhalb der UBS nach der Finanzkrise. Danach folgte der Ruf nach Zürich, als Finanzchef des Konzerns. Naratil und Ermotti ergänzten sich hervorragend: Hier der präzise und überlegte Amerikaner, da der eher temperamentvolle Ermotti.
Vergangenes Jahr folgte der nächste interne Karriereschritt: Naratil kehrte in die USA zurück und übernahm die Leitung des Wealth Management und des Amerika-Geschäfts von Robert «Bob» McCann. Naratil ist kein Verwalter: Sofort machte er sich an Änderungen in der Einheit, um einerseits Kosten zu sparen und andererseits die teuren Berater und ihre Kunden fester an die Bank zu binden.
Auf der Minusseite von Naratil ist der fehlende Schweizer Pass. Dieses Manko ist insofern gewichtig, da auch UBS-Verwaltungsratspräsident Axel Weber kein Schweizer ist.
finews.ch-CEO-Prognose: 40 Prozent
2. Ulrich Körner
Dass der ehemalige McKinsey-Berater und Credit-Suisse-Topmanager Ambitionen auf den CEO-Posten der UBS hat, ist ein offenes Geheimnis. Zweifellos hat der Deutsche alle fachlichen Fähigkeiten für den Job, und er dürfte für diesen auch schon mehrmals in Betracht gezogen worden sein.
Körner war bei der Credit Suisse Chief Operating Officer und Finanzchef. Während der Finanzkrise holte ihn Oswald Grübel zur UBS, wiederum als Chief Operation Officer. In seinen ersten vier Jahren tat er, was er am besten kann: Analysieren, Sparmassnahmen aufgleisen und schonungslos implementieren. Die UBS profitierte von diesem Talent und erholte sich nach der Finanzkrise schnell.
Erfolglos brachte sich Körner 2011 ins Nachfolgerennen um den Chefposten. Das Rennen machte aber Ermotti. Körner wechselte ins Asset Management, das er mit seinen Methoden auf Vordermann bringen wollte. Dass ihm dies auch nach drei Jahren nicht gelungen ist, bringt Körner nicht in die Pole-Position um Ermottis Nachfolge anzutreten. Ein weiterer Minuspunkt: Körner scheut die Öffentlichkeit und zählt nicht zum eigentlichen Establishment im Swiss Banking.
finews.ch-CEO-Prognose: 0 bis 10 Prozent
3. Axel Lehmann
Von finews.ch zum Aufsteiger des Jahre 2016 erkoren, ist Axel Lehmann wohl der Mann in der UBS-Konzernleitung, der die besten Chancen auf eine Nachfolge Ermottis hat. Mit 58 Jahren zählt er zwar eher zum Senior Management.
Fakt ist aber, dass er bei der UBS eine bereits sehr erfolgreich verlaufene Karriere neu lanciert hat. Das spricht für ihn. Der Schweizer mit Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften bringt das mit, was die Grossbank braucht. Lehmann ist ein Spezialist für Risikosteuerung und Prozessoptimierung.
Er verfügt über Auslanderfahrung und weil er auch im Assekuranzbereich gearbeitet hat, ist Lehmann weniger gefährdet, in fest gefahrenen Bahnen zu denken, als ein Karriere-Banker.
finews.ch-CEO-Prognose: 70 Prozent
4. Jürg Zeltner
Als Chef der Einheit, welche die DNA der UBS ausmacht, wäre für Jürg Zeltner der nächste logische Schritt, die Konzernleitung zu übernehmen. Nun ist bekannt, dass der Chef des Wealth Managements schon 2011 signalisiert hatte, er wolle die Nachfolge von Oswald Grübel antreten. Ihm wurde dann Ermotti vorgezogen.
Die Gefahr ist relativ hoch, dass Zeltner auch nicht Nachfolger von Ermotti wird. Keine Frage: Zeltner hat in den letzten Jahren massgeblich zum Wandel der UBS beigetragen und das Bild des global grössten Wealth Managers geprägt. Er kennt die UBS in- und auswendig und besitzt auch internationales Format.
Doch verfügt Zeltner nicht über die Hausmacht, die er als interner Nachzug brauchen würde, um sich als CEO zu etablieren. Zudem agierte Zeltner in seiner Einheit zuletzt nicht mehr so erfolgreich, als dass eine Beförderung zu rechtfertigen wäre.
Im Gegenteil: Zeltner hat letztes Jahr dazu aufgerufen, «kleinere Brötchen zu backen» und seine Ratlosigkeit kund getan, wie im Wealth Management die sinkenden Margen aufzuhalten seien. Keine guten Voraussetzungen für höhere Weihen.
finews.ch-CEO-Prognose: 20 Prozent
5. Paul Raphael
Paul Raphael, der Leiter Wealth Management für Europa und die Schwellenländer bei der UBS, verfügt über ein vielschichtiges Profil, das ihn von den meisten anderen Bankmanagern abhebt. Er war in London, Hongkong und Lateinamerika in diversen Führungsfunktionen tätig und verfügt auch über Expertise im Investmentbanking.
Bevor er 2010 zur UBS stiess, leitete Raphael für die Credit Suisse das Investmentbanking in der Region Asien-Pazifik. Der 54-jährige britisch-libanesische Doppelbürger ist auch sonst sehr vielseitig. Er beherrscht die arabische, französische und englische Sprache und spricht fliessend portugiesisch und spanisch. Innerhalb der UBS geniesst er durchaus Respekt, hat aber eher den Status eines Aussenseiters.
finews.ch-CEO-Prognose: 30 Prozent
6. Andrea Orcel
(Bild Keystone)
«Natürlich wolle er eines Tages CEO einer Bank werden», formulierte Andrea Orcel bereits im Mai 2015 gegenüber der britischen Wirtschaftszeitung «Financial Times» seine beruflichen Ambitionen. Der 53-jährige Italiener leitet seit November 2012 die Investmentbank der UBS.
Das macht er ausgesprochen gut, und gleichzeitig geniesst er ein hohes Ansehen in der Branche. Mit seinem Background als langjähriger Mitarbeiter bei Merrill Lynch und zuvor bei Goldman Sachs und der Unternehmensberatung Boston Consulting wäre der studierte Betriebswirtschafter rein fachlich durchaus prädestiniert, dereinst den CEO-Sessel bei der UBS zu besteigen.
Doch als Investmentbanker bei einem Institut, das sich das Wealth Management, also die Vermögensverwaltung für vermögende Privatpersonen, auf die Fahnen geschrieben hat, ist er möglicherweise doch nicht die richtige Wahl. Auch sprachlich dürfte er gegenüber seinen (deutschen und schweizerischen) Rivalen im eigenen Haus eher einen schweren Stand haben – und möchte der kosmopolitische Italiener mit Wohnsitz London wirklich nach Zürich umziehen?
finews.ch-CEO-Prognose: 20 Prozent
7. Martin Blessing
Der Deutsche Martin Blessing nahm im vergangenen Jahr zweifelsohne eine grosse Herausforderung an, als er die Nachfolge von Lukas Gähwiler antrat. Denn dieser hinterliess nach sechs Jahren an der Spitze der UBS Schweiz einen makellosen Laden. Und dass nun ausgerechnet ein weiterer Deutscher bei der UBS eine Top-Position einnimmt, scheint nicht ganz nach dem Gusto mancher Finanzplatz-Populisten zu sein.
Doch die hämische Pauschalkritik greift zu kurz, denn Blessing hat bewiesen, dass er einen Grosskonzern leiten kann. Ihm das ganze Übel der Commerzbank anlasten zu wollen, zeugt ebenfalls von enormer Unkenntnis, denn die verlustreichen Deals hatte noch Blessings Vorgänger eingefädelt. Kurzum, der umgängliche Norddeutsche qualifiziert sich durchaus für die Nachfolge Ermottis.
Die Frage wäre dann bloss: Wer würde dann UBS-Präsident? Axel Weber könnte es wohl nicht mehr sein. Zwei Deutsche an den beiden wichtigsten Schaltstellen der grössten Schweizer Bank wäre dann doch etwas heikel.
finews.ch-CEO-Prognose: 70 Prozent