Keine Ahnung vom Investmentbanking, wenig Wissen über die Schweiz und unklare Führungsprinzipien – der designierte Konzernchef der Credit Suisse Tidjane Thiam bewies bereits am Dienstag, dass er seinen Kritikern durchaus Paroli bieten kann.
1. Tidjane Thiam und das Investmentbanking
Viele Medien haben den designierten Konzernchef der Credit Suisse als Versicherungsmanager beschrieben, der keine Bankerfahrung mitbringe und daher auch dem Investmentbanking nicht gewachsen sei.
Dies greift eindeutig zu kurz, wie sich an der Medienkonferenz vom (gestrigen) Dienstag in Zürich zeigte. Dabei legte Tidjane Thiam dar, dass er doch allerhand vom Banking verstehe und im Verlauf seiner inzwischen 28-jährigen Berufskarriere doch allerhand Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt hat.
Beim internationalen Strategieberater McKinsey arbeitete er gemäss eigenen Angaben bei verschiedenen Bankprojekten mit. So habe er beispielsweise die Handelsabteilung der US-Bank J.P. Morgan reorganisiert sowie weitere Finanzhäuser an der Wall Street bei Umstrukturierungen beraten.
Weiter führe sein bisheriger Arbeitgeber, der britische Assekuranz-Konzern Prudential, einen 20 Milliarden Dollar schweren Hedgefonds in den USA – auch in dem Zusammenhang seien Kenntnisse notwendig, betonte Thiam.
Pricing-Modelle für Derivate und Optionen? Auch das ist offenbar kein Problem für den künftigen CS-Chef. Die Mathematik, die dafür angewendet werde, sei deutlich einfacher als alles, was er im Studium habe lernen müssen, erklärte Thiam, der an der Ecole Nationale Supérieure des Mines de Paris Mathematik und Physik studiert hat und offenbar als Bester seines Jahrgangs abschloss.
«Sie können mir glauben, sagte der CS-Mann in spe, es gibt wohl keinen Bereich im Investmentbanking, der für mich neu wäre oder eine besondere Herausforderung bezüglich Verständnis darstellt.»
2. Tidjane Thiam und seine Führungsprinzipien
Mehr wollten die Medien am Dienstag auch über Thiams Führungsgrundsätze wissen. Und auch darauf hatte der Manager ein paar gute Antworten auf Lager: Früher habe er leidenschaftlich Basketball gespielt, sagte der 1,93 Meter grosse Afrikaner. Aus dieser Zeit habe er sehr viel über Führung und Zusammenarbeit gelernt.
Auf dem Basketballfeld sei man zu fünft, und nur, wenn sich alle gegenseitig respektierten und motivierten, könne man einen Sieg erringen, erklärte der designierte CS-Chef in perfektem Französisch. Darum sei es wichtig, dass die Autorität von der Basis her komme und man Teams bilde. Er sein ein grosser Verfechter von gut funktionierenden Teams.
Eine weitere Aussage machte er auch im Zusammenhang mit seiner eher kurzen politische Karriere als Minister für Planung und Entwicklung in seiner Heimat, der Elfenbeinküste. Nach einem Staatsstreich stellte ihn die Regierung unter Hausarrest, bis er 1999 fluchtartig das Land verliess. Daraus folgerte er: «Arbeite nie für eine schlechte Regierung.» Eine Erkenntnis, die er später auch auf seine Berufskarriere respektive auf seine Arbeitgeber übertrug.
Aufschluss über seinen Führungsstil liefert unter anderem auch eine frühere Würdigung seines Noch-Arbeitgebers Prudential aus dem Jahr 2012. So heisst es in einem Geschäftsbericht, Thiam sei eine äussert standhafte Persönlichkeit, mit einem unerschütterlichen Glauben an das Gute im Menschen. Und er sei immer und überall zu Diensten bereit.
3. Tidjane Thiam und die Schweiz
Natürlich war am (gestrigen) Dienstag auch davon die Rede, dass Tidjane Thiam gar keine Ahnung von der Schweiz habe und hier – wie ein amerikanischer Journalist an der Medienkonferenz in Zürich insinuierte – mit einem fremdenfeindlichen Klima konfrontiert sein werde.
Doch auch darauf wusste der künftige CS-Chef zu kontern und erklärte voller Überzeugung, dass er grossen Respekt vor diesem Land habe. Ihm sei die Schweiz auf Grund seiner Beratertätigkeit für verschiedene Schweizer Firmen sehr wohl bekannt, und er habe nie den Eindruck gewonnen, er sei hier unerwünscht. Thiam erwähnte auch, dass er persönlich schon lange ein Kunde der Credit Suisse sei.
Tatsächlich bewies Thiam am Dienstag in seinen Äusserungen durchaus ein solides Geschichtsverständnis. Er erwähnte mehrmals die Errungenschaften der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA), also der Vorgängerorganisation der heutigen Credit Suisse, und begrüsste den überraschend erschienenen CS-Ehrenpräsidenten Rainer E. Gut (Bild unten) auf Französisch mit den Worten: «Es freut mich, Sie kennenzulernen, ich habe sehr viel von Ihnen gehört.»
Thiam wies auch auf die Gemeinsamkeiten zwischen der Schweiz und der Elfenbeinküste hin und unterstrich, dass die Schweiz und deren Unternehmen die grössten Investoren in seiner Heimat seien. Alles in allem komme er mit guten Gefühlen in unser Land, sagte Thiam. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass er nun seinen Wohnsitz von London, wo er zuletzt gearbeitet hat, in die Schweiz verlegen werde.
Und als Anekdote vermerkte Thiam schliesslich, dass ihn am Dienstagmorgen der Zollbeamte am Flughafen Zürich als künftigen CS-Chef erkannt und mit den Worten «Willkommen in der Schweiz» begrüsst habe.