Die Bank Julius Bär will in der Schweiz künftig eine grössere Rolle spielen, wie CEO Philipp Rickenbacher im Interview mit finews.ch erklärt. Er sagt auch, welche Kunden unerwünscht sind, und was er von einem Zusammengehen mit der Credit Suisse hält. Und warum Musik für ihn so wichtig ist.  


Herr Rickenbacher, zunächst eine familiäre Frage: Sind Sie mit Adolph Rickenbacher verwandt, dem Erfinder der Kult-Gitarre «Rickenbacker», die unter anderem auch George Harrison von den Beatles gespielt hat?

Ja, wenn Sie im Stammbaum weit zurückgehen. Ich habe in Boston vor einigen Jahren einen Ahnenforscher aus unserer Familie getroffen, der mir diese Verbindung bestätigt hat.

Musik scheint in Ihrem Alltag eine wichtige Rolle zu spielen. Unlängst haben Sie in den Sozialen Medien über Ihre Playlist auf Spotify reflektiert. Gehört das zum Image eines Bank-CEOs heute?

Nein, das zählt zu meinen persönlichen Interessen. Ich habe keinerlei Berührungsängste, auch über solche Dinge zu sprechen. Musik war für mich immer etwas Spannendes. Sie ist eine Sprache über Generationen hinweg. Als ich kürzlich mit meiner knapp 15-jährigen Tochter aus Südfrankreich zurückfuhr, habe ich mir mehrere Stunden lang ihre Musik angehört. Da gehen neue Horizonte auf.

Was sind Ihre musikalischen Favoriten?

Ich höre mir Musik sehr breit an. Viel Klassisches, weil ich selbst Kontrabass gespielt habe. Gleichzeitig bin ich in den 1980er-Jahren mit der Musik der Dire Straits oder von Sting gross geworden.

«Meine persönlichen Interessen sind mannigfaltig, so ist auch das Bankgeschäft»

Zudem höre ich auch gerne Jazz, von Piano-Jazz bis zu experimentellen Sachen. Ich würde sagen, Sie finden bei mir eine eklektische Playlist.

Sie reflektieren gerne auch über Kunst oder über Schach.

Meine persönlichen Interessen sind mannigfaltig, so ist auch das Bankgeschäft. Natürlich geht es im Kern um Vermögensverwaltung. Doch darum herum bilden sich immer mehr konzentrische Kreise. Heute ist es wichtig, als Unternehmen auch in der Gesellschaft verankert zu sein, um Werte zu schaffen, die über das reine Vermögen hinausgehen.

Sie sind nun seit rund zwei Jahren als CEO von Julius Bär im Amt. Mussten Sie aufgrund der Corona-Pandemie und der Auflagen der Finma mit «angezogener Handbremse» arbeiten?

In gewissen Bereichen ja, aber gesamtheitlich nein. In den vergangenen zwei Jahren entwickelten wir eine unglaubliche Dynamik. Wir haben Anfang 2020 kurz vor dem ersten Lockdown die Beschleunigung unserer Transformations-Agenda beschlossen, und diese dann schnell in die Tat umgesetzt.

«Insofern kann man durchaus von einer angezogenen Handbremse sprechen»

Das hat sich auch in den Resultaten niedergeschlagen. Die Pandemie hat es uns zudem ermöglicht, neue Berührungspunkte mit der Kundschaft zu finden.

Trotzdem entwickelte sich in dieser Zeit die Akquisition von Neugeld eher verhalten.

In einer Zeit, in der man auf einen Schlag «remote» arbeiten muss, ist es schwieriger, Neugeld zu akquirieren. Insofern kann man durchaus von einer angezogenen Handbremse sprechen. Wir haben das dann so gelöst, dass wir mit den bestehenden Kunden mehr Geschäft generierten, also den sogenannten «Share of Wallet» erhöhten.

Apropos «Vergangenheitsbewältigung», was genau haben Sie gemacht, und was haben Sie erreicht?

Diese Bemühungen dauerten bereits vier bis fünf Jahre. Sie begannen also schon vor meiner Zeit als CEO. Mit dem sogenannten Atlas-Programm haben wir die Herkunft unserer Kundinnen und Kunden sowie deren Gelder akribisch überprüft.

«Es wird immer wieder Situationen geben, in denen ein Kunde etwas macht, das er nicht tun sollte»

Darüber hinaus haben wir keinen Stein auf dem anderen gelassen und den Risikobereich der Bank stark ausgebaut. Wir haben neue Prozesse und Systeme eingeführt und die Mitarbeitenden auf allen Stufen neu geschult. All das hat dazu geführt, dass die Finma ihre Auflagen nach zwölf Monaten bereits wieder aufhob.

Sie haben eine neue Risikokultur eingeführt?

Eine Kultur führt man nicht als Kultur per se ein. Sondern eine Kultur ist die Summe aller Dinge, die aus dem Verhalten aller Beteiligten resultiert. Insofern ist Kultur nie abgeschlossen. Die Welt dreht sich weiter, und wir agieren in einem Risikogeschäft. Es wird immer wieder Situationen geben, in denen sich die Regulation ändert oder ein Kunde etwas macht, das er nicht tun sollte. Dann stellt sich die Frage, wie schnell Sie als Unternehmen dies bemerken, und wie Sie damit umgehen.

Gibt es noch Rechtsfälle, die Julius Bär belasten?

Immer weniger. In unserem Jahresbericht sehen Sie transparent, was noch da ist. Ich sehe darin keine Überraschungen mehr. Jeder weitere Abschluss mit der jeweils zuständigen Behörde hilft, eine Pendenz abzuhaken. Die Fälle, die noch existieren, sind hinlänglich bekannt – zum Teil schon Jahrzehnte alt.

«Wir richten unseren Fokus auf 15 Kernmärkte global»

Leider mahlen die Mühlen der Justiz langsam, so dass wir in den nächsten Jahren immer wieder Momente erleben werden, in denen Dinge an die Öffentlichkeit gelangen. Doch der Newsgehalt wird gering sein, und die Ursachen sind in den meisten Fällen adressiert.

Seit der Einigung mit der Finma können Sie auch wieder Übernahmen tätigen. Was haben Sie vor?

Sicher ist: Wir wollen weiter wachsen. Vermögensverwaltung ist ein Wachstumsgeschäft, weltweit entstehen laufend neue Vermögen. Entsprechend ist die Nachfrage nach unseren Dienstleistungen heute so gross wie noch nie. Vor diesem Hintergrund sehe ich die Zukunft unserer Branche sehr optimistisch. Und so ist es nur logisch, dass auch wir uns überlegen, wie wir wachsen können.

Nämlich?

Wir können organisch wachsen, indem wir das Geschäft selber weiter ausbauen; mit neuen Kundenberaterinnen und -berater, die neue Kunden akquirieren. Das wird immer ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie sein. Dazu werden wir in Zukunft noch mehr eigene junge Mitarbeitende ausbilden.

Akquisitionen sind eine weitere Option. Wir richten derzeit unseren Fokus auf 15 Kernmärkte global. Wenn wir die Möglichkeit haben, in einem dieser Märkte eine grössere kritische Masse zu generieren, mit der richtigen Qualität, zum richtigen Preis und mit den richtigen Leuten, dann werden wir das sicherlich tun. Allerdings müssen wir uns auch bewusst sein, dass aktuell kein Käufermarkt besteht. Derzeit will kaum jemand aus der Vermögensverwaltung aussteigen. Aus guten wie aus schlechten Gründen.

Warum?

Es gibt immer noch viele Akteure, die nicht in dieser Branche sein sollten, weil sie nicht die Skaleneffekte erbringen, die sie haben sollten, oder keine ökonomischen Profite generieren. Doch sie profitieren momentan von der Börsenhausse. Insofern dreht sich das Akquisitionskarussell nun langsamer. Ausserdem kommen wir aus einer Pandemie heraus, während derer es ohnehin sehr schwierig gewesen wäre, Integrationen durchzuführen.

Wie sähe ein Übernahmeobjekt von Julius Bär aus?

Es geht um Wachstum im Kerngeschäft. Das braucht die richtigen Kundensegmente, Qualität der Kunden, dokumentarisch und regulatorisch. Ich möchte nicht nochmals einen Atlas-Prozess durchmachen. Dann braucht es die Kompetenz der Kundenberater, die Modernität, letztlich die richtige Kultur, der Fit, und natürlich muss der Preis stimmen.

An wie viele Milliarden von Kundengeldern denken Sie da?

Das Übernahmeobjekt sollte eine relevante Grösse haben. Bei unserem gesamten Kundenvermögen von fast 500 Milliarden Franken machen kleinere Akquisitionen von ein paar Milliarden Franken keinen Sinn.

«Ich betrachte Julius Bär nicht als Übernahmekandidaten, überhaupt nicht»

Julius Bär hat in den vergangenen 15 Jahren drei wirklich transformierende Integrationen vollzogen: erstens die Privatbanken-Gruppe der UBS, dann das ING-Geschäft und schliesslich die internationale Wealth-Management-Sparte von Merrill Lynch. Es waren nicht 15 Übernahmen, also nicht eine pro Jahr, sondern eher eine pro vier bis fünf Jahre. Diese Tatsache sollte man bedenken, wenn man nach vorn blickt.

In der Branche wird regelmässig über ein Zusammengehen mit der Credit Suisse spekuliert. Möchten Sie dazu Klartext reden?

Ich betrachte Julius Bär nicht als Übernahmekandidaten, überhaupt nicht. Wir sind eine grosse und selbständige Kraft am Markt. Die Börse gibt uns Recht, dass unsere Strategie richtig ist. Sprich: Wir haben einen Preis. Ich glaube auch, dass unsere Unabhängigkeit das richtige Geschäftsmodell für uns ist. Das Universalbank-Modell der Grossbanken hat zwar sicherlich seine Berechtigung, aber es ist klar ein anderes als unseres. Unsere heutige Stärke verdanken wir unserer Unabhängigkeit.

In der Schweiz ist die Bank Julius Bär nicht dort, wo sie sein könnte oder sogar sollte. Ist dieser Markt Ihr Sorgenkind?

Ich sehe für Julius Bär hierzulande tatsächlich eine grössere, vor allem breitere Rolle. Ich würde den Schweizer Markt aber nicht als Sorgenkind bezeichnen. Viel von dem Wachstum der vergangenen Jahre ist über die Schweizer Plattform erfolgt, gleichzeitig hat dies dazu geführt, dass der reine Schweizer Fokus verdünnt worden ist. An der Balance zwischen dem Schweizer und dem internationalen Geschäft können wir noch arbeiten.

Wie soll das gehen?

Indem man näher an die Kunden herangeht, zum Beispiel mit 1E-Vorsorgelösungen. Es ist mehr die Frage, wie bringen wir unsere Produkte und Dienstleistungen zum Kunden als haben wir sie überhaupt?

«Vielleicht haben wir eines Tages ein Haus hier in Zürich, das wir rot-weiss bemalen»

Das heisst, mehr Präsenz zeigen. Vielleicht haben wir eines Tages ein Haus hier in Zürich, das wir rot-weiss bemalen, um unser Schweizer Geschäft zu betonen.

In den vergangenen Jahren wechselten die Chefs im Schweizer Geschäft recht häufig.

Das finde ich nicht. Sowohl in der Deutschschweiz als auch in der Romandie hatten wir lange Kontinuität, genauso seinerzeit mit Gian Rossi als Schweiz-Chef. In den vergangenen zwei Jahren haben wir alle europäischen Märkte und die Schweiz in einem breiten Verbund zusammengeführt, um sie zu optimieren. Das konnten wir nur, indem wir eine grössere Region dafür schufen. Nun haben wir diese Optimierungsschritte vollzogen und können an die Umsetzung einer eigenständigen Schweiz-Strategie gehen, die der neue Schweiz-Chef, Gilles Stuck, verfolgen wird.

Julius Bär verfügt in der Schweiz über eine grosse Präsenz im Tessin. Ist dieser Markt noch wichtig?

Lugano ist immer noch ein relevanter Finanzplatz in der Schweiz. Er hat sich sicher gewandelt. Im Verhältnis zwischen der EU und der Schweiz sind Themen wie das Crossborder-Geschäft und der Marktzugang nach Italien zentral, aber relativ schwierig geworden. Vor diesem Hintergrund ist das Geschäft sicherlich statischer geworden, was aber generell für die Finanzbranche im Tessin gilt.

Was haben Sie in Italien vor?

Italien ist ein Markt, der in der Vergangenheit aus der Schweiz heraus bedient wurde. Auch da hat sich ein gewisser Wandel eingestellt. Unser südliches Nachbarland bleibt jedoch ein attraktiver Markt, auch investitionstechnisch.

Warum?

Seit Mario Draghi die Regierungsverantwortung übernommen hat, hat sich die Perzeption Italiens auf der Weltbühne schlagartig verändert, was sich auch investitionstechnisch positiv auswirkt.

«Wir haben weit über Tausend Mitarbeitende in Hongkong und Singapur»

Diese Karte haben wir insbesondere mit italienischen Aktien gespielt, was uns seither gut positioniert, um neue Kundengelder anzuziehen – auch von Investoren, die nicht zwingend Italiener sind.

Von Mailand aus betreiben Sie auch den Asset Manager Kairos. In der Vergangenheit war nicht klar, was daraus werden soll. Wie sieht es jetzt aus?

Julius Bär hat Kairos vor bald zehn Jahren mit der Absicht akquiriert, die Präsenz in Italien auszubauen. Das ist so weit erfüllt worden. In den vergangenen 18 Monaten ging es dann darum, Kairos auf die richtige Basis zu stellen, damit wir auch künftig Erfolg haben.

Was soll Kairos in Zukunft?

Kairos steht im Kern für Asset-Management-Kompetenz. Insofern ist es nicht eine Fortsetzung des Private-Banking-Modells von Julius Bär in Italien, sondern eine eigenständige Geschäftseinheit für italienische Kunden und darüber hinaus.

Asien gilt im Sprachgebrauch von Julius Bär als zweiter Heimmarkt – eine Marketing-Floskel?

Nein, gut ein Viertel unserer Kundengelder stammt aus Asien. Ausserdem haben wir weit über Tausend Mitarbeitende in Hongkong und Singapur. Wir haben grosse Ambitionen, zum Beispiel über unser Joint-Venture mit der Siam Commercial Bank in Thailand, das gutem Wege ist, aber noch mehr Entwicklungszeit braucht. Wir verfügen über eine starke Onshore-Präsenz in Indien. Der asiatische Raum spielt für uns eine ganz wichtige Rolle.

China haben Sie in Ihren Wachstumsplänen überhaupt nicht erwähnt?

Doch, Hongkong! Das war schon immer unser Hub für den chinesischen Markt. Eine Onshore-Präsenz in China haben wir tatsächlich nicht, nur eine Vertretung (Rep Office) in Schanghai.

China ist neben den USA der grösste Private-Banking-Markt der Welt. Wäre eine Julius Bär Privatbank im Reich der Mitte nicht eine prüfenswerte Sache?

Ich sage nie nein, die Frage ist bloss, über welchen Zeithorizont man so etwas erreichen möchte. Man muss sich immer vor Augen halten, dass China ein Markt ist, wo man sehr einfach sehr viel Geld verlieren kann, wie das viele grosse Banken selbst erlebt haben.

«Wir müssen uns laufend fragen, wie stark man zum Beispiel an politisch exponierte Personen herangehen soll»

Da kann man sich schon fragen, wie viele ausländische Ventures es denn heute in China gibt, die wirklich nachhaltig Wert schaffen.

Beunruhigt Sie die politische Entwicklung in Hongkong nicht?

Wir beobachten das sehr genau. Zu Unruhen kommt es sei einigen Jahren immer wieder. In jüngster Zeit ist jedoch etwas Ruhe eingekehrt. Unser Geschäft hat bislang nicht darunter gelitten. Wir sind klar positioniert und schauen genau, mit welchen Kundinnen und Kunden wir arbeiten wollen und mit welchen nicht.

Welche Kunden sind unerwünscht bei Julius Bär?

Wir müssen uns laufend fragen, wie stark man zum Beispiel an politisch exponierte Personen herangehen soll. Da hatten wir bereits in der Vergangenheit sehr bewusste Ansätze, was man macht und was nicht. Das hat sich ausbezahlt, so dass wir ein solides Geschäft haben, um das ich keine Angst habe.

Andere Banken verlagern gewisse Kapazitäten zunehmend nach Singapur. Sie nicht?

Nein, wir haben beide Zentren parallel aufgebaut, so dass wir mit den entsprechenden Ressourcen arbeiten können. Das wird auch so bleiben.

Wie konkret sind Ihre Pläne für einen Markteintritt in den USA?

Die USA sind der wettbewerbsintensivste Vermögensverwaltungs-Markt der Welt. Ein Markt, der auf keinen ausländischen Player gewartet hat. Auch das haben viele ausländische Banken schmerzhaft erfahren müssen. Genauso wie in China muss man da eine grosse Vor- und Umsicht walten lassen. Julius Bär ist auch ohne physische Präsenz in beiden Märkten sehr gut aufgestellt. Und weiteres Entwicklungspotenzial ist vorhanden. Sollten wir einen Schritt in Richtung USA machen, müssten mehrere Voraussetzungen stimmen.

Nämlich?

Wir brauchen das richtige Geschäftsmodell und den richtigen «Entry-Point». Das alles schliesse ich nicht kategorisch aus, aber es ist sicher nicht so, dass wir eine strategische Notwendigkeit haben, in die USA zu expandieren.

«Viele Steine werden in einigen Jahren nicht mehr am gleichen Ort liegen»

Das gibt uns den Luxus, auf den richtigen Moment zu warten – falls er kommt. Sowohl den chinesischen wie auch den amerikanischen Markt muss man aus einer langfristigen Optik heraus betrachten. Man darf nichts erzwingen, sonst ist man auf dem besten Weg, Wert zu vernichten.

Wie wird die Bank Julius Bär in fünf Jahren aussehen?

Der Kunde und die persönliche Beratung werden auch in Zukunft im Mittelpunkt stehen. Doch viele «Steine» werden in einigen Jahren nicht mehr am gleichen Ort liegen. Wenn Sie zehn Jahre zurückblicken, dann hat man damals noch nicht von Robinhood gesprochen oder sich vorstellen können, dass man US-Aktien gratis handeln kann. Unter diesen Prämissen wird durch die weitere «Kommoditisierung» beispielsweise in den Bereichen Custody und Brokerage vieles anders aussehen. Ausserdem werden digitale Vermögensverwerte eine wichtige Rolle spielen.

Wie halten Sie es mit Krypowährungen?

Ich denke nicht, dass Bitcoin und Ether morgen gleich zum neuen Gold werden, aber ich glaube auch nicht, dass sie wieder verschwinden. Wir werden noch eine unglaubliche Entwicklung sehen, aber es bleiben viele Fragen offen.

«Grundsätzlich wird die Konsolidierung überbewertet»

Stichwörter sind Tokenization, DeFi, digitale Zentralbanken-Coins oder die Schnittstelle zwischen Fiat-Geld und digitaler Welt.

Werden in diesem Kontext nicht viele Banken verschwinden, weil sie kaum mehr in der Lage sind, auf diese Herausforderungen einzugehen?

Langfristig schon. Aber grundsätzlich wird die Konsolidierung überbewertet. Man hat schon vor dreissig, vierzig Jahren gesagt, dass die Branche der unabhängigen Vermögensverwalter verschwinden wird. Aber es ist anders gekommen. Auch bei den Banken lohnt es sich nicht, jemanden totzusagen. Aber der Transformationsdruck wird hoch bleiben.

Was sind ihre Werte als CEO?

Ich glaube stark an Teamwork – in der Geschäftsleitung, unter den Mitarbeitenden, aber auch im Verhältnis zur Kundschaft. Co-Creation würde man auf Neudeutsch sagen. Zudem bin ich analytisch und problemlösungs-orientiert.

«Sie haben mir lediglich gesagt: Mach‘ das, wohin Dein Herz Dich hinführt»

Neugier ist ebenfalls ein wichtiger Antrieb – der Mensch und das Herz… Diese Dimension spielt eine wichtige Rolle auch im Umgang mit der Gesellschaft, so dass eine Bank einen positiven «Fussabdruck» hinterlässt.

Was war der beste Ratschlag Ihrer Eltern?

«Mach‘ was Dir Spass macht.» Meine Eltern haben mir nie eine Ausbildung vorgegeben, auch keinen akademischen Weg. Ich durfte meinen eigenen Weg einschlagen. Das war immer ein sehr grosses Privileg. Sie haben mir lediglich gesagt, «Mach‘ das, wohin Dein Herz Dich hinführt».


Philipp Rickenbacher Ist seit September 2019 CEO der Julius-Bär-Gruppe. Zuvor war er seit 2004 in verschiedenen Führungsfunktionen für das Unternehmen tätig; abgesehen von einem Abstecher zum Asset Manager GAM von 2008 bis 2009. Er studierte Biotechnologie an der ETH Zürich und schloss in Naturwissenschaften ab. Seine Berufskarriere startete er 1996 bei der Schweizerischen Bankgesellschaft (heute UBS) und war von 1997 bis 2004 bei der Strategieberatungsfirma McKinsey tätig. Seit 2020 präsidiert er zudem die Vereinigung der Asset-Management- und Vermögensverwaltungsbanken.