Die Rechtsrisiken der Credit Suisse sind mit Abschluss der Übernahme das Problem der UBS. Der Fall Lescaudron erweist sich dabei als besonders kostspielig.
Wer glaubte, die Parteien in der Affäre um den betrügerischen vormaligen Credit-Suisse-Banker Patrice Lescaudron hätten sich in den vergangenen Monaten angenähert, sieht sich getäuscht. Auch 2023 wird mit harten Bandagen gerungen, wobei die Grossbank Credit Suisse (CS) zuletzt einen Punkteerfolg verbuchen konnte.
So hat das Schweizerische Bundesgericht jüngst entschieden, dass die Grossbank einen Untersuchungsbericht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) der ermittelnden Genfer Staatsanwalt nur in Auszügen zur Verfügung stellen muss. Die «NZZ» (Artikel bezahlpflichtig) hat zuerst über das Urteil berichtet.
Spektrum der Ermittler eingeschränkt
Die Finma hatte die CS aufgrund des Berichts im Jahr 2018 sanktioniert. 2020 konnte die Genfer Staatsanwaltschaft dann vor Bundesgericht durchsetzen, dass sie für ihre eigenen Untersuchungen Einblick in den Bericht erhält. Die Ermittler hatten bereits vor Jahren ein neuerliches Strafverfahren sowohl gegen Lescaudron, der sich im Jahr 2020 das Leben nahm, wie auch gegen die CS eröffnet. Sie verdächtigen das Institut unter anderem der Geldwäscherei und organisatorischer Mängel, die mutmasslich zu Straftaten geführt hätten.
Dagegen wehrt sich das Geldhaus; das neuerliche Urteil der obersten Instanz in der Schweiz engt nun das Spektrum der Ermittler bereits wieder ein.
Milliardensumme in Singapur gefordert
Der eigentliche Stachel im Fleisch der CS ist jedoch ein Privatkläger, der von Lescaudron um Millionen geprellte georgische Milliardär Bidzina Iwanishvili. Dieser hat in Genf im Jahr 2021 eine bereits bestehende Strafanzeige gegen die Bank eingereicht und somit auch in der Schweiz eine neue Front gegen die Bank eröffnet.
Richtig teuer könnte es für die CS – und künftig für die UBS, die als Käuferin der Grossbank deren Rechtsrisiken «erbt» – anderswo in der Welt werden. So wird erwartet, dass noch im ersten Quartal ein Urteil in Singapur fällt: Dort fordert Iwanishvili bis zu 1,27 Milliarden Dollar an Schadenersatz von einer Tochterfirma der CS.
Alle Augen auf Markus Diethelm
In der ersten Jahreshälfte 2023 soll zudem das schriftliche Urteil des Berufungsgerichts auf den Bermuda-Inseln ergehen. In erster Instanz war dort eine andere CS-Tochter zur Zahlung von rund 600 Millionen Dollar an den georgischen Kläger verdonnert worden.
Wie finews.ch Anfang Jahr aufzählte, sind bei der CS noch eine Reihe grosser Rechtskomplexe offen, und für dieses Jahr stehen bereits diverse Daten für Prozesse an. Sinnigerweise ist bei der CS ein Mann mit den juristischen Aufräumarbeiten beschäftigt, der die UBS bestens kennt – es ist niemand anderes als Markus Diethelm, der vormals langjährige General Counsel der UBS. Es wird sich weisen, ob er mit seiner Vorkenntnis der dunklen Vergangenheit der CS zum neuen Chefjuristen des Übermahmenprojekts UBS/CS avanciert.