Der Versicherungs-Merger soll die Karten neu mischen

Gerüchte hatte es immer wieder gegeben – jetzt ist es amtlich. Erst Mitte März hatten einmal mehr Medienberichte über Gespräche zwischen Baloise und Helvetia die Runde gemacht. Der geplante Zusammenschluss verändert die Landkarte der Schweizer Versicherungsbranche.

Die Reaktion am Aktienmarkt auf die Ankündigung des «Merger of Equals» zwischen den Erstversicherern Helvetia und Baloise sind eindeutig positiv. Beide Titel notieren am Dienstagmittag klar im Plus.

Noch am 18. März hatte «Bloomberg» über Gespräche zwischen den beiden Unternehmen berichtet, und auch zuvor hatte es verschiedentlich Gerüchte gegeben, dass es Interessenten für Baloise etwa von Seiten der Zurich Versicherung oder von grossen europäischen Wettbewerbern gegeben hatte.

Kostenvorteile als Hauptgrund

In einem Kommentar hatte etwa der Analyst der ZKB einen Zusammenschluss nicht grundsätzlich ausgeschlossen, einen solchen Schritt aber eher als unwahrscheinlich eingeschätzt. «Beide Unternehmen sind solide aufgestellt und wir sehen keinen Grund, weshalb Baloise und Helvetia fusionieren sollten», hiess es damals.

Und die dann heute präsentieren Gründe liegen vor allem in den Kosteneinsparungen und Synergieeffekten, bei denen eine Marke von 350 Millionen Franken pro Jahr angepeilt wird. Bis spätestens 2028 sollen davon 80 Prozent realisiert werden.

Die Fusions-Partner betonen in ihrer Präsentation nicht nur die deutlich verbesserte Wettbewerbsposition in der Schweiz. Hierzulande entsteht mit Helvetia Baloise hinter der Zurich Versicherung aus der bisherigen Nummer drei und sechs die neue Nummer zwei. Auch in Europa werde man neu unter die Top 10 aufsteigen. Man werde ein «führender Versicherer mit attraktiven Positionen in den europäischen Märkten Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Belgien, Österreich und Luxemburg sowie im globalen Speciality-Geschäft», heisst es in der Mitteilung. Damit wird implizit klar, dass auch am Geschäft in Deutschland festgehalten werden soll.

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(Grafik: Baloise)

So komplementär die europäische Aufstellung auch ist, Überschneidungen wird es auch hier geben. Damit werden Stellenstreichungen wahrscheinlich.

Inwieweit der Druck, den der schwedische Investor Cevian in den vergangenen Monaten aufgebaut hatte, bei dem Zusammengehen eine Rolle gespielt hat, ist unklar. Im vergangenen Jahr hatte die Baloise-Generalversammlung die Stimmrechtsbeschränkung gekippt und Cevian hatte daraufhin seinen Anteil auf 9,4 Prozent ausgeweitet. Der vom Management präsentierte Strategiewechsel und die geplanten Kosteneinsparungen wurden als ungenügend abgelehnt. Cevian zielte auf die Trennung vom Bank- sowie vom Deutschland-Geschäft ab.

Der schwedische Investor soll an der noch in dieser Woche stattfindenden ordentlichen Generalversammlung mit Robert Schuchna erstmals einen Sitz im Aufsichtsgremium erhalten. Der deutsch-schweizerische Doppelbürger arbeitet seit 11 Jahren für Cevian. In die Verhandlungen mit Helvetia dürfte der grösste Aktionär also noch nicht eingeweiht gewesen sein.

Kurze Frist bis zur Entscheidung

Auffallend ist auch, dass die Frist bis zur fälligen ausserordentlichen GV so kurz wie nur irgend möglich bemessen ist. Mit der Analyse der Fusionspläne müssen sich die Aktionärinnen und Aktionäre also beeilen.

Und auch eine andere Möglichkeit wird dadurch erschwert. Bei der nun geplanten Fusion erhalten die Anteilseigner keinen Aufschlag zum Wert ihrer Aktienpakete. Erst durch den erfolgreichen Vollzug, die Kostensenkungen oder allfällige höhere Ausschüttungen können sie in der Zukunft profitieren.

Anders wäre das bei einem Übernahmeangebot durch einen Dritten. Dabei wäre es üblich, dass zumindest ein Teil der erwarteten Synergien sofort über einen Aufschlag an das Aktionariat geht.

Zum Platzen bringen könnte die Fusion laut Vertrag ein öffentliches Kaufangebot einer Drittpartei. Diese müsste aber entweder mehr als 40 Prozent an Helvetia oder 33 Prozent an Baloise erwerben. Auch dies ist durch die Kürze der Zeit bis zu den entscheidenden a.o. GVs eher unwahrscheinlich.