Allison Howell: «Weshalb Gossip Firmen besser macht»
Wo traditionelle Kommunikation innerhalb von Organisationen versagt, kann ein überraschender Retter helfen: Gossip, schreibt Allison Howell, Vice President of Market Innovation bei Hogan Assessments, in ihrem Beitrag für finews.first.
In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.
Gossip am Arbeitsplatz war lange Zeit bei Firmen nicht gerne gesehen. Es wurde teilweise gar als Bedrohung angesehen. Untersuchungen weisen jedoch auf das Gegenteil hin.
Da Unternehmen in einem immer komplexeren Geschäftsumfeld mit Kommunikationsengpässen zu kämpfen haben, entdecken zukunftsorientierte Führungskräfte, dass gut geführte Gossip-Netzwerke am Arbeitsplatz durchaus ein Vorteil sind, um Klarheit und Zusammenhalt in der Organisation zu wahren.
«Traditionelle Unternehmenskommunikation verläuft oft zu langsam.»
Wenn offizielle Kanäle versagen, wird der Gossip am Arbeitsplatz zu einem unverzichtbaren Kommunikationsmittel. Aktuelle Studien zeigen, dass Unternehmen mit gesunden informellen Netzwerken nachweislich schneller auf Veränderungen reagieren und potenzielle Probleme erkennen können, bevor sie zu Krisen eskalieren.
Traditionelle Unternehmenskommunikation verläuft oft zu langsam und lässt dabei auch noch wichtige Zusammenhänge ausser Acht, die Mitarbeitern helfen würden, Entscheidungen zu verstehen.
Hier kommt der Gossip ins Spiel, der schnelle und effiziente Informationswege schafft, die den Arbeitsfluss aufrechterhalten, wenn offizielle Systeme versagen. Die Echtzeit-Feedbackschleife informeller Gespräche kann Führungskräften wertvolle Einblicke in die Gesundheit des Unternehmens geben.
Durch Gossip erfahren Manager von Problemen, Anliegen der Mitarbeiter und sogar möglichen Lösungen. So können sie Probleme schnell angehen, bevor sie zu Krisen eskalieren.
«Gerüchte verbreiten sich schneller als jede interne Mitteilung.»
In Zeiten des Wandels oder in Krisen benötigen Mitarbeiter mehr denn je Informationen, und Gerüchte verbreiten sich schneller als jede interne Mitteilung. Während formelle Prozesse noch das Problem bewerten und klären, arbeiten informelle Netzwerke bereits an Lösungen.
Offizielle Mitteilungen können vage oder realitätsfern sein. Wenn eine neue Richtlinie eingeführt oder strategische Änderungen angekündigt werden, sind offizielle Mitteilungen in der Regel bereinigt, voller Fachjargon und enthalten nur wenige praktische Details.
«Wenn Firmen versuchen, den Informationsfluss zu kontrollieren, erzielen sie das Gegenteil.»
Hier erweisen sich Gerüchte am Arbeitsplatz als unschätzbar wertvoll. Durch Gerüchte können Teams ein gemeinsames Verständnis entwickeln und feststellen, wie sich Veränderungen auf ihre Arbeit auswirken. Diese praktische Interpretation hilft, die Lücke zwischen offizieller Richtlinie und täglicher Realität zu schließen.
Bei einer effektiven Kommunikation am Arbeitsplatz geht es nicht darum, jede Nachricht zu kontrollieren. Es geht darum, eine Umgebung zu schaffen, in der Informationen auf natürliche und produktive Weise fliessen. Wenn Organisationen versuchen, den Informationsfluss zu kontrollieren, erzielen sie oft das Gegenteil.
Moderner Gossip am Arbeitsplatz ist nicht auf physische Räume beschränkt. Digitale Kanäle schaffen neue Netzwerke für informelle Kommunikation, die sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringen.
Informationen fliessen schneller und erreichen sofort grössere Netzwerke, sodass Remote- und Hybrid-Teams über informelle Kanäle in Verbindung bleiben können. Das bedeutet jedoch, dass ein Gespräch, das früher beim Mittagessen unter drei Personen blieb, kann heute in wenigen Stunden durchs ganze Büro gehen.
«Klare Grenzen tragen dazu bei, dass Gossip dann produktiv bleibt.»
Der Schlüssel liegt darin, zwischen konstruktivem Informationsaustausch, der die Organisation unterstützt, und destruktivem Gerede, das die Beziehungen am Arbeitsplatz untergräbt, zu unterscheiden. Klare Grenzen und Konsequenzen für schädliches Verhalten tragen dazu bei, dass Gossip dann produktiv bleibt und nicht seine destruktive Kraft entfaltet.
Organisationen benötigen formelle und informelle Kommunikationskanäle, einen strukturierten Informationsfluss und organische Konversation. Indem sie die Rolle des Gossip bei der Lösung von Kommunikationsproblemen anerkennen, können Führungskräfte effektivere, besser vernetzte und widerstandsfähigere Organisationen aufbauen.
Allison Howell, ist Vice President of Market Innovation bei Hogan Assessments. In dieser Rolle leitet sie die Bereiche Marketing und Produktentwicklung.
Bevor sie zu Hogan Assessments kam, arbeitete sie als Personalberaterin und Unternehmenscoach in Paris, Frankreich.
Allison hat an Projekten mit globalen Unternehmen wie Bic, Coca-Cola European Partners, Louis Vuitton und Chanel sowie mit mehreren Regierungsbehörden und gemeinnützigen Organisationen gearbeitet.