Die aufgeschobene Zinswende in den USA und die wahrscheinliche Zinssenkung in der Eurozone dürften auf den Zinspfad der SNB keinen grossen Effekt haben. Im September könnte der Leitzins hierzulade auf 1 Prozent liegen.
Als Grund für die verzögerte Zinswende in den USA nennt UBS-Ökonom Daniel Kalt die in den vergangenen Monaten doch überraschend positiven US-Konjunkturdaten. «Die Inflation ist zuletzt in den USA noch einmal angezogen.» Erst wenn es bei den Preisen wieder nach unten gehe und es auch am Arbeitsmarkt zu einer Abschwächung kommt, werde die Fed die Zinswende einläuten.
«Sehr wichtig werden die US-Inflationszahlen sein, die am Mittwoch veröffentlicht werden», sagte er bei der Vorstellung des «UBS Outlook Schweiz». Wenn die Daten in die erwartete Richtung gehen, könnten die Zinsen in den USA zum ersten Mal im September sinken.
Der Abwärtstrend der Inflation in der Eurozone verlaufe weniger erratisch und hier rechnen die Volkswirte der Grossbank mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer ersten Zinssenkung im Juni.
Schweizer Wirtschaft derzeit zweigeteilt
Insgesamt habe sich die Weltwirtschaft trotz dert weiter bestehenden Unsicherheiten stabilisiert. Dabei verweist er auf die Geopolitik, Handelsbeschränkunngen, den Trend zum De-Risking, kriegsbedingte Sanktionen, die hybride Kriegsführung oder den schwankenden Ölpreis.
Die Lage der Schweizer Wirtschaft sei derzeit zweigeteilt, betonte Florian Germanier. Die Industrie leide vor allem durch die schwache Nachfrage aus dem europäischen Ausland. Hier liege die Stimmung in der Unternehmensbefragung unter dem Wertz von 50 Punkten, was eher auf rezessive Tendenzen hinweise.
Im Dienstleistungssektor ist die Stimmung demgegenüber deutlich robuster. Hier liege der Stimmungsindikator über 50 Punkten, was auf Wachstum hindeute. In der Schweiz sei die Konsumstimmung solide, ebenso wie der Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote sei zwar zuletzt saisonbereinigt leicht angestiegen, liege aber immer noch auf sehr tiefem Niveau.
Keine Befeuerung der Inflation
Die UBS rechnet für 2024 mit einem BIP-Wachstum in der Schweiz von 1,3 Prozent und einer Inflation von 1,2 Prozent. Dabei würde vor allem der Rückgang der Energiepreise und eine Stabilisierung der Lebensmittelpreise eine Rolle spielen. Die geringen Zweitrundeneffekte und die verhaltenen Lohnsteigerungen hätten auch bei den übrigen Dienstleistungen nur zu geringen Preissteigerungen geführt. Die Mieten seien jedoch durch den höheren Referenzzins gestiegen. «Insgesamt rechnen wir nicht mit einer Befeuerung der Inflation.»
Vor diesem Hintergrund schätzt Kalt das aktuelle Zinsniveau von 1,5 Prozent als leicht restriktiv ein. Die Prognose erwartet zwei Senkungen durch die SNB um je 25 Basispunkte im Juni und September, gefolgt von einer längeren stabilen Phase. Bei 1,0 Prozent sieht er dann auch den neutralen Bereich.
Der letzte Schritt im September sei aber noch etwas unsicher und hänge mit Blick auf den Frankenkurs auch mit den Entwicklungen in der Eurozone und den USA zusammen. Mit einer hartnäckigeren Inflation könnte sich dieser Termin nach hinten verschieben.
Langfristig Frankenaufwertung erwartet
Beim Frankenkurs würden kurzfristig die Zinsen eine Rolle spielen und die gedämpften Wachstumsaussichten in der Eurozone. Längerfristig dürften jedoch wie in der Vergangenheit die Inflationsdifferenzen entscheidend sein. «Wenn es weitergeht wie bisher, rechnen wir in den nächsten Jahren mit einer weiteren Frankenaufwertung.»
In der diesjährigen Unternehmensumfrage der UBS ging es vor allem um das Thema Resilienz und wie Unternehmen ihr Risikoumfeld einschätzen. Das habe bei den befragten Schweizer Firmen für rund 80 Prozent einen hohen oder sehr hohen Stellenwert.
Dabei sehen sich rund 90 Prozent für geringe Verwerfungen gut gerüstet. Auf die Frage, ob grosse Verwerfungen die Firma gefährden könnten, sagte rund die Hälfte, was dies zutreffe oder eher zutreffe.
Cyberattacken ganz oben auf der Liste
Bei den Risiken, die von den Unternehmen mit einem grossen oder mittelgrossem Schadenspotenzial gesehen werden, stehen Cyberattacken ganz oben auf der Liste. Rund 13 Prozent gaben an, dass sie in den vergangenen drei Jahren solche Attacken erlebt hätten und 30 Prozent rechnen damit, dass das in Zukunft passieren wird. Bei grösseren Unternehmen spielt das Thema eine stärkere Rolle als bei mittleren oder kleinen.
Aber auch Pandemie, Arbeitskräftemangel oder Energieknappheit werden als Risiken mit grösseren Auswirkungen gesehen.
Eher tiefer rangieren unter den Sorgen Lieferkettenstörungen, Zins- und Wechselkursschocks, Umweltvorschriften oder-einflüsse sowie er Einfluss neuer Technologien.
Qualifizierte Mitarbeitende stärken Abwehrkräfte
«Qualifizierte Mitarbeitende werden von den Unternehmen als zentral gesehen, wenn es um Resilienz geht», sagt UBS-Ökonom Alessandro Bee. Auf die Cyberrisiken reagieren die Firmen mit Investitionen in IT und die Schulung der Mitarbeitenden. Dazu kommen Massnahem zum Energiesparen, Diversifikation bei den Zulieferern, Insourcing oder On- und Nearshoring.
«Nebst diesen spezifischen Massnahmen halten die befragten Firmen die Unternehmenskultur entscheidend für ihre Resilienz», sagt Bee weiter. «Qualifizierte Mitarbeitende sowie eine starke Führung verbunden mit einer offenen Diskussionskultur stärken die Abwehrkräfte».