Das Onshore-Geschäft der UBS in Europa war ein Restrukturierungsfall. Christine Novakovic zufolge verdient die Grossbank dort nun deutlich mehr. Mit finews.ch hat die Europachefin ausserdem über harte Massnahmen und schräge Corona-Aktivitäten gesprochen.
Vom Europageschäft der UBS gingen zuletzt ominöse Signale aus. So der Verkauf der Niederlassung in Österreich an die Fürstenbank LGT, dann die hartnäckigen Gerüchte über einen Ausstieg in Spanien. Zu alledem definierte UBS-Konzernchef Ralph Hamers anlässlich seines «Strategie-Update» vom vergangenen April Amerika und Asien als künftige Wachstumsmärkte – und liess Europa unerwähnt.
Selbstbewusstsein kehrt zurück
Derweil vermeldete die Grossbank in der Region Europa, Nahost und Afrika (Emea), wo sie im Private Banking, im Fondsgeschäft und dem Investmentbanking zugange ist, einen Vorsteuergewinn von 500 Millionen Dollar. Nur die Region Americas verdiente im ersten Quartal 2021 weniger.
Dennoch will Christine Novakovic im Gespräch mit finews.ch nichts von einer gedrückten Stimmung in ihrem Verantwortungsbereich wissen. Im Gegenteil. «Die Stimmung ist super, und mit dem neuen Selbstbewusstsein kommt auch der Erfolg zurück», sagt die Chefin für die Onshore- und Offshore-Vermögensverwaltung in Europa. Anfang 2019 hat sie auch die Leitung der Europabank UBS Europe mit Sitz in Frankfurt übernommen – und damit das Oberkommando über die einzelnen Ländergesellschaften.
Deutschland endlich profitabel
Glaubt man «Christl», wie die 56-jährige Südtirolerin intern genannt wird, hat die Schweizer Grossbank in Europa gerade einen guten Lauf. «Die volatilen Märkte helfen uns natürlich, und unser Brand ebenfalls». Die UBS stehe in Europa für Finanzstärke und Stabilität. Diese Attribute ziehen in Krisenzeiten. In vielen Fällen hätten bestehende Kunden die Bank weiterempfohlen, sagt die Europachefin. «Das Neugeld übertraf unsere Erwartungen deutlich.»
Das Resultat: laut Novakovic hat die Europabank 2020 deutlich mehr verdient als in den Jahren zuvor, und jedes einzelne Land leistete dazu seinen Beitrag. Unter dem Strich profitabel ist nicht zuletzt Deutschland, wo die UBS seit Jahren um schwarze Zahlen kämpft. «Dieses Jahr werden wir jenes Resultat noch toppen», stellt die Bankmanagerin in Aussicht.
Trend zeigte nach unten
Die Dynamik ist neu. Seit der Gründung im Jahr 2016 zeigt der Gewinntrend von UBS Europe nach unten; 2019 betreute die Europabank mit über 1’900 Angestellten gerade mal 144 Milliarden Euro und wies einen Bilanzgewinn von 46,7 Millionen Euro aus. Von den damals zwölf europäischen Ländermärkten lieferten weniger als die Hälfte einen Vorsteuergewinn ab. Neuere Geschäftszahlen liegen nicht vor.
«Christls hartes Los» titelten «finews.ch» damals. Doch wie sich zeigt, wusste die Banking-Veteranin, die noch vom einstigen Co-Wealth-Management-Chef Martin Blessing auf ihren jetzigen Posten berufen worden war, hart gegenzusteuern. «Als ich das Business vor drei Jahren übernommen habe, haben wir klare und teilweise auch harte Entscheidungen getroffen und das Geschäft neu aufgestellt», blickt Novakovic zurück. Nun profitiere die Bank in Europa von diesen Massnahmen.
Fokus auf HNWI
Für einiges Aufsehen sorgte ihr Entscheid, ab 2020 das europäische Private Banking neu zu Segmentieren und Affluent-Kunden mit bis zu 2 Millionen Euro Vermögen gesondert zu bedienen. Dies, während der Fokus neu auf den Millionärsvermögen liegt. «Wir verfolgen in der Vermögensverwaltung eine klare Strategie und konzentrieren uns auf die mittleren und grösseren HNW-Kunden zwischen 10 und 30 Millionen Euro», sagt Novakovic. Hinzu kommt das Superreichen-Segment, das die UBS weltweit anzusprechen sucht.
Zuvor hatte sich die UBS in einzelnen europäischen Ländern – nicht zuletzt in Deutschland – stark aufs Affluent-Geschäft konzentriert. Seither hat die Bank dort die Summe der verwalteten Vermögen pro Berater deutlich erhöht und motivierte Junior-Banker in den Einsatz geschickt. Inzwischen sei dieses Segment «hochprofitabel», betont die Europachefin. Ebenfalls wurde ins Marketing inevstiert, um das Angebot vor Ort sichtbarer zu machen.
«Das hat mich sehr bewegt»
Nicht so recht in die Aufbruchsstimmung passt da der letzten Dezember angekündigte Verkauf von UBS Österreich, ein Ländermarkt, der notabene Gewinn abwirft. «Der Verkauf von UBS und Österreich hat mich wirklich sehr bewegt, weil wir dort ein hervorragendes Team haben und profitabel arbeiten», sagt die Novakovic dazu. Dennoch sei nicht davon auszugehen, dass das Österreich-Geschäft aufgrund der Marktgrösse und des Zukunftspotenzials die kritische Grösse erreicht, um bei der UBS als strategischer Markt definiert zu werden.
Während die UBS Asien und Amerika als Wachstumsmärkte vorgemerkt hat, steht der Fokus in Europ auf der Profitabilität. Es gelten dabei interne Vorgaben etwa zum Vorsteuergewinn, den ein Ländermarkt abwerfen sollte – dies auch mit Blick auf die laufende IT-Migration. Die Grossbank hat in der Schweiz eine milliardenteure Buchungsplattform erstellt, auf welche die europäischen Länder Schritt für Schritt migriert werden. Das ist ein aufwändiger und kostspieliger Prozess; bis anhin sind erst Deutschland und Italien auf der neuen Plattform «live».
Zukäufe in Kernmärkte
Auch wenn Novakovic sich hierzu nicht in die Karten schauen lässt, deutet einiges darauf hin, dass der Rückzug aus kleineren Märkten in Europa für die UBS da durchaus eine Option sein kann. Durch solche Verkäufe könnte auch Geld für strategische Zukäufe in Kernmärkten wie Deutschland, Italien oder Grossbritannien eingesammelt werden. Laut Medienberichten zeigte die Schweizer Grossbank vor einigen Monaten Interesse an der deutschen Privatbank Bankhaus Lampe aus dem Portfolio der Oetker Familie – zum Handschlag ist es dann nicht gekommen.
Bestätigen will Novakovic die Episode nicht, genau so wenig Verkaufsabsichten der spanischen Niederlassung.
1 Million Schritte
Dass es in Europa aber vor allem darum geht, an den Kennzahlen zu feilen, schreckt die Marktchefin nicht ab. «Die schrittweise Steigerung der Profitabilität und das Ausfeilen des Geschäftsmodells empfinde ich als intellektuell sehr spannend», versichert sie. Was Novakovic hingegen umtreibt, ist die Sorge ums Zusammengehörigkeits-Gefühl bei UBS Europe – wegen der Coronakrise stehen etwa die Büros in London seit dem März 2020 leer. «Mit dem forcierten Home-Office droht die Firmenkultur, der Stolz auf unseren Brand, an Kontur zu verlieren», fürchtet die Europa-Chefin.
Um den Austausch aufrecht zu erhalten, testet die Europabank neue, zuweilen auch schräge Formate. Virtuelle Escape Rooms und Kochkurse etwa, oder sportliche Wettbewerbe wie die «1-Million-Step-Challenge». Dort habe ihr Team den fünften Platz geholt, wie die Bankerin mit sichtlichem Stolz berichtet.
Ein Drittel im Home-Office
Nichts überstürzen wollen die Ländergesellschaften hingegen bei der Rückkehr ins Büro. Sie halten sich dabei an die Konzern-Vorgaben sowie den europaweit zuweilen sehr unterschiedlichen Vorschriften. Aber auch wenn sich die Arbeitsbedingungen dereinst normalisiert haben, werden die europäischen Teams der Schweizer Grossbank anders arbeiten als zuvor: Wie in der Schweiz ist auch in Europa angedacht, dass bis zu einem Drittel der Belegschaft jeweils ausserhalb des Büros tätig sein wird.
Als Europachefin muss Novakovic da Vorsicht und Zurückhaltung predigen – obschon sie insgeheim einem Wiedersehen entgegensehnt. «Klar, ich vermisse die persönlichen Begegnungen mit meinen Mädels und Jungs.»