SNB: Nach einem passablem ersten Quartal wird es ruppig
Die Nationalbank wird am Donnerstag ein ansprechendes Quartalsergebnis vorweisen können. Der «Liberation Day» dürfte aber tiefe Furchen im Ergebnis für das zweite Vierteljahr hinterlassen.
Es ist schon fast ein kleines Ritual: Wenige Tage, bevor die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihren Quartalsgewinn bekanntgibt (am Donnerstag dieser Woche ist es wieder soweit), wagen die Ökonomen der Grossbank UBS eine entsprechende Gewinnprognose.
Diesmal ist die Schätzung von Florian Germanier und Alessandro Bee etwas interessanter als auch schon, hat doch die neue US-Zollpolitik an den Finanzmärkten bereits vor Donald Trumps Rundumschlag am «Liberation Day» vom 2. April Spuren hinterlassen. In ihrem am Gründonnerstag publizierten Bericht kommt die UBS zu dem auf den ersten Blick überraschenden Befund, dass die SNB im ersten Quartal 2025 einen Gewinn von 5 bis 15 Milliarden ausweisen wird.
Einmal mehr: Gold als Ertragspfeiler
Ertragspfeiler sind die 1'040 Tonnen Gold, welche die SNB als Teil der Währungsreserven hält (früher, vor den Goldverkäufen ab 2000, waren es einmal fast 2'600 Tonnen). UBS veranschlagt den im Zuge der anhaltenden Hausse des gelben Metalls darauf anfallenden Aufwertungsgewinn auf knapp 13 Milliarden Franken.
Dagegen dürften das Aktienportfolio von knapp 200 Milliarden Franken diesmal einen Verlust einbringen. UBS rechnet mit einem entsprechenden Minus von gut 5 Milliarden Franken.
Kursverluste auf Treasuries, Gewinne auf deutsche Bundesanleihen
Beim noch bedeutend grösseren Anleihenportfolio waren im ersten Quartal gegensätzliche Effekte am Werk. Die SNB weist zwar dabei die einzelnen Positionen nicht aus, doch dürften Staatspapiere der USA und Deutschlands die zwei grössten Posten bilden. Die Rendite auf US-Staatsanleihen ist gestiegen, diejenige auf deutsche Bundesanleihen gesunken. Das bedeutet Kursverluste auf Treasuries und Kursgewinne auf Bunds. Insgesamt kalkuliert die UBS mit einem Gewinn von 1 Milliarde Franken.
Die leichte Aufwertung des Frankens dürfte das Ergebnis um 1 Milliarde Franken belasten. Ferner kalkuliert die UBS mit laufenden Erträgen (Dividenden auf Aktien und Coupons auf Obligationen, abzüglich der Zinsausgaben) von 2 Milliarden Franken.
Rabenschwarzer Auftakt ins zweite Quartal
Viel ruppiger als das erste Quartal verlief bekanntlich der Start ins zweite. Prospektiv halten die beiden Autoren denn auch fest, dass der Wertverlust auf den Aktien von Ende März bis Mitte April (die Periode, in welcher der«Liberation Day» liegt) weitere 8 Milliarden Franken beträgt. Noch schmerzhafter fällt der Wechselkursverlust aus. Vor allem gegenüber dem Dollar wertete der Franken kräftig auf: UBS beziffert das währungsbedingte Minus auf 35 Milliarden Franken.
Und auch das Gold war zu Beginn des zweiten Quartals für einmal keine Stütze mehr. Zwar stieg der Preis in Dollar weiter, aber in Franken resultierte ein Minus von 4 Milliarden Franken. Und weiter schreibt die UBS: «Insgesamt dürfte sich der Wert der SNB-Anlagen seit Ende März um fast 50 Milliarden reduziert haben. Für das laufende Jahr würde derzeit ein Verlust von 35 bis 45 Milliarden Franken resultieren.»
Für eine Ausschüttung ist eine Aufholjagd notwendig
Das hat Auswirkungen auf die Ausschüttung an den Bund und die Kantone: «Damit die SNB auch im kommenden Jahr eine Ausschüttung vornehmen kann, ist nach Zuweisungen an Währungsreserven von schätzungsweise knapp 13 Milliarden Franken ein Bilanzgewinn von 2 Milliarden Franken notwendig.» Weil der Gewinnvortrag aus dem Jahr 2024 «bloss»13 Milliarden Franken beträgt, müsste sich das Ergebnis im Jahresverlauf um mindestens 37 bis 47 Milliarden Franken verbessern, rechnet die UBS vor.
Das scheint aus heutiger Sicht eine steile Vorlage zu sein. Allerdings hatte es auch 2024 lange Zeit so ausgesehen, als werde die SNB keine Ausschüttung vornehmen können – aufgrund der sehr günstigen Entwicklung an den Gold-, Finanz- und Devisenmärkten gab es aber am Schluss einen Gewinn von über 80 Milliarden Franken und damit doch auch Geld für den Bund und die Kantone (ingesamt 3 Milliarden Franken).
Trüber Ausblick auch für die Aktionäre
In der Analyse der UBS nicht erwähnt werden die Aktionäre. Die Voraussetzungen für die Ausschüttung an die öffentliche Hand gelten nämlich ebenso für die Ausrichtung der vergleichsweise und absolut sehr bescheidene Dividende (Total von 1,5 Millionen Franken). Wie Bund und Kantone müssen die Aktionäre darauf hoffen, dass es im Jahresverlauf zu einer Aufholjagd kommt, damit sie nicht ganz leer ausgehen.
Apropos SNB-Aktionäre: Am Freitag findet die Generalversammlung (GV) in Bern statt. Ihre Mitbestimmungsrechte sind allerdings aufgrund der speziellen Natur der Nationalbank stark eingeschränkt. Martin Schlegel, seit Oktober 2024 Präsident des Direktoriums der SNB, wird erstmals an einer GV ein Referat halten. Man darf gespannt sein, inwiefern er darin auf die aktuellen Entwicklungen Bezug nehmen wird.