Zwei Schweizer Kryptobanken besitzen bereit eine Lizenz. Nun ist auch ein Bankprojekt mit klassischem Fokus auf reiche Kunden weit fortgeschritten, wie Recherchen von finews.ch ergaben.
In Zürcher Finanzkreisen macht ein zweiseitiges Infoblatt die Runde, dessen Inhalt Gutes verheisst: Der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) liegt ein Gesuch für eine Lizenz einer Bank namens Tallyon vor, wie dieses Schreiben zeigt, das finews.ch vorliegt.
Damit sind derzeit mindestens zwei Firmen in ein solches Aufnahmeprozedere involviert, nachdem die Finma den «Krypto-Banken» Seba Crypto und Sygnum bereits im vergangenen August grünes Licht gegeben hatte. Nun handelt es sich um Bitcoin Suisse sowie um die Firma FCHB, die das Private-Banking-Projekt Tallyon vorantreibt.
Kürzel für First Swiss Bank
Tallyon ist bislang lediglich eine eingetragene Marke, unter der die Bank dereinst firmieren will. FCHB – ursprünglich das Kürzel für First Swiss (CH) Bank – steht unter der Leitung von David Bisang (Bild unten), einem Banker und Unternehmer. Er präsidiert den Verwaltungsrat. In dem Gremium sitzt ausserdem Peter Marti, ein Veteran der Credit Suisse.
Laut einer Quelle soll Alain Kunz die operative Führung der Bank übernehmen. Gesichert ist, dass der Gründer und Chef des Krypto-Startups Tokensuisse, das Asset-Management-Lösungen für digitale Währungen entwickelt, Teil des Tallyon-Projektteams ist, wie weitere Recherchen ergaben.
Tokensuisse ist bereits die dritte Firma, die der HSG-Absolvent Kunz gegründet hat. Der ehemalige Leonteq-Mitarbeiter war auch bei der Gründung der Firma Polarlab dabei, die im Bereich Reporting und Management von Strukturierten Produkten und Derivaten operiert.
Zuvor bei Julius Bär, Credit Suisse und Deutsche Bank
Im Infoblatt zu Tallyon heisst es zwar, ICOs und die damit verbundene Spekulation seien nicht der Daseinszweck des Unternehmens. Trotzdem weist die Beteiligung von Kunz darauf hin, dass sich die Bank nicht vor dem Kontakt mit entsprechenden Technologien scheut.
Kunz ist mit FCHB-Präsident Bisang über Heymate verbunden, wo er als Strategic Advisor aufgelistet ist. Heymate ist eine auf der Blockchain basierenden Plattform für Kleinunternehmer. Vor Heymate war Bisang zehn Jahre mit seinem Unternehmen BBK Capital Partners tätig, einer Finanzboutique in Pfäffikon SZ. Davor arbeitete er bei der Deutschen Bank, Julius Bär und bei einem Family Office.
Schweizer Banken schrecken zurück
In einer Grafik auf dem Infoblatt legt die künftige Bank dar, dass sie tech-affin wie ein Fintech sei und gleichzeitig anspruchsvolle Privatkunden ansprechen wolle. «Unser Fokus liegt auf der Profitabilität von hochmargigen Geschäften, vor denen die meisten Schweizer Banken zurückschrecken», heisst es da.
Die Vision für 2020 lautet, unbelastet durch bereits bestehende Systeme und Denkmuster eine Privatbank aufzubauen. Damit hat Tallyon möglicherweise einen Vorteil auf dem Finanzplatz, wo viele Privatbanken Mühe bekunden, angesichts schwindender Margen ihre Kosten zu kontrollieren.
Enge Kontakte nach Asien
Der Einsitz Martis im Verwaltungsrat der FCHB legt zudem den Schluss nahe, dass Tallyon nach der Erteilung einer Lizenz auch enge Kontakte nach Asien pflegen könnte. Der heutige Unternehmensberater war dort für die Credit Suisse für das Geschäft mit anderen Finanzinstituten zuständig.
Während Bisang erst im Frühling dieses Jahres im Handelsregistereintrag der Firma auftaucht, war Marti dem Unternehmen FCHB schon seit Ende 2017 verbunden.
Auch angesichts dessen, dass der Präsident erst im Mai offiziell zum Unternehmen gestossen ist, lässt sich nicht abschätzen, wann und ob die Finma das Gesuch bewilligen wird. Das haben auch die Gründer der im August bewilligten Seba Crypto lernen müssen, wie finews.ch bereits früher berichtete.