Laut Auslandsbanken-Vertreter Franco Morra sind die hiesigen Institute bereit für den Austausch von Kundendaten mit dem Ausland. Doch wie sieht es im Gegenzug aus?
Was noch vor wenigen Jahren des Teufels war, wird heute als Chance für den Schweizer Finanzplatz gesehen – der automatische Informationsaustausch (AIA). Der Datenaustausch werde die Reputation der Banken stärken und somit den ganzen Finanzplatz, sagte Franco Morra (Bild), Präsident des Verbands der Auslandsbanken in der Schweiz, an einer Medienkonferenz am Dienstag.
Morras Position ist pikant: Er ist nämlich gleichzeitig Chef der HSBC Privatbank in Genf – jener Bank also, die im Zuge der Swissleaks-Affäre den Schweizer Finanzplatz erneut in die Schlagzeilen brachte. Der Fall HSBC zeigte damit erneut, auf welch verminten Gelände sich die Schweiz in Steuerfragen immer noch bewegt.
Banken als IT-Meister?
Indes können hiesige Banken bereits einigen Erfolg bei den Vorarbeiten zur neuen Ära des AIA vorweisen. Die Banken seien technologisch heute fähig, jede Art von Steuerreport zu übermitteln, brüstete sich Claude-Alain Margelisch, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg), an der Veranstaltung. Und Morra schob nach: «Die Schweizer Banken sind diesbezüglich IT-Meister.»
Ab Herbst 2017, beziehungsweise für die Schweiz ein Jahr später, soll es dann soweit sein. Dann fliessen mit den automatischen Informationsaustausch erstmals Daten über Bankkonten von ausländischen Kunden in der Schweiz zu den Steuerämtern von 51 Staaten – und umgekehrt.
Dabei möchte man möglichst viele Daten austauschen, sagte Grace Perez-Navarro, Vizedirektorin des OECD-Zentrums für Steuern und Administration. Neben persönlichen Daten sollen dabei auch Kontoauszüge übermittelt werden (Bild unten). Je mehr Daten den ausländischen Steuerbehörden übermittelt werden, desto besser können potenzielle Steuersünder identifiziert und folglich gebüsst werden, lautet das Rezept der OECD.
«Kunden wollen steuertransparent sein»
Und die Schweiz, das machten Morra und Margelisch klar, wird Wohl oder Übel mitspielen. Hierzulande brächten ausländische Kunden die notwendigen Dokumente für eine Kontoeröffnung automatisch mit, so Morra. Die Kunden wollen heutzutage steuertransparent sein. Margelisch pflichtete ihm bei: «Die Mentalität bei den Kunden hat sich geändert.»
Ein grosses Fragezeichen bleibt indes, was die Schweizer Behörden im Gegenzug für die Lieferungen von ihren ausländischen Kollegen erhalten. Wie es nämlich aussieht, müssen gewisse EU-Staaten noch einiges leisten, was das Datensammeln angeht. In Grossbritannien nämlich genüge eine Heizrechnung, um ein Konto zu eröffnen, warf der gebürtige Brite James Nason als Moderator in die Paneldiskussion ein.
Wenn die Schweiz die Schleuse schliesst
In der Tat seien die EU-Staaten bezüglich der Datenerhebungs-Standards noch unterschiedlich weit – auch was die technologische Implementierung des AIA bei den Behörden betreffe, räumte Perez-Navarro ein. «Die OECD leiste in solchen Fällen technischen Support.»
Neben der Qualität der Daten spielt aber auch der Umgang mit diesen Daten eine zentrale Rolle. «Niemand will einer Behörde Daten übermitteln, die es mit den Datenschutzrichtlinien nicht so ernst nimmt», sagte Fabrice Filliez, Schweizer Botschafter für multilaterale Steuerfragen.
Sollte ein Staat die Datenschutzrichtlinien dennoch verletzen oder die Daten nicht in der geforderten Qualität liefern, könne die Schweiz die Kooperation beenden, versicherte Filliez.