Nach einer hässlichen Kontroverse um die Kontrolle von Millionengeldern hat das Kryptoprojekt Tezos die Lehren gezogen und Governance-Strukturen aufgebaut. finews.ch hat mit Tezos-Stiftungspräsident Ryan Jesperson über die Fortschritte gesprochen.

Die Tezos-Stiftung hat kürzlich mit Ulrich Sauter einen bekannten Anwalt als General Counsel eingestellt, einen Finanzchef ernannt und auch ihre Satzung aktualisiert, um die Aufsicht zu verbessern.

Das Tezos-Projekt hat das ehrgeizige Ziel, Fehler und Ineffizienzen im Bitcoin- und Ethereum-Netzwerk zu beheben. Dies, indem die Sicherheit des Netzwerkes nun von den Besitzern der Kryptowährung gewährleistet werden soll – der sogenannte «proof-of-stake process». Tezos ist als System konzipiert, das sich laufend selbst verbessert. Die Token-Besitzer stimmen jeweils über die Veränderungen im Netzwerkprotokoll ab.

Ryan Jesperson zog im Februar 2018 aus den USA nach Zug, um das Präsidium der Tezos-Stiftung zu übernehmen. Er musste zunächst einen Scherbenhaufen zusammenkehren. Nun hat er sich bereit gezeigt, gegenüber finews.ch über die Ziele von Tezos zu sprechen.


Ryan Jesperson, was will die Tezos-Stiftung in diesem Jahr erreichen?

Wir arbeiten kontinuierlich an der Verbesserung von Prozessen, Verfahren und Governance. Wir befinden uns noch in einem relativ frühen Stadium dieser Blockchain-Reise. Also wollen wir sicherstellen, dass wir die richtigen Grundlagen schaffen. Wir glauben, dass Tezos als Beispiel dienen kann und sollte, wie Krypto-Stiftungen in Bezug auf Governance funktionieren sollten und wie sie ihre Entwickler befähigen können, das Netzwerk auszubauen und zu fördern.

Die Stiftung ist weiterhin von Sammelklagen in den USA betroffen.

Wir kommentieren keine Sachverhalte rechtlicher Natur. Ich bin zuversichtlich und optimistisch für die Zukunft des Tezos-Protokolls. Es lassen sich immer mehr Teams und Projekte beobachten, die Lösungen auf der Grundlage von Tezos aufbauen. Das zeigt, dass der Markt auch für die Zukunft von Tezos insgesamt optimistisch ist.

Was wird auf der Tezos-Blockchain gebaut?

Elevated Returns (eine US-Firma, die Vermögenswerte digitalisiert) plant, über 1 Milliarde Dollar an Immobilien auf der Tezos-Blockchain zu tokenisieren. Andere wollen verschiedene Finanzinstrumente wie Immobilien, Derivate, Fonds und auch Projekte rund um Mikroversicherungen und Kredite tokenisieren. Sie wollen auf einer Plattform aufbauen, von der sie wissen, dass sie stabil ist.

Coinbase, ein anderer Krypto-Verwahrer, will ebenfalls da Token-Inhaber zum proof-of-stake process bewegen.

Bei Tezos kann jeder Token-Inhaber dazu beitragen, das Netzwerk zu sichern. Dafür erhält er im Gegenzug vom Protokoll Belohnungen. Dieses Recht ist auch delegierbar.

«Sie müssen darauf vertrauen können»

Coinbase bietet diesen Service nun auch für Institutionen an und hat zudem angekündigt, weitere Abstimmungsfunktionen hinzuzufügen. Werden dereinst Blockchain-Netzwerke von Grossunternehmen, Institutionen oder Regierungen eingeführt, müssen diese darauf vertrauen können, dass die Netzwerke unter genauen Governance-Vorgaben verwaltet werden.

Wie läuft der Prozess von Tezos?

Derzeit führen erstmals einen Abstimmungsprozess durch. 82 Prozent der Token-Halter im Netzwerk haben in diesem Prozess abgestimmt. Ich denke, die Teilnehmer sehen darin eine bessere Governance-Lösung, um über die Zukunft eines Protokolls zu entscheiden, dies zum Beispiel im Vergleich zu Ethereum.

Welche Rolle spielt dabei die Stiftung?

Die Stiftung hat den Auftrag, mit ihren Mitteln das Tezos-Netzwerk zu unterstützen. Wie andere Stiftungen auch wollen wir Rechenschaft über unsere Tätigkeiten ablegen. Wir wollen ähnliche Prozesse und Kontrollen wie andere Institutionen anwenden, die mit bedeutende Vermögenswerte verwalten umgehen. Und genau das ist es, was wir tun werden.

«Die Stiftung ist sehr gut ausgestattet, um den Finanzbedarf langfristig zu decken»

Aber diese Dinge brauchen Zeit. Wir sind die einzige grosse Blockchain-Stiftung, die einen Auditor der Big-Four-Prüfgesellschaften ernannt hat. Die Tezos-Gemeinschaft muss Kenntnis davon haben, dass die Stiftung über die Mittel verfügt und dass diese in einer verantwortungsvollen und angemessenen Weise verwendet werden.

A propos finanzielle Mittel: Seit dem Tezos-ICO im Jahr 2017 sitzt die Stiftung auf Bitcoin und Ether im Wert von mehreren hundert Millionen Franken. Wie läuft die Diversifizierung dieser Assets?

Sie schreitet voran. Das geschieht nicht über Nacht. Aber die Stiftung ist sehr gut ausgestattet, um einen langfristigen Finanzbedarf abzudecken. Ich würde sagen, in den nächsten drei bis vier Jahren werden wir diese Vermögenswerte diversifiziert haben.


Ryan Jesperson ist Präsident der Tezos Foundation, der Stiftung, welche das gleichnamige Kryptowährungsprojekt leitet. Der 38-jährige Amerikaner arbeitete im Immobilien- und Gesundheitsbereich, bevor er 2017 in die Fintech-Industrie eintrat.