Der Vermögensverwalter Tareno wächst durch Übernahmen. Im Interview mit finews.ch sagt CEO Josef Bollag, wie er sich im Asset Management behaupten will.


 Herr Bollag, Sie bezeichnen Tareno als «grossen Zwerg» im Schweizer Private Banking. Was meinen Sie damit?

Im Vergleich zu Privatbanken sind wir ein Zwerg. Aber unter den unabhängigen Vermögensverwaltern gehören wir mit rund 2 Milliarden Franken Kundengeldern zu den grössten in der Schweiz.

Ihre Basis ist Basel. Auf dem viel grösseren Finanzplatz Zürich haben sie seit zwei Jahren einen Standort. Man würde meinen, Zürich sei ein gesättigter Markt für unabhängige Vermögensverwalter.

In der Gesamtschau mag das stimmen. Aber zurzeit werden die Vermögen umverteilt, es läuft eine Konsolidierung, in der die Grösse einer der bestimmenden Faktoren ist. Als relativ bedeutender Vermögensverwalter bringen wir eine Schwungkraft mit, die wir ausnutzen möchten.

Sie akquirieren andere unabhängige Vermögensverwaltungen, welche die kritische Grösse nicht haben, um den neuen regulatorischen Anforderungen zu genügen?

Das ist richtig, allerdings kaufen wir keine Assets oder ganze Unternehmungen. Wir integrieren.

Wie funktioniert das?

Vereinfacht gesagt: Der Vermögensverwalter kommt mit seinen Kunden zu uns und wird Angestellter oder möglicherweise auch Partner von Tareno.


 «Diese Lösung stösst auf positive Resonanz»


Wo sind da die Risiken?

Es ist klar, dass wir hier vorsichtig agieren. Wichtig ist, dass die «Chemie» mit dem neuen Mitarbeiter stimmt. Solche Lösungen sind aus der Optik des Kunden positiv, denn er kann seine langjährige Beziehung mit dem Vermögensverwalter und seiner Depotbank aufrechterhalten. Das ist eine Lösung, die in der Branche auf positive Resonanz stösst.

«Integrieren» Sie auch Kundenberater von Banken?

Auch das ist vorgekommen und wird auch weiterhin zu unserer Strategie gehören. Jedoch ist der Prozess in der Regel etwas heikler. Wir wollen nicht unsere guten Beziehungen zu den Banken überstrapazieren, die unsere Custodians sind. Wir setzen uns keinem Druck aus, den Standort Zürich möglichst rasch aufzubauen. In einer Expansionsphase ist es wichtiger, keine Fehler zu machen als schnell zu wachsen.

Sie betreiben auch Asset Management und führen einen Wasser-Fonds.

Ich war immer der Meinung, dass Asset Management eine Kernkompetenz des Private Banking sein sollte. Früher hat man diese Unterscheidung nicht gemacht. Wir decken nur die Produktseite des Asset Managements ab, wo wir Expertise haben.

Warum nur die Produkt- und nicht die Kundenseite?

Die Bedürfnisse von institutionellen Kunden und deren Betreuung unterscheidet sich wesentlich vom Privatkundengeschäft. Ein Beispiel: Um ein Mandat eines Grosskunden zu gewinnen, müssten wir allein schon für die Erstellung einer wettbewerbsfähigen Verkaufsdokumentation Ressourcen aufwenden, die uns dann woanders fehlen.

Für einen grossen Asset Manager sind solche «Beauty Contests» im Verhältnis weniger aufwendig. Wir fokussieren uns auf die Fonds-Seite, dort können wir kreativ und konkurrenzfähig sein.


«Wir müssen bei Neukunden mehr überzeugen»


 Ihr Wasser-Fonds gehört im Rating von «Citywire» zu den besten. Ist Performance das schlagende Kriterium, um konkurrenzfähig zu sein?

Einen guten Track-Record aufzubauen, war für uns das erste und wichtigste Ziel. Das zweite: Die Marke von 100 Millionen Franken Fondsvolumen zu erreichen. Bleibt man mit einem Produkt unter dieser Marke, kommt man nicht auf den Radar der Institutionellen. Sie investieren meistens nicht weniger als 10 Millionen Franken und sie wollen nie über 10 Prozent der Anteile kontrollieren.

Mit der Marke Tareno gegen BlackRock oder nur schon Pictet anzutreten, muss dennoch schwierig sein.

Das Branding spielt tatsächlich eine wichtige Rolle. Wir müssen bei Neukunden viel mehr Überzeugungsarbeit leisten als ein grosser Anbieter. Der Madoff-Fall hat vieles erschwert...

... Madoff?

Ja. Die Investoren kontrollieren seit Madoff akribisch genau, wer die Custodian-Bank, wer der Administrator und wer der Auditor ist – was absolut berechtigt ist. Wer hier nicht mit Triple-A-Namen aufwartet, hat keine Chance mehr. Es ist eine conditio sine qua non. Madoff hatte keine Triple-A-Namen. Die Investoren liessen sich von der Performance blenden.

Ihr Fondsvolumen liegt nach sechs Jahren etwas über 100 Millionen Euro. Zufrieden?

Wir haben langsam begonnen, in den Vertrieb zu investieren. Es ist das klassische Dilemma des kleinen Anbieters. Ohne starken Vertrieb und Verkaufsmannschaft ist es sehr schwierig, auf ein für Institutionelle relevantes Fondsvolumen zu kommen. Aber ohne Volumen fehlen auch die Mittel, in eine Mannschaft zu investieren. Wir gehen Schritt für Schritt vor und wägen jede weitere Investition auf Grund des Erfolgs ab.


 «Erfolgrezepte zu kopieren, macht keinen Sinn»


Der Schweizer Finanzplatz soll zum Asset-Management-Hub aufgebaut werden. Ist das realistisch?

Die amerikanischen Anbieter haben den Vorteil, dass sie einen riesigen Heimmarkt haben, wodurch sie mit ihren Produkten rasch auf ein kritisches Verkaufsvolumen kommen. Aber sie machen auch vieles wirklich gut: Sie sind hervorragend in der Entwicklung neuer Produkte, sie sind stark in der Distribution und sie sind brillante Verkäufer. Da sind sie den Europäern – und vor allem den Schweizern – um Längen voraus.

Wie können Schweizer Anbieter dagegen halten?

Es macht keinen Sinn, dass die Schweiz amerikanische Erfolgsrezepte einfach kopiert. Unsere Mentalität ist anders, das zeigt sich auch an den Misserfolgen im Investmentbanking. Die Qualitäten, die für das Schweizer Private Banking stehen, können auch im Asset Management angewendet werden: Das Angebot eines umfassenden und qualitativ hochstehenden Services, der Aufbau einer nachhaltigen Vertrauensbasis, Integrität, Beharrlichkeit und technisches Know-how.


«Das schafft unfaire Verhältnisse»


Wie kann unser Finanzplatz wettbewerbsfähiger werden?

Es ist enorm wichtig, dass unsere Politiker unter dem MiFID II-Schirm den Export unserer Finanzdienstleistungen ermöglichen. Es ist vergleichsweise schwierig, im Onshore-Geschäft Geld zu verdienen. In anderen Industrien ist es auch der Normalfall, dass man nicht in jedem Markt eine Produktionsstätte hat, um ihn zu bedienen.

Die Schweiz ist benachteiligt?

Die Reziprozität sollte hergestellt werden, sonst bleibt die Schweiz gegenüber der ausländischen Konkurrenz tatsächlich benachteiligt. Die bestehenden Beschränkungen in der EU haben vordergründig den Anlegerschutz zum Ziel, das hat auch seine Berechtigung. Aber es schwingt auch sehr viel Protektionismus mit, was unfaire Verhältnisse schafft.


Tareno ist ein unabhängiger Vermögensverwalter mit Hauptsitz in Basel. Gegründet wurde das Unternehmen von mehreren Partnern im Jahr 2000. Es ist als lizenzierter Effektenhändler direkt der Finma unterstellt. Mit dem Tareno Waterfund hat der Vermögensverwalter ein Standbein im Asset Management. Chef von Tareno ist Josef Bollag, der bei der damaligen Schweizerischen Kreditanstalt tätig war, bevor er sich selbständig machte.