Lange genug sorgten die Spekulationen um eine Übernahme von EFG International durch Julius Bär für Schlagzeilen. Doch mittlerweile glaubt in Finanzkreisen kaum jemand mehr an einen solchen Deal. Das Interesse an EFG International ist deswegen aber nicht geringer geworden.
Etwas gar euphorisch wurde in den vergangenen Wochen die Übernahme der Schweizer Privatbank EFG International durch die Konkurrentin Julius Bär zum wiederholten Mal herbeigeschrieben. Mittlerweile herrscht in Finanzkreisen jedoch Einigkeit, dass dieser Deal «gestorben» ist, wie auch am (gestrigen) Dienstag am Private Banking Day in Genf zu vernehmen war. Ausschlaggebend dafür soll zuletzt vor allem der (hohe) Übernahmepreis gewesen sein, den sich EFG International vorgestellt habe, wie weiter zu erfahren war.
Tatsächlich kann die von der griechisch-schweizerischen Reederfamilie Latsis kontrollierte Bank derzeit aus einer klaren Position der Stärke agieren, ist doch der Kurs ihrer Aktie in den vergangenen zwei Jahren um rund 70 Prozent gestiegen. Das gibt man nicht leichtfertig preis. Gleichzeitig sind Julius Bär auch Grenzen gesetzt, ist doch die Bank noch mit einigen weiteren Pendenzen beschäftigt, namentlich mit der Aufarbeitung des Kreditdebakels im Zusammenhang mit dem österreichischen Investor und Unternehmer René Benko sowie mit der Ernennung eines neuen CEO als Nachfolger des im vergangenen Februar abgetretenen Philipp Rickenbacher.
Sehr verschwiegen
Doch nach dem (nicht zustande gekommenen) Deal ist auch schon wieder vor dem Deal, wie am Dienstag in Genf am Rande des Stelldicheins der Privatbanker zu vernehmen war. Offenbar gibt es einen weiteren Interessenten für EFG International: J. Safra Sarasin.
Beide Institute nehmen zu Branchengerüchten keine Stellung.
Das brasilianisch-schweizerische Finanzinstitut gehört nicht nur zu den erfolgreichsten Geldhäusern hierzulande, sondern auch zu den verschwiegensten. Gleichwohl ist bekannt, dass die brasilianische Eigner-Familie die Gewinne aus den Jahresergebnissen jeweils zu einem grossen Teil einbehält respektive damit seine «Kriegskasse» äufnet. Und Jürg Haller, Präsident von J. Safra Sarasin, erklärt denn auch regelmässig, dass sich die Bank als Konsolidiererin im Private Banking sehe, wie zuletzt auch im vergangenen April im Interview mit finews.ch.
Kaufpreis in bar bezahlt
In jüngster Zeit sorgte das Institut hierzulande vor allem durch die Übernahme von ehemaligen Credit-Suisse-Bankern für Aufmerksamkeit, um so die Angebotspalette namentlich im Investmentbanking sowie im Geschäft mit sehr wohlhabenden Personen und Familien auszubauen, wie auch finews.ch berichtete. Für das grösste Aufsehen sorgte indessen die Übernahme der Basler Traditionsbank Sarasin, was allerdings nun schon mehr als zwölf Jahre zurückliegt. Allerdings ist es exemplarisch, wie das brasilianische Institut damals vorging.
Um Sarasin war ein regelrechter Bieterkampf ausgebrochen, an dem sich unter anderem Julius Bär, Raiffeisen sowie die Private-Equity-Gesellschaft Apax Partners beteiligten. Am Ende machte allerdings ganz überraschend J. Safra das Rennen, weil sie den Kaufpreis nicht in Aktien, sondern in bar bezahlten, was schon damals die Entschlossenheit wie auch die Kapitalstärke der Gruppe unterstrich. Daran hat sich bis heute nichts geändert, was wiederum auch im Interesse der griechisch-schweizerischen Latsis-Familie wäre, welche EFG International kontrolliert. Bekannt ist überdies, dass sich das Familienoberhaupt Spiros Latsis und Jacob Safra, die treibende Kraft hinter den Brasilianern, bereits kennen.
Neues Schwergewicht
Gemeinsam würden es J. Safra Sarasin (204 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen) sowie EFG International (157,5 Milliarden Franken) auf gut 360 Milliarden Franken an verwalteten Kundengeldern bringen. Damit würden sie in der Schweizer Private-Banking-Hackordnung beispielsweise die Genfer Lombard Odier (knapp 300 Milliarden Franken an «Client Assets» insgesamt) klar überrunden, aber weiterhin deutlich hinter Pictet (633 Milliarden Franken) verbleiben.
Gleichwohl entstünde durch einen Zusammenschluss von J. Safra Sarasin und EFG International ein neuer, bedeutender Schweizer Player, der landesweit stark präsent wäre, namentlich in Zürich und Lugano (über die frühere BSI), wo EFG International besonders prominent vertreten ist. J. Safra Sarasin wiederum ist historisch gesehen in Basel und Genf dominant.
Brasilianer unter sich
Auch international könnte ein solcher Verbunden namentlich in Asien neue Zeichen setzen, wo beide Institute sehr gut vertreten sind. J. Safra Sarasin beschäftigt weltweit rund 2'500 Mitarbeitende an mehr als 30 Standorten, teilweise an denselben wie EFG International mit 40 Standorten und etwas mehr als 3’000 Beschäftigten. Eine Frage, die sich indessen immer wieder stellt, ist die Integration der vergleichsweise unabhängig operierenden Kundenberaterinnen und -berater von EFG International, während J. Safra Sarasin den Handlungsspielraum ihrer Relationship Managerinnen und Manager an die kürzere Leine nimmt. Überlappungen gäbe es bei einem Schulterschluss durchaus.
Bemerkenswert wäre indessen, dass die Brasilianer von J. Safra Sarasin bei EFG International auf Landsleute von der Bank BTG Pactual treffen würden. Diese verfügen als zweitgrösste Aktionärsgruppe hinter der griechischen Gründerfamilie Latsis (mit 45 Prozent) über eine Beteiligung von knapp 20 Prozent an EFG International. Das kulturelle Verständnis wäre damit fürs Erste gegeben.