Der Nachholbedarf zur Modernisierung von Infrastrukturen ist riesig. Gleichzeitig werden die Forderungen nach einer sicheren und klimaneutralen Wirtschaft immer lauter. Blackrock hat sich deshalb eine neue Anlagestrategie verordnet.
Dass die privaten Märkte bei der Energiewende eine tragende Rolle spielen, wird gerade am Beispiel von Blackrock deutlich. Der weltgrösste Vermögensverwalter hat sich gemäss einer Mitteilung selber eine neue Strategie verordnet, um verstärkt in langfristige strukturelle Trends im Infrastrukturbereich zu investieren.
Gegenwärtig besteht beim Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft eine grosse Investitionslücke, die gemäss Experten zu etwa zwei Dritteln durch private Investoren geschlossen werden kann. Für diesen Umbau müssen nach Schätzungen bis im Jahr 2050 weltweit insgesamt 125 Billionen Dollar eingesammelt werden.
Erster in der Warteschlange
Bei der neuen Infrastrukturstrategie legt das amerikanische Investmenthaus den regionalen Schwerpunkt zu Beginn auf Europa. Dort wird über die Hälfte der Mittel eingesetzt werden, wodurch vor allem die Energiewende beschleunigt und die Energieversorgung sicherer gemacht werden sollen.
Nach Einschätzung von Blackrock eröffnet der globale Wandel zu einer grünen Wirtschaft viele attraktive Anlagemöglichkeiten, etwa in den Bereichen digitale und kommunale Infrastruktur, nachhaltige Mobilität und Kreislaufwirtschaft.
Auf dem Radar von Blackrock sind dabei vor allem vollständig integrierte Unternehmen wie Versorgungsunternehmen und Anbieter von End-to-End-Infrastrukturen für erneuerbare Energien. Angepeilt werden darüber hinaus unter anderem Investitionen in Datenzentren, Netzdigitalisierungstechnologien und Batteriespeichersysteme. Nach Ansicht der Chefin von Blackrock Schweiz, Mirjam Staub-Bisang, eignen sich Infrastrukturanlagen wegen ihrer Laufzeit besonders für langfristig orientierte Anleger wie etwa Schweizer Pensionskassen.
Ukraine-Krieg gefährdet Energiesicherheit
Neben der Finanzierung der Energiewende haben die Sorgen um Energiesicherheit in den vergangenen Monaten wegen des Ukraine-Kriegs besonders in Europa markant zugenommen. Bei Blackrock geht man davon aus, dass der Ausstieg aus russischem Öl und Gas den Übergang zur Klimaneutralität in Europa langfristig zwar beschleunigt. Allerdings dürften nicht alle Länder das erhöhte Tempo mitgehen können, weshalb die Entwicklung weltweit noch stärker auseinander drifte.
Schwierig könnte es gemäss Staub-Bisang in Europa für Länder wie Deutschland und Italien werden, die noch immer stark von russischen Gaslieferungen abhängen. Die USA seien hingegen dank anderen und ihren eigenen Energiequellen schon jetzt weitgehend autark und könnten sich deshalb bereits gut auf die Transition ihrer Wirtschaftsstrukturen einstellen.
Finanzschwache Staaten
Blackrock ist das jüngste Beispiel dafür, dass die Anleger die Infrastrukturmärkte stärker ins Blickfeld nehmen. Diese weltweite Renaissance ist auch darauf zurückzuführen, dass Staaten teilweise über Jahrzehnte ihre Infrastrukturen vernachlässigt hatten. So schätzte der Gobal Infrastructure Hub schon 2017 die weltweit notwendigen Investitionen in die Infrastruktur bis im Jahr 2040 auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Laut Marktbeobachtern sind besonders Staaten, die klamm bei Kasse sind, für eine modernisierte und sichere Versorgung mit Energie, Strom, Wasser, Transportwegen und Telekommunikation auf private Investoren angewiesen.
Gemäss einer Analyse der Credit Suisse dürfte sich vor dem Hintergrund der Energiewende der Anteil der erneuerbaren Energien in der Stromproduktion bis 2050 von 28 Prozent auf über 90 Prozent erhöhen. Hinzu kommt, dass Wind- und Photovoltaik in der Produktion schon heute deutlich günstiger sei als die Stromerzeugung mit Kohle oder Atomkraft.
Regulierte Märkte – stabile Renditen
Wegen der kapitalintensiven Anlagen sind die Anfangsinvestitionen meist hoch, wogegen die Betriebskosten eher tief liegen. Zudem bewegen sich Infrastrukturunternehmen oft in monopolähnlichen Märkten mit hohen Einstiegsbarrieren, was sich auf die Preisfestlegung niederschlägt. So werden etwa im Strombereich sowohl die Einspeisevergütungen der öffentlichen Hand wie auch die Stromverkäufe an private Abnehmer meist langfristig vereinbart.
Diese Situation führt gemäss Marktkennern dazu, dass Firmen im Infrastruktursektor grundsätzlich von langfristigen Verträgen sowie einer vorhersehbaren Nachfrage profitieren und dadurch stabile, wachsende Einnahmen und Dividenden erwirtschaften können.