Unwetterkatastrophen werden für Versicherer weltweit zu einer immer grösseren Herausforderung. Für die Firma Twelve Capital aus Zürich eröffnet sich dadurch ein lukratives Geschäftsfeld.

«Helene» hatte es in sich. Der Hurrikan baute sich vor der US-Ostküste vor Yucatan auf und traf Ende September in Florida auf Land. Als Wirbelsturm der Kategorie 4, der zweithöchsten Stufe also, wies er Windgeschwindigkeiten von 225 km/h auf.

«Helene» hinterliess viele Opfer und grosse Verwüstungen. Mindestens 189 Todesopfer sind zu beklagen; besonders viele Menschen starben in North Carolina, South Carolina und Georgia. Zahlreiche Ortschaften sind von der Aussenwelt abgeschnitten, zwei Millionen Menschen haben weder Strom noch Handyempfang.

Auch in Zürich bei Twelve Capital ein Thema

«Helene» gilt als bislang heftigster Sturm des Jahres sowie als der fünfte der diesjährigen atlantischen Hurrikansaison. Er geriet auch bei Twelve Capital am Hauptsitz in Zürich auf den Radar.

Der unabhängige Investmentmanager ist spezialisiert auf Anlagen im Versicherungssektor, insbesondere auf Katastrophenanleihen, sogenannte Cat Bonds.

Diese wurden in den 1990er-Jahren als Reaktion auf grosse Naturkatastrophen entwickelt, um Versicherer gegen aussergewöhnliche Schäden abzusichern. Der eigentliche Auslöser war Hurrikan «Andrew» im Jahre 1992.

Hurrikan «Andrew» wurde für zahlreiche Versicherer zum Problem

«Andrew» fegte über Florida und Louisiana und verursachte schwere Schäden. Der Mangel an ausreichender Rückversicherungsdeckung führte damals dazu, dass fast ein Dutzend Versicherungsunternehmen in den USA Konkurs anmelden mussten und als Konsequenz davon rund eine Million Versicherungsnehmer ihren Versicherungsschutz verloren.

In der Folge entstand die Idee, Rückversicherungsrisiken auf dem Kapitalmarkt zu platzieren. Diese Verbriefungen werden heute als Insurance-Linked Securities (ILS) bezeichnet.

Der Markt wächst schnell – auch wegen dem Klimawandel

Für Investoren sind Cat Bonds aufgrund der niedrigen Korrelation zu Finanzmärkten und traditionellen Anlagen eine attraktive Portfoliobeimischung. Insbesondere das Volumen der liquiden Instrumente auf diesem Markt, der Cat Bonds, ist in den vergangenen zwanzig Jahren stetig gewachsen. Die Gesamtgrösse des Marktes wird auf ungefähr 40 Milliarden Dollar (Stand: 2023) geschätzt und wächst schnell. Dominiert wird der Markt durch Cat Bonds, die Hurrikanschäden in den USA decken.

«Es ist noch ein verhältnismässig überschaubarer Markt, aber er wächst schön», sagt Urs Ramseier, Mitgründer und CIO von Twelve Capital. Unter anderem auch, weil die Versicherungslücke, das heisst die Differenz zwischen ökonomischen und versicherten Schäden, wegen des Klimawandels immer mehr zunimmt.

Schweiz ist ein Wachstumstreiber

«In den vergangenen Jahren hat ein Prämienanstieg von 10 bis 15 Prozent stattgefunden», sagt er. Twelve Capital rechnet sich auch aufgrund seiner Marktposition – das Zürcher Institut zählt mit über 5 Milliarden Dollar Assets zu den Führenden im Bereich von Insurance-Linked Securities – gute Chancen aus. Wachstumsmärkte für neue Investoren sind vor allem die Schweiz, Deutschland, Grossbritannien, Australien und die USA.

Und die Position könnte Twelve Capital gar noch ausbauen. Ende Juli gaben das Zürcher Unternehmen und Securis Investment Partners, ein in London ansässiger Vermögensverwaltungsspezialist für ILS, ihre Fusionsabsicht bekannt. Ramseier sieht die Möglichkeit, dadurch eine noch breitere Palette von ILS-Lösungen anzubieten. Mit rund 8 Milliarden Dollar an verwaltetem Vermögen wird Twelve – Securis zu einem der weltweit führenden Anbieter. Die Transaktion bedarf noch der Genehmigung.

Attraktives Risiko-Rendite-Profil

Das primäre Risiko bei Cat Bonds ist, dass eine vordefinierte Katastrophe eintritt. Wenn dies geschieht, verlieren Investoren ihren Einsatz entweder teilweise oder vollständig, da das Kapital zur Deckung der Versicherungsschäden verwendet wird. Trotz aller in den vergangenen 20 Jahren eingetretenen Schäden konnte der Markt  in dieser Zeit eine jährliche Rendite von durchschnittlich 7 Prozent verbuchen. Im Rekordjahr 2023 bewegte sie sich gar zwischen 15 bis 20 Prozent.

Sollte es in dieser Saison zu keinen signifikanten Grossschadensereignissen mehr kommen, dürfte die langjährige Durchschnittsrendite wie auch im Vorjahr übertroffen werden. Zurzeit liegen die Schadensschätzungen für «Helene» im mittleren bis hohen einstelligen Milliarden Dollar-Bereich. Die nicht versicherten Schäden dürften allerdings deutlich höher sein.

Noch keine Cat-Bonds-Ausfälle in Sicht

Aktuell erwartet Twelve Capital jedoch keine Ausfälle bei einzelnen Cat Bonds. Bei einer Reihe von aggregierenden Anleihen könnte es jedoch zu einer Kapitalerosion kommen. Ausser den Windschäden in der Big-Bend-Region dürften die meisten Schäden unter den Selbstbehalten für benannte Stürme liegen.

Allerdings könnte dies alles schnell weggeweht werden. Mit «Milton» rollt bereits der nächste Hurrikan auf den Südosten der USA zu.