Die Bankiervereinigung befasst sich mit der Geopolitik und den Grundsäulen des Schweizer Erfolgsmodells. Sie übt sachte Kritik am Vollzug der Sanktionen und fordert eine verteidigungsfähige Armee.

Angesichts der Studie, welche die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) am Donnerstagvormittag publiziert hatte, kam es nicht überraschend, dass sich Präsident Marcel Rohner am sehr gut besuchten Bankiertag in Genf (der sinnigerweise im Maison de la Paix stattfand) ebenfalls der Thematik der Auswirkungen der Geopolitik auf den Schweizer Bankenplatz widmete.

«Die Prosperität des Finanzplatzes ist eng verbunden mit der Aussen- und Wirtschaftspolitik der Schweiz und ihrer Position in der Völkergemeinschaft», hielt Rohner in seinem Referat fest. Auch im vergangenen Jahrhundert habe zeitweise grosse Unsicherheit geherrscht. Damals sei das Vertrauen, insbesondere der ausländischen Kundschaft, in die Sicherheit, Stabilität und Verlässlichkeit der Schweiz ebenfalls ein zentraler Erfolgsfaktor für den Finanzplatz gewesen.

Geopolitik rüttelt an den Voraussetzungen fürs Bankgeschäft

Rohner widmete sich in seiner Rede Gebieten, die auf den ersten Blick mit dem Kerngeschäft der Banken wenig zu tun haben: Neutralität, Versorgungssicherheit, der Verteidigungsfähigkeit unseres Land (die er als klar ungenügend taxierte) und der Welthandelsordnung. Die Faktoren sind aber entscheidend für die wirtschaftliche und politische Stabilität, eine Grundvoraussetzung für eine prosperierende Schweiz.

Die Schweiz müsse kritische Abhängigkeiten in den Bereichen Energie, Handel und Sicherheit soweit als möglich minimieren und sich damit maximalen politischen Spielraum verschaffen. Nur wer sein Land und seine Bevölkerung aus eigener Kraft schützen könne, werde von anderen Staaten als glaubwürdig neutral wahrgenommen, gab Rohner ein Beispiel.

Abhängigkeiten minimieren oder diversifizieren

Rohner plädierte zudem für den Abschluss bilateraler Freihandelsverträge. Sie seien das effektivste Mittel, um freien Zugang zu den Märkten zu erhalten, dauerhafte Partnerschaften aufzubauen und die Abhängigkeiten zu diversifizieren.

Bereits im Jahr 2023 habe die SBVg einen systematischen und berechenbaren Umgang mit Sanktionen gefordert, erinnerte Rohner und kam damit auf eine Problematik zu sprechen, die auch in der Finanzbranche für Unmut sorgt. Seine etwas auslegungsbedürftige Forderung: «Die Schweiz muss sich in dieser Thematik proaktiver positionieren, um einen völlig passiven autonomen Nachvollzug teilweise problematischer und widersprüchlicher Massnahmen zu vermeiden.»

«Kein völlig passiver autonomer Nachvollzug von Sanktionen»

Rohner kam aber auch auf die nationale Ebene zu sprechen und erinnerte an die Bedeutung der institutionellen Wesensmerkmale der Schweiz. Der Föderalismus, die Konkordanz und die direkte demokratische Mitbestimmung bildeten die Grundlage für die hohe Standortattraktivität und den wirtschaftlichen Erfolg der Schweiz, dank dem sich der Sozialstaat erst finanzieren lasse.

Auch für den Schutz des Eigentums brach Rohner eine Lanze. Er kritisierte entsprechende Volksinitiativen (Erbschaftssteuer) und tadelte den Vollzug der Sanktionen. Werde Vermögen aufgrund von Sanktionen ohne Gerichtsverfahren und ohne Anwendung von ordentlichem Recht beschlagnahmt, stelle dies die Eigentumsgarantie in Frage.

Keine Zweifel am Schutz des Privateigentums 

 «Es ist nicht nur für den Finanz- und Bankenplatz matchentscheidend, dass auch künftig bezüglich der Stellung und des Schutzes des Privateigentums in unserem Land keinerlei Zweifel aufkommen», so Rohner.

Rohner behandelte auch Regulierungsfragen und den Fall Credit Suisse (CS). Daraus seien Lehren zu ziehen, und die SBVg unterstütze die Umsetzung entsprechender Massnahmen, aber es gelte, nicht zu überborden und eine unverhältnismässige Regulierungswelle in Gang zu setzen.

Durch das rasche Eingreifen der Behörden bei der CS-Krise habe nicht nur der Finanzplatz innert kürzester Zeit stabilisiert werden können. Auch international habe man damit viel Goodwill geschaffen – eine Interpretation des SBVg-Präsidenten, die wohl nicht nur Anhänger findet.