Die Credit Suisse ist eine für das Land systemrelevante Bank. Nun streicht sie hier Tausende von Stellen und erhebt eine vom saudischen Regime gesponserte Bank zur Grossaktionärin. Dass die «Schweiz AG», Bund und Behörden sich aufs Zuschauen beschränken, ist sträflich, findet finews.ch.
Das Bonmot, dass das Kürzel SKA der altehrwürdigen Schweizerischen Kreditanstalt, des Vorgängerinstituts der Credit Suisse (CS), nun für «Saudische Kreditanstalt» stehen müsse, hat am heutigen Donnerstag schnell die Runde gemacht.
Tatsächlich ist der Einstieg der Saudi National Bank (SNB), die dem saudischen Königreich gehört, einer der Eckpunkte der neuen Strategie, welche CS-Chef Ulrich Körner gemeinsam mit den Quartalszahlen präsentiert hat. Die SNB will den Schweizern 1,5 Milliarden Franken zur Verfügung stellen und könnte damit bis zu 9,9 Prozent an der Bank halten.
Damit wären die Saudis mit Abstand die grössten Aktionäre der Bank, erst recht, wenn der bisherige Anteil des saudischen Konglomerats Olayan von 4,93 Prozent hinzugerechnet wird.
Petrodollars kommen rechtzeitig
Die Petrodollars kommen für die CS gerade rechtzeitig. Wie das Institut am Donnerstag vermeldete, ist die Quote des harten Eigenkapitals im dritten Quartal nach einem Reinverlust von 4 Milliarden Franken auf nurmehr 12,6 Prozent gefallen. 10 Prozent sind das regulatorische Minimum für die CS gemäss den «Too big to fail»-Vorschriften. Weiter wird der Umbau der Bank bis ins Jahr 2024 rund 2,9 Milliarden Franken verschlingen.
Das lässt sich sagen: Ohne die Kapitalspritze, auf welche die CS-Führung noch Anfang Jahr glaubte verzichten zu können, ist die Zukunft der zweitgrössten Schweizer Bank mehr als unsicher.
Alle schauten der Misere zu
Diese Aussicht müsste eigentlich Bund und Behörden, aber auch die in der «Schweiz AG» vereinte hiesige Wirtschaftselite alarmieren. Schliesslich ist die CS eine von fünf für das Schweizer Finanzsystem relevanten Banken und geniesst als solche besondere Aufmerksamkeit. Darüber hinaus ist sie nach eigenem Anspruch die «Unternehmerbank»; hiesige Entrepreneure betonen gerne, dass es hierzulande eine Grossbanken-Alternative zur UBS braucht.
Doch alle diese Stellen schauten der Misere bei der CS über Monate zu und hüllen sich auch heute wieder in Schweigen. Die neue Strategie der Bank geht nun zumindest von aussen betrachtet ganz ohne ihr Zutun über die Bühne.
Wieder bleiernes Schweigen?
Bei der CS hat dies beinahe schon System. Schritten Bund und die Schweizerische Nationalbank (SNB) im Finanzkrisen-Jahr 2008 zur Rettung der UBS, wurde auf die schmalbrüstig finanzierte Nummer zwei zwar ebenfalls Druck gemacht. Deren Ausfinanzierung überliess man jedoch Grossinvestoren, zumal Olayan und dem Staatsfonds des Emirats Katar QIA. Als Grossaktionäre – ein Vertreter der QIA sass zeitweilig auch im Verwaltungsrat der Bank – nahmen diese Akteure aber eine höchst passive Rolle ein.
Ein Skandal und eine Kapitalverwässerung nach der anderen winkten sie durch, während sie selber von lukrativen Zinsen auf CS-Pflichtwandelanleihen profitierten. Der Zustand der heutigen CS ist deshalb zu keinem geringen Teil dem Verhalten jener Grossaktionäre anzulasten.
Dass die saudische SNB – die sinnigerweise mit der Schweizerischen Nationalbank das Kürzel teilt – dies anders halten wird, steht zu bezweifeln. Erneut ist mit bleiernem Schweigen der Grossaktionäre zu rechnen.
Rund 2'000 Schweizer Stellen weg
Die Zeche dafür wird auch die Schweiz zahlen müssen. Besser gesagt: die Schweiz zahlt sie schon jetzt. Die Agentur «AWP» lag mit ihrer Schätzung wohl richtig, dass hierzulande bis 2025 gegen 2’000 von rund 16’000 CS-Stellen in der Schweiz abgebaut werden. Jede achte Bankerin, jeder achte Banker wird somit überzählig. Ebenfalls hat die CS-Führung nur aufgezeigt, wie sie die Bank stabilisieren will. Aber der Befreiungsschlag ist dies noch lange nicht. Das sieht auch die Börse so: Aktuell handeln die Aktien des Instituts mit knapp 4 Franken fast 15 Prozent unter ihrem gestrigen Wert.
Die Lösung des Problems CS ist nicht in Griffweite, und die Schweiz hat offenbar von vornherein entschieden, nicht Teil dieser Lösung sein zu wollen. So findet sich in der heutigen Strategieauslegung nirgends eine Anknüpfung an die alte SKA und die Idee einer reinen Schweizer Unternehmerbank, die im Vorfeld auch im Wirtschafts-Establishment ihre Anhänger hatte.
Despotischer Staat
Ebenfalls hätte sich die Bank bei Bund und Nationalbank das Kapital für den Turnaround wohl günstiger beschaffen können als am Markt, auch wenn sich dieser Gedanke schlecht mit liberalen Idealen verträgt. Von solchen theoretischen Abwägungen kann nun natürlich keine Rede mehr sein. Stattdessen schaut man zu, wie eine von einem despotischen Staat kontrollierte Investorin zur grössten Aktionärin einer systemrelevanten Bank aufsteigt.