Wie geht es mit dem Globus weiter? Die Frage ist vor allem für diverse Kantonalbanken von zentraler Bedeutung. Denn für sie könnte es richtig teuer werden. Bereits im nächsten Monat drohen beträchtliche Abschreiber. Der Fall Benko lastet aber noch in anderer Hinsicht wie ein Fluch auf der Branche.
Er habe sich von René Benko einlullen lassen, gestand der Logistiker und Wahlschweizer Klaus-Michael Kühne kürzlich in einem Interview mit der «Welt am Sonntag». Und dann sagt er Entscheidendes: «Mit meiner Erfahrung hätte ich anders handeln müssen. Ich grüble oft darüber nach, wie mir das passieren konnte.»
Gleiche Überlegungen dürften auch unzählige Schweizer Bankerinnen und Banker anstellen. Zuhauf sind sie dem österreichischen Immobilieninvestor auf den Leim gekrochen. Unter ihnen befinden sich neben Julius Bär zahlreiche Kantonalbanken: von der Aargauer über die Graubünder und Obwaldner bis hin zur Walliser und Zürcher Kantonalbank.
Der mediale Sturm ist zwar abgeklungen, ausgestanden ist der Fall für die hiesigen Finanzinistute jedoch nicht – im Gegenteil.
Neugeldzufluss stockt
Julius Bär gewährte den Firmen des illustren Österreichers 606 Millionen Franken an strukturierten Krediten und ist damit einer der grössten Gläubiger. Das Zürcher Traditionshaus zog die Konsequenzen und trennte sich von seinem CEO.
Die Massnahme zeigte Wirkung: Die Zahlen fürs erste Quartal 2024 waren erfreulicher als noch jene für das vergangene. Doch der Neugeldzufluss stockt, insbesondere in der Schweiz. Wie aus Finanzkreisen zu hören ist, bereitet das ausbleibende Neugeld dem Unternehmen grosse Sorgen, zumal im vergangenen Jahr auch diverse Kundenberaterinnen und -berater von der Credit Suisse angeheuert wurden, die nun unter ungünstigen Bedingungen ihre Leistung erbringen müssten.
Abgeschreckte Kandidaten
Zudem bekundet das Traditionshaus ganz offensichtlich Mühe, einen Nachfolger für den geschassten Philipp Rickenbacher zu finden. Ursprünglich wollte der Verwaltungsrat um Romeo Lacher diesen bis Ende Juni 2024 präsentieren. Jetzt ist Juli, und ein CEO noch immer nicht in Sicht.
Der Fall Benko spielt da zweifelsohne mit hinein, zumal in diesem Zusammenhang immer noch eine Untersuchung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) läuft. Dieser Umstand dürfte den einen oder anderen potenziellen Kandidaten abgeschreckt haben, wie aus Bankenkreisen weiter zu hören ist.
Finma-Untersuchung lastet schwer
Fest steht, der Spielraum von Julius Bär ist derzeit arg eingeschränkt. Zwar wollte die Nachrichtenagentur «Bloomberg» am vergangenen Freitag wissen, dass die Schweizer Bank an einer Übernahme des Deutschland-Geschäfts des britischen Finanzkonzerns HSBC interessiert sei.
Doch vor dem aktuellen Hintergrund ist diese These doch etwas weit hergeholt. Offenbar soll auch der Zusammenschluss mit der Schweizer Privatbank EFG International unter anderem am Benko-Debakel gescheitert sein, wie finews.ch bereits früher berichtete.
Weshalb der Globus-Deal noch hängig ist
Anders präsentiert sich die Ausgangslage beim Schweizer Warenhaus Globus, das ebenfalls zum Imperium Benkos zählte. Im Jahre 2020 hatte der Österreicher mit seiner Signa-Gruppe die Warenhauskette mit Krediten von mehreren Kantonalbanken, Julius Bär und der thailändischen Central Group von der Migros übernommen.
Sowohl Benkos Signa-Gruppe wie auch die Central Group besassen je einen Anteil von 50 Prozent. Seit längerem wird nun darüber spekuliert, ob die Central Group des thailändischen Milliardärs Tos Chirathivat die 50 Prozent von Signa übernimmt. Ein solcher Schritt würde aufgrund der bereits bestehenden Kräfteverhältnisse durchaus Sinn machen. Dass der Deal aber noch nicht in trockenen Tüchern ist, dürfte in erster Linie auf die diesbezüglich divergierenden Preisvorstellungen zurückzuführen sein.
Müssen die Kantonalbanken abschreiben?
Denn mittlerweile steht fest, dass die Signa-Gruppe mit hohen Mietzinsen die Preise für die Liegenschaften in die Höhe getrieben hatte, um auf diese Weise zu höheren Krediten zu gelangen. Chirathivat will deshalb den Preis drücken.
Zu solch einer Lösung dürften aber die Banken nicht freiwillig Hand bieten. Denn so müssten sie ihre Hypotheken wertberichtigen, was wiederum auch einen neuen Sturm an öffentlicher Empörung auslösen würde – personelle Konsequenzen im einen oder anderen Fall wären nicht ausgeschlossen.
Zeit läuft ab
Noch sind die Fronten scheinbar blockiert. Vermutlich, aber nicht mehr für lange. Am 12. August 2024 läuft die Nachlassstundung ab. Es ist zu erwarten, dass der Sachverwalter Benkos 50 Prozent-Anteil an den Meistbietenden veräussern wird. Dies wäre das Worst-Case-Szenario für die Banken: Sie hätten dann auf jeden Fall beträchtliche Einbussen in Kauf zu nehmen.