Als eine Bank, die sich in einer digitalen Vorreiterrolle versteht, hat die Credit Suisse noch immer kein Angebot für eine mobile Bezahllösung im Retailgeschäft. Ihre Rivalin, die UBS, hat Paymit mitlanciert. Das erschwert den Entscheid für die CS ungemein.
Der Wettbewerb um die führende Schweizer Bezahl-App wurde vergangene Woche so richtig lanciert: Die Valiant und die Berner Kantonalbank entschieden sich, ihren Kunden die Kontoanbindung an Twint zu ermöglichen. Das ist die von der Postfinance entwickelte Bezahl-App.
Zur Wahl wäre auch Paymit gestanden. Diese Applikation hatte im Frühling die Börsenbetreiberin SIX in Zusammenarbeit mit der UBS und der Zürcher Kantonalbank lanciert. Der Erfolg der Paymit-App beim Publikum zog weitere Banken an Bord: Raiffeisen, die Luzerner sowie die Waadländer und die Genfer Kantonalbank.
CS könnte das Rennen vorentscheiden
Zum Paymit-Universum stiess Anfang August auch noch die Swisscom: Nachdem das Telekomunternehmen mit seiner mobilen Bezahl-App Tapit Schiffbruch erlitten hat, schloss es sich mit der SIX zusammen, um Paymit als gesamtschweizerische Standardlösung für das mobile Bezahlen zu etablieren.
Wer das Rennen macht, ist allerdings noch offen. Vorentscheiden könnte es die Credit Suisse (CS). Aber sie macht es sich nicht einfach. Seit Wochen wälzt sie das Thema vor sich her.
Prüfen, analysieren und sich schwer tun
Im Juli, als Paymit bereits im Markt war und Twint noch in der Probephase, hiess es, man analysiere die Situation. Jetzt, nachdem Twint auf dem Markt ist, sagte ein Sprecher auf Anfrage von finews.ch, die CS prüfe verschiedene Lösungen auf dem Markt, aber ein Entscheid sei noch nicht gefallen.
Für eine Bank, die sich im Private Banking in einer digitalen Vorreiterrolle sieht, mag es erstaunen, dass sie sich mit der Wahl zwischen Paymit und Twint so schwer tut. Denn im Prinzip kann die CS nur zwischen diesen zwei Lösungen wählen.
Auswahl ist nicht komplex
Jetzt noch eine dritte Bezahl-App zu lancieren, würde für die CS nur mit einer bereits im Vorfeld etablierten Allianz mit Schweizer Partnerbanken Sinn machen. Aber von einer solchen Allianz ist nichts bekannt.
Das Zuwarten der CS liegt auch nicht an der Komplexität der Aufgabe. Sowohl Paymit als auch Twint sind sehr einfache Anwendungen, die bislang noch in verschiedenen Entwicklungsstadien stecken.
Paymit hat zwar einen zeitlichen Vorsprung. Nutzer können mit der App Geld zu einem anderen Nutzer transferieren. Einkaufen und Online-Shopping sollen gemäss SIX und Swisscom auch bald möglich werden.
Unterschiedliche Strategie – gleiches Ziel
Twint-Nutzer können dies bereits jetzt – zumindest bei Coop, bei den SBB, bei Kantinen der SV Group sowie in einigen Online-Shops. Hingegen sind direkte Zahlungen unter Nutzern erst ab September möglich.
Die Rollout-Strategie der beiden Apps ist zwar unterschiedlich, das Ziel jedoch dasselbe: Die führende mobile Bezahllösung in der Schweiz zu werden.
Das Problem der Rivalität
Würde sich die CS Paymit anschliessen, wäre das Rennen gelaufen. Denn marktanteilsmässig wäre Paymit dann kaum mehr einzuholen und folglich als Standard etabliert.
Die CS hat allerdings einen guten Grund, eine andere Lösung zu suchen: Der Grund heisst UBS. Denn der grössten Bank der Schweiz ist es in den vergangenen 18 Monaten gelungen, sich als innovatives Finanzinstitut zu positionieren, das die Digitalisierung ihrer Dienstleistungen auf allen Kanälen vorantreibt.
CS: Nur ein Anhängsel?
Vergangenes Jahr ging sie unter anderem auch eine Kooperation mit Sumup ein, einer mobilen Bezahllösung für das Kleingewerbe. Und diesen März lancierte die UBS Paymit, erneut eine Lösung für den «Mann von der Strasse».
Die CS hatte dem bislang nur wenig entgegenzusetzen – und nur im Private Banking. Im Retailgeschäft dient ihre mobile Bezahllösung der Erledigung von Bankgeschäften – mehr nicht.
Nicht nur die Rivalität mit der UBS erschwert der CS die Wahl. Egal, auf welches System sie setzt – sie wäre sowohl bei Twint, wo die Postfinance den Lead hat, als auch bei Paymit nur ein Anhängsel, das sich (zu) spät entschieden hat.