Die Deutsche-Bank-Fondstochter DWS trägt das Thema Nachhaltigkeit wie ein Banner vor sich her. Eine Personalie und interne Dokumente lassen nun jedoch Risse im «grünen» Vorzeige-Bild entstehen.
Anspruch und Wirklichkeit sind so eine Sache. Dabei entscheidet oft das Mass, das angelegt wird, ob eine Hürde zu überwinden ist oder nicht. Doch was passiert, wenn man gar kein Messinstrument zur Verfügung hat? Dann eröffnet sich viel Spielraum für Interpretation.
Es bleibt auch immer noch die Lösung, selbst zu definieren, ob man Ziele erreicht hat oder nicht. Bei der Fondstochter der Deutschen Bank DWS ist genau darüber derzeit eine kleine mediale Schlacht entbrannt.
Geschöntes Bild?
Anlass bietet die ehemalige Nachhaltigkeits-Chefin Desirée Fixler. Die bereits im März 2021 nach Ende der sechsmonatigen Probezeit entlassene ESG-Chefin (Environment, Social, Governance) wirft der DWS nun vor, bei der Umsetzung der Nachhaltigkeits-Strategie ein geschöntes Bild zu zeichnen.
Gegenüber dem «Wall Street Journal» (Artikel bezahlpflichtig) sagte sie, dass sie entlassen wurde, weil sie sich kritisch über die ESG-Strategie geäussert habe. In einer Präsentation vor der Geschäftsführung habe sie die Unzulänglichkeiten bei der Integration von Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren angesprochen.
Ziemlich spät dran
Untermauert werden Ihre Aussagen in dem Artikel durch interne Dokumente und E-Mails, die auch der «Süddeutschen Zeitung» vorliegen. Der Ansatz der ESG-Integration bei der DWS sei je nach Produkt und Region «fragmentiert», man habe «keine klare Ambition oder Strategie», und es fehle an Regelwerken, heisst es dort.
«Da wir schon ziemlich spät dran sind, müssen wir jetzt unsere Ambitionen festlegen und den Transformationsprozess beginnen», wird aus einer E-Mail des Leiters des Bereichs Nachhaltigkeitsprodukte zitiert.
Nachhaltigkeit Kern des Handelns
Anders das Bild, dass DWS-Chef Asoka Wöhrmann (Bild oben) gerne und oft vermittelt. Er hatte nach der Entlassung von Fixler auch gleich die übergeordnete Verantwortung für ESG übernommen. Man werde «Nachhaltigkeit zum Kern des Handelns der DWS machen», hatte er bei mehreren Gelegenheiten betont und sieht die Fondsgesellschaft dabei vor der Konkurrenz.
Der Ansatz zur Integration von Nachhaltigkeitsaspekten sei in der Branche einzigartig und gehe weit über bisherige Branchenstandards hinaus.
Zu langsame Fortschritte
So heisst es im DWS Geschäftsbericht, dass per Ende 2020 rund 459 Milliarden Euro von gesamt 793 Milliarden Euro in Portfolien mit «ESG Integrationsansatz» verwaltet würden. In den in den Zeitungen zitierten Dokumenten klingt das anders. «Nur ein kleiner Teil der Investmentplattform wendet die ESG-Integration an», heisst es von Seiten der ESG-Produktchefs. Und für wichtige Anlageklassen sei die ESG-Integration überhaupt nicht messbar.
Bei der Entlassung von Fixler hatte DWS übrigens laut «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) die zu langsamen Fortschritte bei der Umsetzung der ESG-Strategie als Grund angeführt.
Vorwurf Greenwashing
Auch gegen den Vorwurf des Greenwashing, wehrt sich DWS. «Die im Wall Street Journal und anderen Medien erhobenen Anschuldigungen sind gründlich und umfassend von unabhängiger Stelle untersucht worden.
Der daraus resultierende Bericht bestätige, dass keine der Anschuldigungen Substanz habe, insbesondere in Bezug auf Greenwashing», zitiert «Institutional Money», aus einer Stellungnahme der Fondsgesellschaft.
Anhaltendes Glaubwürdigkeitsproblem
Bleibt nur zu hoffen, dass die Vereinigungen der Banken, Fondsgesellschaften und Vermögensverwalter bald Fortschritte dabei machen zu definieren was ESG und nachhaltiges Investieren wirklich ist. Sonst droht durch die fehlende Taxonomie, also die Festlegung verbindlicher Klassifizierungen und Standards, ein anhaltendes Glaubwürdigkeitsproblem.