Mit dem exklusiven Joint-Venture Aventicum knüpfte die Credit Suisse einst die Bande zum Emirat Katar noch enger. Bereits vor dem Untergang der Bank stand das Unternehmen auf dem Prüfstand – jetzt ist ein Teil davon integriert worden, wie Recherchen zeigen.
Aventicum war im Römischen Reich das Zentrum Helvetiens. Heute verbleiben vom antiken Hub nurmehr Ruinen – immerhin eine touristische Hauptattraktion des modernen Waadtländer Städtchens Avenches.
Immobilien-Investments transferiert
Ähnlich könnte es auch Aventicum, dem Joint-Venture zwischen der Credit Suisse (CS) und der Qatar Investment Authority (QIA), ergehen. Wie Recherchen ergeben haben, stand die exklusive Zusammenarbeit der Grossbank mit dem Staatsfonds von Katar seit dem Strategiewechsel unter dem damaligen CS-Konzernchef Ulrich Körner im Herbst 2022 auf dem Prüfstand.
Seit der Zwangsübernahme der Bank durch die Konkurrentin UBS nimmt sich die Zukunft nochmals unsicherer aus; inzwischen ist der Entscheid gefallen, die Immobilien-Investments von Aventicum ins Fondsgeschäft der CS – und damit letztlich der UBS – zu integrieren. Die CS wollte dies auf Anfrage nicht kommentieren.
Posten für einflussfreichen Ex-CS-Banker
Für den Rest der Anlagen gilt dem Vernehmen nach der Status «going concern». Das heisst, dass das im Jahr 2012 als Aventicum Capital Management in Doha gegründete Unternehmen zumindest so weitergeführt werden kann.
Dafür steht auch eine Personalie, die im Rahmen der Neuorganisation der UBS-Vermögensverwaltung-Sparte zuletzt zu reden gab: Der einflussreiche frühere CS-Private-Banker Babak Dastmaltschi (Bild unten), dessen exzellente Kontakte nach Osteuropa und Nahost sich die UBS zu nutzen machen wollte – diesen aber laut einem Bericht des Schweizer Online-Portals «Tippinpoint» offenbar doch nicht einstellt.
Die Webseite von Aventicum jedenfalls führt Dastmaltschi weiterhin als «acting CEO» auf.
(Bild: Aventicum)
In der Finanzkrise zu Hilfe geeilt
Ebenfalls gegen das Ende von Aventicum spricht, dass die Grossbank klar die Absicht hegt, ihre führende Position als grösste Privatbank im Nahen Osten zu verteidigen und auszubauen. Laut einem Pressebericht bemüht sich das Geldhaus dabei explizit auch um die Exponenten des Al-Thani-Clans, der Herrscherfamilie von Katar.
Zu der Familie der katarischen Scheichs bestanden bereits zu CS-Zeiten enge Bande. Auf der Höhe der Finanzkrise war der Staatsfonds QIA der CS mit Milliarden an frischem Kapital zu Hilfe geeilt und stieg damit unter die grössten Aktionäre der Bank auf. Von 2010 bis 2017 sass dann mit Jassim Bin Hamad J.J. Al Thani gar ein Mitglied der katarischen Herrscherfamilie im Verwaltungsrat der CS.
Mit Hunderten Millionen ausgestattet
Die Gründung von Aventicum fiel in diese Ära. Der Plan dahinter: die Bank und der katarische Staatsfonds wollten Investoren Zugang zu ausgewählten Investments im Nahen Osten sowie der Türkei bieten. Wie damals kolportiert wurde, durften die Fonds des Joint-Ventures mit einer Anschubfinanzierung von bis zu 300 Millionen Dollar auf die Jagd nach Anlagechancen gehen.
In den besten Zeiten übernahm Investmentgesellschaft kleinere Konkurrenten; verantwortet wurde das Unterfangen anfänglich von Aladdin Hangari, dem Chef der Bank vor Ort im Emirat Katar, sowie dem Schweizer Asset-Management-Kader Martin Keller, der später der letzte Chef der Falcon Privatbank in Zürich werden sollte.
Belastungsproben für die Beziehung
Über die Jahre hinweg wurde die Beziehung zwischen CS und dem katarischen Herrscherhaus aber auch diversen Belastungsproben ausgesetzt. Da war nicht nur der stete Kurszerfall der CS-Aktie; Medienberichten zufolge war ein Exponent der Herrscherfamilie auch mit Millionen in die CS-Greensill-Fonds investiert, welche die Bank im Frühjahr 2021 notfallmässig schliessen musste.
Später erklärte ein hochrangiges Mitglied der Dynastie öffentlich, dass es in Europa mehr Grossbankenfusionen geben müsse. Weil die Herrscher Katars sowohl bei der CS wie bei der Deutschen Bank investiert waren, sorgte das für einige Aufregung am Finanzmarkt.
Hangari verabschiedete sich
Vergangenen Oktober wechselte schliesslich Hangari, der Aventicum seit der Entstehung begleitet hatte, zur HSBC Private Bank in der Schweiz. Dort wirkt er seither als Co-Head des Private Banking in Nahost und Nordafrika.
Bis zum bitteren Ende blieben die Katari jedoch Grossaktionäre der CS und verloren bei der Übernahme durch die UBS im vergangenen März nochmals viel Geld. So entgingen QIA laut Berechnungen von Beobachtern durch den Zwangsverkauf rund 330 Millionen Dollar. Vergangenen Mai hiess es, der Staatsfonds lasse prüfen, ob er gegen die Schweiz Ansprüche für seine Verluste geltend machen kann.
Zumindest hier sind die Scheichs auf Ruinen sitzen geblieben.