Haben es Frauen heute einfacher, an ein Verwaltungsratsmandat zu gelangen, seit die Geschlechtervielfalt unter dem Begriff «Diversity» auch in der Firmenwelt immer stärker eingefordert wird? Daniela Stehli, Inhaberin der Fachschule für Bankwirtschaft, hat im Interview mit finews.tv eine überraschende Antwort auf diese Frage. Sie hält auch einen guten Rat an alle Unternehmen bereit, die ihr Aufsichtsgremium erneuern wollen.
Viele Kaderleute liebäugeln ab einem gewissen Alter mit einem Verwaltungsratsmandat. Doch oft müssen sie feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, einen solchen Job zu kriegen. Für Daniela Stehli sind es zunächst einmal drei Komponenten, die als Voraussetzung gelten, um an einen solchen Posten zu gelangen: inhaltliche Kompetenz, also dass man idealerweise schon einmal in der (Finanz-)Branche gearbeitet hat, zeitliche Verfügbarkeit sowie strategische Methodenkompetenz.
«Als Verwaltungsrat oder Verwaltungsrätin ist man für sämtliche Geschäfte verantwortlich. Man kann also nichts delegieren», betont die Inhaberin und Geschäftsführerin der Fachschule für Bankwirtschaft (FSB) im Interview mit finews.tv. In den verschiedenen Ausschüssen sei es dann aber so, dass Fachkompetenz gefragt sei.
Interessenkonflikte als grösstes Risiko
Als grösstes Risiko in einem solchen Job bezeichnet Stehli allfällige Interessenkonflikte, sowohl inhaltlicher als finanzieller Art. Ausserdem dürfte man nie vergessen, dass die zeitliche Verfügbarkeit stets vorhanden sein müssen, «also nicht nur für den Best Case», unterstreicht Stehli.
Haben es Frauen heute einfacher, an ein Verwaltungsratsmandat zu gelangen, seit die Geschlechtervielfalt unter dem Begriff «Diversity» auch in der Unternehmenswelt immer stärker eingefordert wird? «Das Thema Diversity ist sicher sehr wichtig», sagt Stehli, aber nicht nur, indem man sie auf Mann und Frau herunterbreche. «Es geht um Themenvielfalt. Früher standen vor allem die Bereiche Risk und Audit im Zentrum», erklärt die Ausbildnerin. Heute sei die Palette viel breiter und umfasse auch Themen wie IT, Cyber, ESG oder Digitalisierung.
«Geht ein bisschen graben»
«Die Breite dieser Themen benötigt heute andere Verwaltungsrats-Profile. Darum ist es wichtig, dass auch jüngere Menschen in Verwaltungsräte kommen oder solche mit einem anderen Hintergrund. Diversity ist keine Geschlechterfrage», betont Stehli. Sie ist auch überzeugt, dass die Schweiz trotz ihrer Kleinräumigkeit genügend gute Leute hat, die befähigt sind, solche Mandate zu übernehmen.
«Ich sehe das in meinem Beruf. Es sind oft Leute auf der zweiten oder dritten Führungsstufe. Den Gremien, die auf der Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten sind, sage ich immer: Geht ein bisschen graben, es gibt enorm viel Potenzial auch in den unteren Chargen.»
Ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein
Stehli ist auch überzeugt, dass es der Schweiz und vor allem auch dem Finanzplatz gut tun würde, wenn wieder vermehrt Leute mit Bankfachwissen und einem ausgeprägten Verantwortungsbewusstsein an diese Jobs gelangten.
finews-TV auf Youtube
finews.ch bietet im eigenen Youtube Web-TV-Kanal regelmässig Beiträge und Interviews mit Persönlichkeiten aus der Schweizer Finanzbranche.
Abonnieren Sie jetzt finews-TV, damit Sie automatisch über neue Beiträge informiert werden.