Markus Ronner: «Grösse allein stellt noch kein Risiko dar»
Gestritten wird um maximal 25 Milliarden Franken zusätzliches Eigenkapital, weniger als 2 Prozent der UBS-Bilanzsumme. Das scheint doch ein verkraftbarer Betrag zu sein, weshalb wehren Sie sich dagegen?
Die UBS ist bereits heute eine der bestkapitalisierten Banken weltweit. Sie muss zudem aufgrund der CS-Übernahme bereits 17 bis 19 Milliarden Dollar mehr Kapital halten, da sie Kapitallücken der CS ausmerzen musste und den progressiven TBTF-Kapitalzuschlag einhalten muss, der sich aus den bestehenden Vorschriften ergibt.
Kämen nun zusätzlich nochmals 25 Milliarden dazu, sprächen wir von über 40 Milliarden mehr Kapital. Eigenkapital ist verhältnismässig teuer. Man kann mit etwa 10 Prozent Kosten rechnen, also 1 Milliarde Franken jährliche Zusatzkosten pro 10 Milliarden Franken Kapital.
«Eigenkapital ist verhältnismässig teuer.»
Wie würde die Bank darauf reagieren?
Ein wesentlicher Teil dieser Kosten müsste auf die Preise für Dienstleistungen und Produkte, inklusive Kredite, überwälzt werden, damit die UBS eine vernünftige Profitabilität und somit ihre Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität halten könnte. Das hätte also auch einen Einfluss auf den Schweizer Markt beziehungsweise auf die Konditionen für Unternehmen und Haushalte.
Wir sind klar der Meinung, dass Extremmassnahmen genau das Gegenteil des beabsichtigten Ziels bewirken würden. Konkret würde man die Wettbewerbsfähigkeit und damit auch die Widerstandsfähigkeit einer Bank schwächen.
Exponenten, die solche Extremforderungen stellen, berücksichtigen diese fundamental wichtigen Aspekte nicht. Wer für die Maximalvariante eine wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Betrachtung macht, wird schnell und klar davon abkommen.
Die UBS samt der Bankenlobby bemüht im Kampf gegen höhere Eigenkapitalanforderungen oft das Argument, der Schweizer Finanzplatz müsse international wettbewerbsfähig bleiben. Würden 25 Milliarden mehr Eigenkapital die Wettbewerbsfähigkeit der UBS tatsächlich gefährden? Und lohnt es sich für die Schweizer Volkswirtschaft, deshalb auf mehr Sicherheit zu verzichten?
Die erwähnte Extremforderung des vollen Abzugs würde zu insgesamt über 40 Milliarden Franken zusätzlichem Kapital aus der CS-Akquisition führen. Die UBS müsste ungefähr 17 bis 19 Prozent hartes Eigenkapital halten. Das sind rund 50 Prozent mehr als aufgrund der geltenden Schweizer Vorschriften und ebenso viel mehr im Vergleich mit den Anforderungen der internationalen Konkurrenten.
Niemand kann ernsthaft argumentieren, dass damit die Wettbewerbsfähigkeit nicht massiv geschwächt und die Weiterführung unserer Strategie und des nachhaltig profitablen Geschäftsmodells nicht infrage gestellt würde. Die UBS würde als Konsequenz auch an Attraktivität bei Investoren und Kunden einbüssen. Kosten bedeuten eine deutliche Einbusse bei den zu erwartenden Gewinnen.
Somit würde die UBS am Kapitalmarkt massiv an Attraktivität verlieren, mit Folgen auch für die Finanzstabilität. Die Aktionäre bilden die erste Verteidigungslinie in einer Krise.
Ist denn mehr Kapital gar nicht der entscheidende Punkt bei der Revision der TBTF-Regeln?
Bei der ganzen Diskussion über die Sicherheit tritt leider der effektive Grund der CS-Krise in den Hintergrund. Mehr Kapital hätte das Ende der CS verzögert, aber nicht verhindert. Ein nicht nachhaltiges Geschäftsmodell und Misswirtschaft kann man mit Kapital nicht kompensieren.
Die Diskussion sollte deshalb viel mehr auf nachhaltige Geschäftsmodelle, bessere Governance sowie Verbesserungen in der Früherkennung und – falls eine Bank untätig bleibt – der gezielten und effektiven Intervention durch die Behörden fokussieren.
Ich bin zudem überzeugt, dass ein massiver Überschuss an Kapital, wie er durch die Extremforderung erzeugt würde, eine falsche Sicherheit suggerieren und möglicherweise sogar die Bankorgane und auch die Behörden dazu verleiten würde, eine konsequente rechtzeitige Intervention zu verpassen.
«Die Diskussion sollte viel mehr auf nachhaltige Geschäftsmodelle fokussieren.»
Wie wichtig ist in einer Krise die Qualität des Eigenkapitals, also die Form, in der es gehalten wird, und die Verfügbarkeit? Welche diesbezüglichen Lehren ziehen Sie aus den Erfahrungen der letzten 20 Jahre?
Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht und das Financial Stability Board, beide übrigens beheimatet in Basel, haben die Lehren aus den verschiedenen Krisen gezogen. Mit der Einführung von Basel III und den TBTF-Anforderungen im Nachgang zur Finanzkrise wurden sowohl die Qualität als auch die Quantität des Kapitals substanziell verbessert.
Die Schweiz hat dabei eine Vorreiterrolle eingenommen, indem sie die globalen Kapitalstandards noch mit einem Swiss Finish versehen hat. Leider wurden diese Anforderungen bei der CS nicht konsequent umgesetzt, weshalb aus meiner Sicht auch eine falsche Wahrnehmung der Qualität der Schweizer Kapitalstandards entstanden ist.
Was hat die UBS besser gemacht?
Die UBS hat unter der Führung von Sergio Ermotti bereits im Jahr 2012 nicht nur die Strategie angepasst und das Risikoprofil massiv reduziert, sondern auch die Kapital- und Liquiditätsstärke als zentrale Pfeiler der UBS definiert.
Die UBS geniesst deshalb hohes Vertrauen im Markt, was sich unter anderem auch bei den tiefen Prämien für mögliche Ausfallrisiken reflektiert. Dank dieser starken Position unterstützten uns auch der Markt und Behörden weltweit darin, die Notübernahme der CS zu meistern.
Markus Ronner ist seit 2018 Group Chief Compliance and Governance Officer der UBS. Er kennt die Grossbank und die mit ihrer Geschäftstätigkeit verbundenen vielfältigen Risiken so gut wie wohl kein anderer. Er ist seit mehr als 40 Jahren für die UBS tätig. 2001 wurde er Head Group Internal Audit, wechselte 2007 als COO ins Asset Management und war ab 2009 in Führungspositionen im Wealth Management tätig. Von 2011 bis 2013 leitete er das konzernweite Programm, das sich mit der Umsetzung der TBTF-Gesetzgebung in der Bank befasste. Von 2012 bis 2018 war Ronner Head Group Regulatory and Governance.
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