Ulrich Körner hat sich unweit des Pensionsalters nochmals auf den heissesten Posten in Swiss Banking begeben, Boris Collardi hielt es nicht mehr aus an der Seitenlinie – und der Name Zeltner macht erneut von sich Reden: Das Jahr 2022 waren von einer Serie überraschender Comebacks geprägt.
1. Boris Collardi – ein Vollblut kann es nicht lassen
Alle haben es gewusst: Der Vollblut-Private-Banker Boris Collardi (Bild unten) ist noch nicht fertig mit dem Metier. Nach dem Eklat seines Austritts als Teilhaber bei der noblen Genfer Privatbank Pictet ist der umtriebige Romand vergangenen Oktober in den Verwaltungsrat der Zürcher Privatbank EFG International gewählt worden.
(Bild: Keystone)
Dies, nachdem er im April bereits für geschätzte 80 Millionen Franken einen Anteil von 3,6 Prozent am Institut erworben hatte. Einfach nur an Sitzungen teilnehmen und Tantiemen kassieren, dürfte nicht dem Naturell Collardis entsprechen. Spätestens 2023 ist mit kühnen Schachzügen von EFG zu rechnen.
2. Alexander Classen legt nochmals Hand an
(Bild: EFG)
Neben Collardi hat es noch einen anderen prominenten Zugang im EFG-Verwaltungsrat gegeben: Alexander «Alex» Classen (Bild oben) ist ebenfalls im Oktober zum neuen Präsidenten des Instituts gewählt worden. Er löste auf dem Posten den ebenfalls bekannten Peter Fanconi ab, der sein beträchtliches Portefeuille an Mandaten damit etwas zurückstutzte.
Classen gilt als einer der erfahrensten Private-Banking-Manager überhaupt. Er war hierzulande unter anderem als Marktchef für amerikanische Institute wie Goldman Sachs und Morgan Stanley tätig, machte dann als CEO das internationale Geschäft der Bank Coutts bereit für den Verkauf an die Genfer Konkurrentin UBP und wirkte seit 2018 als Chef von HSBC in der Schweiz. Classen «kann» deshalb sowohl Restrukturierung wie Ausbau – nun muss sich zeigen, wie gut er im Gespann mit Collardi funktioniert.
3. Ulrich Körner auf dem heissesten Stuhl im Swiss Banking
(Bild: CS)
Zwei Chefs und drei Präsidenten in drei Jahren – diese Bilanz hätte wohl auch einige jüngere Semester von der Führung der Credit Suisse (CS) abgehalten. Nicht so Ulrich Körner (Bild oben). Vergangenen Juli liess er sich zum CEO der Grossbank küren, und hat damit den gefährlichsten Posten angetreten, der sich derzeit im Swiss Banking finden lässt.
Seither hat er dem Institut eine Radikalkur inklusive Abbau von 9’000 Stellen und Rückbau der Investmentbank angeordnet, sowie 4 Milliarden Franken an neuem Kapital gelöst. Der als hochintelligent, aber unnahbar geltende schweizerisch-deutsche Doppelbürger hat damit erste Flammen gelöscht. Doch der Brand beim Institut schwelt weiter. Jetzt gilt es, Vertrauen zu schaffen und den Aderlass an Vermögen und Mitarbeitenden zu stabilisieren.
4. Claude Moser sorgt sich um den finanziellen Schnauf
(Bild: Orbit36)
Ebenfalls eingewechselt hat die CS – und das mit Blick auf das Jahr 2022 sozusagen in der letzten Minute – Claude Moser (Bild oben). Er hat per im Dezember das Amt des Treasurer auf Konzernstufe übernommen, und muss nun dafür sorgen, dass der Bank während des Umbaus nicht der finanzielle Schnauf ausgeht.
Wenn das einem zuzutrauen ist, dann Moser: Er war bis 2019 rund 30 Jahre lang für die Grossbank UBS tätig gewesen und amtete dort zuletzt ebenfalls als oberster Schatzmeister. Aus jener Zeit kennt er CS-Chef Ulrich Körner (siehe weiter oben) und Bankpräsident Axel Lehmann, aber auch den UBS-Vize Lukas Gähwiler (siehe unten).
5. Lukas Gähwiler garantiert die Swissness
(Bild: UBS)
Viel wurde in den vergangenen Woche geschrieben über das vermeintliche Machtgerangel zwischen dem neuen UBS-Präsidenten Colm Kelleher und Bankchef Ralph Hamers. Doch eigentlich ist die Führung der grössten Schweizer Bank als Triumvirat ausgelegt: Als Vizepräsident agiert dort seit vergangenem April Lukas Gähwiler, und wirkt als Schweizer Gegengewicht zum Iren und dem Holländer.
Gähwiler kennt die hiesigen Verhältnisse à fonds. Noch von Ex-UBS-Chef Oswald Grübel von der Rivalin Credit Suisse im Jahr 2010 zur UBS geholt, leitete er bis 2016 deren Schweiz-Geschäft und präsidierte danach die Schweiz-Einheit UBS. Er ist mit seinen Posten bei der Vereinigung Digital Switzerland und Verwaltungsrats-Mandaten beim Medienkonzern Ringier und bei Flugzeugbauer Pilatus in der Wirtschaft bestens vernetzt. Nun vertritt er die Grossbank auch in den relevanten Branchenverbänden.
6. Dirk Klee bringt das Banking zu Bitcoin Suisse
(Bild: Bictoin Suisse)
Bei Bitcoin Suisse, dem grössten und ältesten Schweizer Krypto-Broker, ging es um den letzten Jahreswechsel herum Schlag auf Schlag. Erst zog sich der flamboyante Gründer Niklas Nikolajsen aus dem Präsidium zurück. Dann löste vergangen März mit Dirk Klee (Bild oben) ein Ehemaliger der UBS den Ex-CS-Mann Arthur Vayloyan als CEO ab.
Mitten im tiefsten Krypto-Winter hat er sich seither mit der Belegschaft an die Arbeit gemacht, um den Sprung vom Startup zum Finanzkonzern zu meistern – Skalierung heisst das Zauberwort. Als nächstes will Klee nun in Angriff nehmen, woran Nikolajsen und Vayloyan gescheitert sind: Eine Banklizenz von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) zu lösen.
7. Erich Pfister – nochmals eine vertrackte Verantwortung
(Bild: Cramer & Cie)
«Erich Pfister will es nochmals wissen», titelte finews.ch vergangenen März. Damals wurde bekannt, dass er den Chefposten bei der Genfer Privatbank Cramer & Cie übernommen hatte – dies, nachdem das Institut zuvor ohne festen CEO hatte auskommen müssen. Das Institut musste zuvor jahrelang ohne festen CEO auskommen. Der letzte Chef, Cédric Anker, hatte im Jahr 2019 nach nur rund anderthalb Jahren im Amt den Bettel hingeworfen.
Die mittelgrosse Privatbank laboriert seit Jahren am Turnaround, und viele fragten sich, wie lange Hauptaktionär Massimo Esposito mit seiner Beteiligungsfirma Norinvest dem Geschehen noch zusehen werde. Mit Pfister (Bild oben) verfügt Cramer nun über einen Bankmanager mit drei Dekaden Erfahrung, zumal bei der Credit Suisse, der untergegangenen Falcon Private Bank und zuletzt als Chef von Oddo BHF in der Schweiz. Erneut hat er sich nicht gescheut, eine vertrackte Verantwortung anzunehmen.
8. Thomas Zeltner tritt in die tiefen Fussstapfen seines Vaters
(Bild: Zeltner & Co)
Vor zwei Jahren ist der bekannte ehemalige UBS- und Quintet-Manager Jürg Zeltner verstorben. Doch im vergangenen Juli hat sein Sohn Thomas Zeltner (Bild unten) den Familiennamen in der Schweizer Finanzszene überraschend wieder ins Spiel gebracht: Gemeinsam mit den Co-Gründern Kim Wirth und Holger Schultes sowie einem Team, das sich noch an zwei Händen abzählen lässt, arbeitet er am Aufbau der Zürcher Vermögensverwalterin Zeltner & Co.
Die heiss begehrte Finma-Lizenz hat Bankerspross schon in der Tasche, und einige unkonventionelle Ideen im Kopf, wie er gegenüber finews.ch erklärte. Dabei geht es ihm explizit darum, das Erbe seines Vaters lebendig zu halten, auch wenn er dazu in tiefe Fussstapfen treten muss. «Er hat die Benchmark für mich sehr hoch gelegt hat», sagt Thomas über Jürg Zeltner. «Aber ich bin Sportler, ich arbeite jeden Tag daran, diese Benchmark einzuholen.»