Die Spitze der UBS sinniert über einen grünen Kapitalmarkt – doch erneut kommen Fonds der Grossbank bei Nachhaltigkeits-Experten schlecht weg. Greenwashing ist inzwischen mehr als nur ein Schimpfwort.
Geht es nach Axel Weber, ist die Zukunft des europäischen Banking grün. An einem Forum in Österreich forderte der UBS-Präsident, Europa solle eine auf Nachhaltigkeit fokussierte Kapitalmarkt-Union bauen. Damit könnte die Region nicht nur den Vorsprung auf diesem Gebiet nutzen, sondern im Finanzwesen auch einen Gegenpol zur übermächtigen Wall Street stellen, so die Hoffnung des Grossbankers.
Hunderte Milliarden untersucht
Doch noch hat die Branche hierzu einige Hausaufgaben zu machen, wie eine neue Studie der Londoner NGO Influence Map nahelegt. Die in der Szene gut beachtete Organisation schaut der mittlerweile 35’000-Milliarden-Dollar schweren Nachhaltigen Finanz regelmässig auf die Finger; jüngst untersuchte sie 723 Aktienfonds mit insgesamt über 330 Milliarden Dollar Vermögen, die nach Kriterien des Klimaschutzes oder mit Rücksicht auf Umwelt, Gesellschaft und gute Unternehmensführung (ESG) investieren.
Auf einer Skala von minus 100 und 100 Prozent bewertete das NGO, wie nahe die Verwaltung der Fonds den im Pariser Abkommen festgelegten Klimazielen – etwa keine CO2-Emissionen mehr bis ins Jahr 2050 – tatsächlich kommt. Zwei Klima-Fonds aus China erhielten dabei die schlechteste Note von minus 42 Prozent. Der Global Climate Aware Fonds der UBS schnitt mit minus 17 Prozent auf dieser Skale ebenfalls nicht berauschend ab.
Dreckschleudern ausschliessen
Auch US-Finanzriesen wie State Street mit dem Fossil Fuel Reserves Free Fonds (minus 28 Prozent in der Wertung) musste sich eine Diskrepanz zwischen Werbung und Wirkung vorwerfen lassen. Generell gelangten die Studienautoren zum Befund, dass viele der untersuchten Aktienfonds nahe an herkömmlichen Indizes investieren und zusätzlich einige bekannte «Dreckschleudern» ausschliessen. Zur Verteidigung der Fondsmanager hielten sie fest, dass weiterhin detaillierte und verbindliche Anlage-Standards als Richtwerte fehlten.
Die UBS, deren Chef Ralph Hamers das Ziel formuliert hat, Menschen für eine bessere Welt miteinander zu vernetzen, äusserte sich gegenüber der Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) kritisch zur Studie. Diese fokussiere nur auf gewisse Sektoren und unterschätze die positive Wirkung von Index-Strategien mit Blick aufs Klima, erklärte ein Sprecher der Bank.
Es ist indessen nicht das erste Mal, dass Schweizer Fondsanbieter mit ihren Produkten in Kritik geraten; Anfang 2020 sorgte etwa die Firma Share Action mit einem Bericht für einige Aufregung, der hiesige Anbieter als Klassenletzte dastehen liess.
Zum heiklen Zeitpunkt
Für die Finanzbranchen kommen die Befunde von Influence Map dennoch zu einem heiklen Zeitpunkt. Obschon der Report den Vorwurf des «Greenwashing» nicht explizit erhebt, deuten die festgestellten Mängel genau darauf hin: Manche untersuchte Fondsfirmen haben einen nachhaltigen Mehrwert versprochen, denn sie (laut den Autoren) so nicht einlösen. Das ist die Definition des englischen Begriffs, der in den letzten Tagen zu mehr als einem Schimpfwort avanciert ist.
Auch finews.ch berichtete über die Greenwashing-Vorwürfe einer Whistleblowerin gegen die Fondsfirma DWS, eine Tochter der Deutschen Bank. Medienberichten zufolge haben die amerikanischen Börsenaufsicht SEC und die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) deswegen Untersuchungen gegen DWS eingeleitet; Ende letzter Woche sah sich das Fondshaus zu einer medialen Verteidigung veranlasst.
Ausreden gelten nicht
Das zeigt, dass etwaiger Etikettenschwindel bei Nachhaltigen Anlagen künftig durchaus unangenehme Folgen für die Finanzhäuser haben kann. Sich auf fehlende Standards oder die noch in der Entstehung begriffene Thematik zu berufen, wird kaum noch als Ausrede gelten können.
Banken und Vermögensverwalter haben demnach Anlass genug, selber vehement gegen Greenwashing-Praktiken vorzugehen. Vergangenen Juni unternahm in der Schweiz die Vereinigung Swiss Sustainable Finance (SSF) mit den «Empfehlungen zur Berichterstattung über ESG-Transparenz von Portfolios» einen Schritt in diese Richtung. Im Eigeninteresse der Branche sollten bald weiter folgen.